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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal
Autoren: Hans Baumann
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sah ich Männer entsetzt auf einen da draußen deuten, ich hörte sie schreien: Da ist er, der neue Barkas! Und ich sah einen Mann in rotem Mantel, der draußen umherging, als könne ihm nichts geschehen. Einmal kam er bis auf dreißig Schritte heran, sein Mantel war so rot, wie eine Flamme es nur bei völliger Finsternis sein kann. Er feuerte seine Söldner an, unbekümmert um Speere und Pfeile. Auf einmal griff er an seine Hüfte; die Flamme taumelte und brach zusammen, wie von einem heftigen Windstoß getroffen, drei oder vier Karthager sprangen herbei und trugen den Mann im roten Mantel davon. Auf den Mauern erhob sich Geheul: Es ist aus mit ihm! Mit dem Sohn des Molochs!   – Und ein Haufen der Unsern, vom allgemeinen Taumel erfasst, brach aus dem Südtor und wütete in den verwirrten Reihen der Feinde, bis afrikanische Reiter über sie kamen und sie niedermachten. Nach einer Woche war der Mann im roten Mantel wieder da draußen. Es war nicht aus mit ihm. Er ließ einen Turm aus Holz, der die steinernen Türme der Stadt überragte, auf Walzen gegen die Mauer rollen. Der Turm trug ein Dach, das weit vorsprang. Unter ihm hingen vier Baumstämme an starken Ketten. Mit schweren Eisenplatten schlugen sie gegen die Mauer und trafen sie an vier Stellen übereinanderzu gleicher Zeit. Die Mauer ächzte, dann brüllte sie und brach nieder. Das Turmungeheuer drehte sich langsam und rollte hundert Schritte weiter. Ohnmächtig mussten die Verteidiger ansehen, wie eine Bresche gebrochen wurde. Und dann ging der Turm aus Holz gegen einen steinernen Turm vor und warf ihn um. Die Karthager traten zum Sturm an. Doch sie trafen auf Mauern, die von brennenden Speeren starrten und, statt zu weichen, sich auf die Angreifer warfen. Da räumten die Punier das Feld. Viele blieben bei der Flucht liegen. Aber die Breschen in der Mauer wuchsen nicht von selbst wieder zu. Die Stadt hatte tödliche Blößen. Sie war in einer Zange, die immer schärfer zugriff.
    Da lief ein Mann aus Sagunt zu den Karthagern über und erbot sich, mit den Bedingungen, die Hannibal stellte, in die Stadt zurückzukehren. Die Bedingungen waren hart: Mann, Weib und Kind sollten Sagunt verlassen, jeder mit einem Kleidungsstück. Alles Übrige sollte dem Sieger verfallen. Die Saguntiner sollten sich eine neue Stadt bauen   – drei Stunden vom Meer.
    Der Unterhändler kehrte in die Stadt zurück. Eine große Menschenmenge umringte ihn und hörte ihn an. Aber sobald er das letzte Wort gesagt hatte, machte sich die angestaute Erbitterung Luft. Der Mann wurde wie die Ratsherren, die für die Karthager gesprochen hatten, von der Mauer gestürzt. Die Reichen, über das Ansinnen außer sich, schleppten ihr Gold und Silber herbei und warfen es in den Schacht, damit die Schätze nicht in die Hände der Punier fallen sollten. Truhen und Schränke undTische wurden verbrannt. Einige der Angesehensten sprangen ins Feuer. Dann lief alles zu den Mauern, um dort zu sein, ehe die Karthager von neuem angriffen. Die Furcht vor Armut und Schmach ließ uns den Tod begehrenswerter erscheinen als das nackte Leben. Auch wir Halbwüchsigen hielten Waffen umklammert und hielten uns daran fest wie an Stangen, mit denen Wege an Abgründen abgeschirmt sind. Unsere Hände ließen sich täuschen, auch unsere Blicke. Die grauen Kolosse, die nun von ferne gegen die Mauern ankamen, erschienen uns als spukende Felsen, auf denen Flämmchen ihr Unwesen trieben. Gespenstisch kamen sie näher. Schließlich erkannten wir in ihnen Kriegselefanten mit roten Federbüschen auf den Schädeln. Die Treiber steckten hinter dem schrecklichen Rot. Der Anblick der Elefanten, die Panzer und Decken trugen, ließ uns erstarren.
    Dann war draußen plötzlich der Mann im brennenden Mantel. Er rief den Karthagern etwas zu, das sie in Geheul ausbrechen ließ, wie es aus Tieren kommt. Da wussten wir, dass er ihnen die Stadt als Beute versprochen hatte.
    Viele der Unsern ergriffen die Flucht. Ich stand, unfähig mich zu bewegen, und sah, wie gepanzerte Afrikaner mit Brecheisen und schweren Hämmern die Mauer zu lockern begannen. Die Steine gaben nach. Sie waren ohne Mörtel aufeinander geschichtet und lediglich mit Lehm überkrustet. Dicht neben der Stelle, an der ich stand, barst die Mauer und brach zusammen. Eine Wolke schoss auf. Als sie sich verzogen hatte, sah ich, dass die Elefanten gegen dieBresche getrieben wurden. Sie hatten die Rüssel erhoben und brüllten. Mir fiel der Spieß aus den Händen.
    Ich sprang von
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