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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
Autoren: Lucy Christopher
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Augen rausgucken und behielt dich fest im Blick. Der Rest von mir war steif, wie eingefroren. Du standst nur da und schienst darauf zu warten, dass ich etwas sage, dir Fragen stelle. Und als von mir keine Fragen kamen, gabst du mir trotzdem Antworten.
    »Ich hab dich hierhergebracht«, sagtest du. »Dass dir schlecht ist, kommt von den Betäubungsmitteln. Du wirst dich wohl noch eine Weile lang komisch fühlen … einen flachen Atem haben, Schwindelgefühle kriegen und so, dazu die Übelkeit und vielleicht auch Halluzinationen …«
    Während du sprachst, geriet dein Gesicht ins Trudeln. Ich schloss die Augen. Winzige Sterne tanzten hinter meinen Augenlidern, eine ganze Galaxie winziger wirbelnder Sterne. Ich hörte, wie du immer näher kamst. Ich versuchte zu sprechen.
    »Warum?«, flüsterte ich.
    »Ich musste es tun.«
    Das Bett knarrte und mein Körper hob sich ein bisschen, als du dich auf der Matratze niederließest. Ich wich zurück. Ich wollte meine Beine vom Boden abdrücken, aber sie funktionierten immer noch nicht. Die ganze Welt um mich herum drehte sich. Ich hatte das Gefühl, herunterzurutschen. Als ich den Kopf von dir abwandte, rechnete ich damit, dass mir sofort wieder der Mageninhalt in den Hals steigen würde. Aber das war nicht der Fall. Ich schlang die Arme um meine Beine. Meine Brust war so eng, dass ich nicht mal weinen konnte.
    »Wo bin ich?«
    Du hast mir nicht gleich eine Antwort gegeben. Ich hörte, wie du Luft holtest, dann kam ein Seufzen. Deine Kleidung raschelte leise, als du dich bewegtest. Da fiel mir auf, dass ich sonst keine Geräusche hörte.
    »Du bist hier«, sagtest du. »In Sicherheit.«
     
     
    Keine Ahnung, wie lange ich danach noch geschlafen habe. Diese ganze erste Zeit ist total verschwommen, wie ein verdrehter Albtraum. Ich glaube, du hast mir irgendwann was zum Essen gebracht und dafür gesorgt, dass ich was trinke. Gewaschen hast du mich nicht. Das weiß ich, weil ich gestunken habe, als ich wieder aufwachte. Ich war total verschwitzt und das T-Shirt klebte an meinem Körper. Außerdem musste ich pinkeln.
    Ich lag da und lauschte. Meine Ohren mühten sich ab, irgendwas zu hören, egal was. Aber es war still. Sonderbar still. Da war nicht mal das Schlurfen deiner Schritte oder das leise Rascheln deiner Kleidung. Kein Geräusch, das mit Menschen zu tun hatte. Kein Verkehrslärm. Kein Autobahnrauschen in der Ferne. Keine ratternden Züge. Nichts. Da war nur dieses Zimmer. Und die Hitze.
    Ich checkte meinen Körper, hob vorsichtig erst ein Bein, dann das andere, wackelte mit den Zehen. Meine Glieder waren jetzt nicht mehr ganz so schwer und ich war wacher als vorher. So leise, wie ich nur konnte, richtete ich mich auf und sah mich im Zimmer um. Du warst nicht da. Ich war allein. Ich, das Doppelbett, in dem ich lag, eine Kommode und der Stuhl, über dessen Lehne meine Jeans hing. Alles hier war aus Holz gebaut und sehr schlicht. Es gab keine Bilder an den Wänden. Links von mir war ein Fenster, vor dem ein dünner Vorhang hing. Draußen war es hell, es musste also Tag sein. Und es war heiß. Gegenüber von mir sah ich eine verschlossene Tür.
    Ich wartete eine Weile und lauschte nach dir. Dann robbte ich zum Bettrand. In meinem Kopf drehte sich alles und ich fühlte mich, als würde ich gleich umkippen, aber ich schaffte es. Ich krallte mich am Rand der Matratze fest und zwang mich, tief durchzuatmen, statt die Luft anzuhalten wie bisher. Vorsichtig setzte ich erst einen Fuß auf den Boden, dann den andern. Schließlich stellte ich mich hin, wobei ich mich am Nachttisch festhalten musste. Alles drehte sich, aber ich blieb stehen und lauschte mit geschlossenen Augen weiter. Es war immer noch nichts zu hören.
    Ich nahm mir die Jeans und setzte mich zurück aufs Bett, um sie anzuziehen. Sie kam mir eng und schwer vor und sie klebte mir an den Beinen. Der Hosenknopf drückte mir auf die Blase, was das Pinkelnmüssen noch dringender machte. Ich mühte mich nicht mit den Stiefeln ab; barfuß war ich leiser. Ich machte einen Schritt auf die Tür zu. Der Fußboden war aus Holz wie alles hier. Er fühlte sich kühl an und in den Ritzen zwischen den Brettern war nichts als Dunkelheit. Meine Beine waren total steif, fast als wären sie auch aus Holz. Trotzdem schaffte ich es bis zur Tür und drückte die Klinke herunter.
    Auf der anderen Seite war es dunkler. Nachdem sich meine Augen an das schlechte Licht gewöhnt hatten, sah ich einen langen Gang – auch er komplett aus Holz.
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