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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
Autoren: Lucy Christopher
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dass du es tatst. Ich nahm die Scherbe in die linke Hand und streckte das rechte Handgelenk vor mir aus.
    Aber da bist du hereingestürmt. Schnell. Die Tür schwang auf und fast im gleichen Moment hast du mir die Scherbe weggerissen und mich in die Arme genommen, mich mit deiner Kraft eingehüllt. Ich haute dir eins aufs Auge, mit voller Wucht. Und du zerrtest mich in die Dusche.
    Du drehtest den Hahn auf. Das Wasser war braun verfärbt und spritzte in Schüben aus den ächzenden Rohren. Schwarzer Dreck schwamm darin. Ich presste mich in die hinterste Ecke. Das Blut von meinem Handgelenk mischte sich mit dem Wasser und wirbelte davon. Es gefiel mir, dass da Wasser war zwischen dir und mir. Das Wasser kam mir wie mein Verbündeter vor.
    Du holtest ein Handtuch aus einer Kiste neben der Tür und hieltst es unter das Wasser, bis es fast ganz durchnässt war. Dann drehtest du den Hahn wieder ab und kamst auf mich zu. Ich drückte mich gegen die gesprungenen Kacheln und brüllte, schrie und kreischte, dass du mich in Ruhe lassen solltest. Aber du kamst immer näher. Du knietest dich ins Wasser und presstest das Handtuch auf den Schnitt an meinem Handgelenk. Mit einer schnellen Bewegung versuchte ich dir auszuweichen und knallte mit dem Kopf irgendwo dagegen.
    Dann war alles weg.
     
     
    Als ich zu mir kam, lag ich wieder in dem Doppelbett, mit einem kühlen, feuchten Verband ums Handgelenk. Die Jeans hatte ich nicht mehr an. Meine Füße waren mit einem harten, kratzigen Seil an den Bettpfosten festgebunden, auch sie waren verbunden. Ich bewegte mich, um zu testen, wie eng die Fesseln saßen, und stöhnte auf, als mir der Schmerz die Beine hochschoss.
    Da sah ich dich neben dem Fenster stehen. Die Vorhänge waren ein Stück zurückgezogen und du starrtest nach draußen. Deine Stirn lag in Falten und du hattest ein blaues Auge. Das musste mein Werk sein. Im Sonnenlicht wirkte deine Haut heller und du sahst in diesem Moment nicht wie ein Entführer aus. Sondern einfach nur müde. Mein Herz hämmerte, aber ich zwang mich, dich genau zu betrachten. Warum hattest du mich hierhergebracht? Was wolltest du? Wenn du vorhattest, mir etwas anzutun, hättest du das doch bestimmt schon längst gemacht, oder? Außer du wolltest mich zappeln lassen.
    Da drehtest du dich um und bemerktest meinen Blick. »Mach das nie wieder«, sagtest du.
    Ich blinzelte.
    »Du tust dir am Ende noch richtig weh.«
    »Wär das denn schlimm?« Meine Stimme war nur ein Flüstern.
    »Natürlich.«
    Du schautest mich aufmerksam an. Ich musste den Blick abwenden. Deine Augen. Sie waren zu blau. Zu intensiv. Ich hasste es, dass sie aussahen, als wärst du um mich besorgt. Ich ließ mich zurücksinken und betrachtete die Decke, die aus Wellblech bestand.
    »Wo bin ich?«, fragte ich.
    Ich dachte an den Flughafen. An meine Eltern. Ich fragte mich, wo der Rest der Welt geblieben war. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie du in Zeitlupe den Kopf schütteltest.
    »Nicht in Bangkok«, sagtest du. »Und auch nicht in Vietnam.«
    »Wo dann?«
    »Das kriegst du schon irgendwann selbst raus.«
    Du legtest deinen Kopf in die Hände und strichst mit den Fingerspitzen sanft über die verletzten Stellen an deinem Auge. Deine Nägel waren kurz geschnitten und verdreckt. Wieder versuchte ich, meine Füße frei zu bekommen. Die Fußgelenke waren feucht vom Schweiß, aber sie glitten trotzdem nicht durch die Fesseln.
    »Willst du was trinken?«, fragtest du. »Oder essen?«
    Ich schüttelte den Kopf und spürte, wie mir Tränen über die Wangen liefen. »Was wird passieren?«, flüsterte ich.
    Du hast den Kopf gehoben und die Hände sinken lassen. Deine Augen blitzten mich einen Moment lang an, aber jetzt wirkten sie nicht eisig. Sie schienen eher getaut zu sein. Sie sahen feucht aus. Eine Sekunde lang fragte ich mich, ob du vielleicht geweint hattest. Als dir mein forschender Blick auffiel, drehtest du dich weg und gingst aus dem Zimmer. Ein paar Minuten später kamst du mit einem Glas Wasser zurück. Du hast dich neben dem Bett niedergelassen und es mir gereicht.
    »Ich werde dir nichts tun«, sagtest du.
     
     
    Ich blieb im Bett. Der Kissenbezug wurde dünn von meinen Tränen, die Laken waren getränkt von meinem Schweiß. Alles stank. Ich versuchte mich möglichst wenig zu bewegen. Irgendwann kamst du rein, um den Verband an meinen Füßen zu wechseln. Ich war inzwischen total schlaff, wie geschmolzen, was auch zu meiner Körpertemperatur passte.
    Später hast du mir erzählt,
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