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Ich Will Ihren Mann

Ich Will Ihren Mann

Titel: Ich Will Ihren Mann
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außereheliche Beziehungen, inklusive ihrer eigenen, in die Waagschale geworfen wurden.
    Laurie sah sie durchdringend an, und in ihren Augen stand eine derart kalte Verachtung zu lesen, daß Lilian so etwas wie widerstrebende Bewunderung für die Ausdrucksfähigkeit des mageren Mädchens empfand. Denn mit diesem einen Blick gab Laurie ihr zu verstehen, daß sie - nach inzwischen sechs Jahren - nicht nur immer noch als Ehebrecherin betrachtet wurde, als Eindringling und Außenseiter, als vorübergehendes Ärgernis, das sicherlich beseitigt würde, sobald ihr Vater wieder zur Vernunft kam, daß sie also kurz gesagt nur eine lächerliche Figur sei; nein, dieser Blick schimpfte sie darüber hinaus auch verrückt, blöd und lahmarschig, nebst all den anderen markigen Adjektiven, die dem Jargon der Vierzehnjährigen seine faszinierende Würze gaben.
    Ich hab' die Ehe deiner Eltern nicht kaputtgemacht, versuchten Lilians Augen dem Mädchen zu antworten. Da fiel ihr Elizabeth Taylors origineller Kommentar ein, als Eddie Fisher Debbie Reynolds mit Windelwaschen und Zöpfe flechten allein ließ: »Eine glückliche Ehe kann kein Dritter kaputtmachen.« Laurie wich Lilians Blick aus. Wunderbar, dachte diese verbittert, wer kann von einer Vierzehnjährigen erwarten, daß sie einem das abnimmt? Ob Debbie Reynolds es der Taylor abgenommen hat? Jason tauchte auf, rempelte sie aus Versehen in die Seite und trat mit dem Absatz auf ihre bloßen Zehen. »Oh«, stammelte er, als er Lilian erkannte. »Ver... Verzeihung. Hab'... hab' ich dich getreten?«
    »Macht nichts«, antwortete sie und versuchte unauffällig, ihren Fuß von Erde und Gras zu säubern. »Ich hab' ja noch 'nen zweiten.« Jason war den Tränen nahe.
    »Tut mir leid, ist 'n alter Witz«, fuhr sie fort und zwang sich zum Lachen. »Na, amüsierst du dich gut?« Warum zum Teufel fragte sie das? Jeder Idiot konnte ihm die Antwort vom Gesicht ablesen.
    »Es geht«, sagte er langsam, um nicht zu stottern. Elaine, Davids Exfrau, ließ keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, daß Jason erst zu stottern angefangen hatte, nachdem sein Vater ausgezogen war, und so diente Jasons Sprachfehler zur ständigen Mahnung daran, daß David alsVater ein Versager sei. Der Junge hatte sich seit kurzem angewöhnt, langsam zu sprechen, um sein Stottern zu kontrollieren. Wenn man nur Davids Schuldgefühle auch so leicht in den Griff kriegen könnte, dachte Lilian und beobachtete prüfend das Gesicht des Jungen, der ihr immer viel älter vorkam, als er war. Im Geist hörte sie die Stimme seiner Mutter: Denk dran, Jason, du bist jetzt der Mann im Haus.
    Für einen Augenblick verspürte Lilian den unwiderstehlichen Drang, den Jungen in die Arme zu nehmen, aber Jasons Augen wurden plötzlich hart, und sie fühlte sich zurückgestoßen, als er sich abwandte und mit seinem schlurfenden Gang demonstrierte, wie sehr er sich langweilte. Vielleicht suchte er seinen Vater, um ihn dazu zu überreden, vorzeitig nach Hause zu gehen. Wo war David?
    Als Lilian ihn endlich entdeckte, lehnte er unter einer ausladenden Trauerweide. Welch passende Kulisse für eine dramatische Szene, dachte Lilian. Doch dann sah sie, daß er in eine selbst auf die Entfernung sehr ernsthaft wirkende und also vermutlich langwierige Debatte mit einem seiner Partner verwickelt war, in eine Debatte, die zu unterbrechen niemand wagen würde. Sie spürte, wie ihr Körper sich ein wenig entspannte und der Säurespiegel ihres Magens, der zwar nie sonderlich niedrig war, sich immerhin wieder normalisierte.
    Es tat ihr gut, David bloß anzuschauen. Ihre Bekannten wurden nie müde zu versichern, David sehe aus wie Robert Redford, mit seinem weizenblonden, nachlässig in die Stirn fallenden Haar und den mutwillig blitzenden, grünen Augen, aber Lilian fand den Vergleich ein bißchen weit hergeholt. Für sie stand jedoch unumstößlich und ohne jeden Zweifel fest, daß er unwahrscheinlich gut aussah, und wenn ihm die besondere Ausstrahlungskraft, jenes undefinierbare gewisse Etwas fehlte, das einen Filmdarsteller zum Leinwandidol machte - wen kümmerte das? Wahrscheinlich kann Robert Redford 'ne erstklassige Nutte nicht von 'ner Niete unterscheiden. David hat einen Riecher für so was. Aber ist das nicht gerade das Gefährliche? fragte sie sich, als ihr unwillkürlich Nicole Clark einfiel. Wenn man es objektiv betrachtete, paßten sie zweifellos besser zusammen, ihr Mann und diese andere Frau. Sie ergänzten einander gut, waren sie doch beide
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