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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte
Autoren: Lisa J. Smith
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Jenny sah sich um. Sie waren immer noch hinter ihr her, zwar auf der anderen Straßenseite, aber eindeutig hinter ihr her. Sie passten sich Jennys Tempo an; wenn sie langsamer wurde, um so zu tun, als sehe sie in ein Schaufenster, wurden sie ebenfalls langsamer.
    Es waren zwei, einer mit schwarzem T-Shirt, Lederweste und einem schwarzen Bandana um den Kopf, der andere in einem langen, offenen Flanellhemd, das blauschwarz kariert war. Und ungewaschen. Die beiden Typen sahen nach Ärger aus.
    Bis zu dem Spieleladen waren es noch einige Häuserblocks. Jenny ging ein wenig schneller. Dass die Gegend hier nicht die beste war, hatte sie natürlich schon vorher gewusst – genau deshalb wollte sie ja auch in diesen Laden gehen, damit keiner ihrer Freunde sie dabei ertappte. Was sie jedoch nicht gewusst hatte, war, dass es in der Eastman Avenue derart rau zuging. Nach den letzten Aufständen hatte die Polizei für Ordnung gesorgt, aber an vielen der Läden, in denen die Vandalen gewütet hatten, waren die Fenster immer noch mit Brettern zugenagelt. Jenny wurde immer mulmiger zumute. Die verbarrikadierten Schaufenster sahen wie verbundene Augen aus, die sie anstarrten.

    Nicht gerade ein Ort, an dem sie sein wollte, wenn die Abenddämmerung hereinbrach – aber noch war es nicht so weit, sagte Jenny sich entschlossen. Wenn nur diese beiden Typen endlich in eine andere Straße abbiegen würden. Ihr Herz schlug so heftig, dass es fast schon wehtat. Vielleicht waren sie bereits abgebogen …
    Sie wurde noch langsamer und bewegte sich in ihren Sneakers völlig geräuschlos über den schmutzigen Gehweg. Links hinter sich hörte sie das flache, klatschende Geräusch von Joggingschuhen und das Klacken von Stiefelabsätzen. Die Schritte wurden ebenfalls langsamer.
    Sie waren immer noch da.
    Schau dich nicht um, sagte sie sich. Denk nach. Der Laden liegt in der Joshua Street – das bedeutet, dass du nach links abbiegen und auf die Straßenseite wechseln musst, auf der die beiden sind. Keine gute Idee, Jenny. Während du über die Straße gehst, können sie dich einholen.
    Also schön, dann würde sie eben die nächste Straße nach rechts nehmen – wie hieß die noch gleich? Montevideo. Sie würde in die Montevideo einbiegen und sich dort einen Laden suchen, in den sie hineinschlüpfen und sich verstecken konnte, bis die beiden Jungen vorbeigegangen waren.
    Tower Records an der Ecke Eastman/Montevideo hatten ihr Geschäft aufgegeben. Mit geradem Rücken, als sei sie vollkommen ruhig, ging Jenny an den verdunkelten Fenstern vorbei. In einem davon erhaschte sie einen Blick auf sich selbst: ein schlankes Mädchen mit honigblondem
Haar; Michael hatte einmal gesagt hatte, es schimmere wie Honig im Sonnenlicht. Gerade Augenbrauen, wie zwei entschlossene Pinselstriche, und grünen Augen, so dunkel wie Kiefernnadeln, die jetzt noch ernster als gewöhnlich dreinblickten.
    Sie bog nach rechts ab. Sobald sie um die Ecke war, blieb sie stehen und verharrte reglos wie ein Reh – der Rucksack baumelte in ihrer Hand –, während sie auf der Montevideo Street verzweifelt nach einer Zuflucht suchte.
    Direkt gegenüber lagen ein leerer Parkplatz und daneben ein geschlossenes Thai-Restaurant. Der Gebäudeklotz, in dem sich der Secondhand-Plattenladen befand, zeigte die Straße hinunter bis zum Park nichts als eine undurchdringliche Mauer ohne Fenster oder Türen. Keine Deckung. Nichts, wo sie sich verstecken konnte.
    Jenny spürte, wie sich ihre feinen Nackenhärchen aufstellten und ihre Fingerspitzen zu kribbeln begannen.
    Sie wandte sich wieder zur Eastman um, drückte sich dicht an die Mauer und warf das Haar zurück, um zu lauschen.
    Waren das Schritte oder nur das dumpfe Hämmern ihres Herzens?
    Sie wünschte, Tom wäre bei ihr.
    Aber genau das war schließlich der ganze Sinn der Übung. Tom konnte nicht bei ihr sein, da es seine Party war, für die sie einkaufte.
    Eigentlich hätte es eine Poolparty werden sollen. Jenny Thornton war bekannt für ihre Poolpartys und hier im südlichen
Kalifornien war Ende April durchaus der richtige Zeitpunkt dafür. Nachts hatte es bereits oft über zwanzig Grad, im Garten der Thorntons leuchtete der Pool wie ein riesiges blaugrünes Juwel und von seiner Oberfläche stiegen kleine Dampfschwaden auf. Perfekt für eine Grillparty im Freien.
    Doch dann war vor drei Tagen eine Kältewelle hereingebrochen und hatte Jennys Pläne ruiniert. Bei diesem Wetter gingen nur noch Eisbären schwimmen.
    Eigentlich
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