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Ich Will Ihren Mann

Ich Will Ihren Mann

Titel: Ich Will Ihren Mann
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übereinandergeblendet, flossen ineinander, bis sie alle mit einer einzigen Stimme zu sprechen schienen. Ja, es war, als seien sie alle ein und dieselbe Person. Was heißt das schon, wenn er gut im Bett ist? fragte die Stimme. Das sind viele andere auch. Ein Paar behauptet, sie führten die ideale Ehe, aber kein Mensch mit klarem Verstand möchte mit ihnen tauschen. Bestimmte Dinge im Leben muß man einfach akzeptieren. Sarah Welles ist in ihrem Waschbecken ertrunken. Das Leben ist zu kurz. Die Gesichter waren so stark vergrößert, daß sie die ganze Leinwand ausfüllten. Sie reagierten mit wechselndem Mienenspiel auf jede neue Bemerkung. Schock wurde mühelos zu Vergnügen, das sich ebenso leicht in Besorgnis wandelte. Die Gesichter trennten sich und stritten miteinander, flossen wieder zusammen und stimmten überein. Plötzlich näherte sich schemenhaft die Gestalt eines Mannes, wurde deutlicher und wuchs, bis sie die Gesichter auf der Leinwand fast völlig überschattete. Du möchtest wissen, warum ich ihn nicht verlassen habe, ertönte der Chor der Frauen wieder, während Lilians Augen von der neuen Erscheinung magisch angezogen wurden. Du darfst nicht vergessen, daß ich lange Zeit glaubte, es sei alles meine Schuld. (Lilian vernahm ihre eigene Stimme im Chor der anderen. Es tut mir leid, David, flehte sie.) Ich redete mir ein, es läge an mir. (Ich hab's nicht so gemeint, David. Bitte, verzeih mir.) Erst verliert man seinen Stolz, dann seinen Realitätssinn. (Es tut mir so leid, David. Bitte sei mir nicht böse.) Dann dauert es nicht mehr lange, und auch deine Seele stirbt. Er hat meine Seele getötet. (Lilian sah, wie die Fetzen ihrer Seele, welken Blättern gleich, über Davids Kopf schwebten.) Was gibt es da zu verzeihen? fragten die Stimmen zornig. Verdammt noch mal, warum entschuldige ich mich eigentlich dauernd?! überlegte Lilian.
    In diesem Augenblick verschwanden die Gesichter. Auf der Leinwand blieben nur die eindringlichen Fotos zurück, Zeugen eines übermächtigen Hasses. Mein Gott, was Menschen einander antun können, dachte Lilian. Auf einmal begriff sie, daß sie genauso zerschunden war wie die übel zugerichteten Frauen auf diesen Bildern. Der einzige Unterschied ist, daß man meine Verletzungen nicht sehen kann.
    Was will ich denn eigentlich? fragte sie sich ärgerlich. Was erwarte ich vom Leben? Sie rutschte unruhig auf ihrem Sessel hin und her, schlug ein Bein über das andere und wechselte gleich darauf wieder in ihre vorige Stellung. Ich weiß, was ich nicht will, schoß es ihr auf einmal durch den Kopf. Kerzengerade richtete sie sich auf. Ich will nicht werden wie Elaine, so zerfressen von Verbitterung und Rachegefühlen. Ich will nicht enden wie Beth, die über jedes erträgliche Maß hinaus litt, bis sie schließlich gezwungen war zu töten, um zu überleben. Ich will das Gute, das es in meiner Ehe gab, nicht zerstören, denn damit würde ich doch nur meinen Mann und mich treffen. Ich will nie so dem Haß verfallen wie diese Frauen. Ich will weder meinen Mann hassen müssen noch mich selbst. Trotz allem, was geschehen ist, glaube ich immer noch an die Ehe, aber ich kann nicht länger untätig dasitzen und zuschauen, wie mein Leben abläuft. Ich weiß, was ich will. Ich will aufhören, mich schuldig und unsicher zu fühlen. Ich will meinen Stolz zurück. Ich will meine Seele retten. In stillem Einverständnis schaute Lilian sich das Ende des Beitrages an. Als der Abspann lief, sah sie flüchtig ihren Namen aufleuchten, bemerkte zu spät, daß sie nicht darauf geachtet hatte, ob Lilian Listerwoll oder Lilian Plumley dastand, und stellte fest, daß es ihr eigentlich gleichgültig war. Sie nahm die Glückwünsche der Umstehenden entgegen, erkannte an dem unverbindlichen Lächeln der potentiellen Sponsoren, daß die endgültige Entscheidung noch nicht gefallen war, und fand das ganz in Ordnung. Alles zuseiner Zeit. Sie umarmte Irving herzlich und verließ das Studio.
    Nicole Clark wohnte in einem relativ neuen Apartmenthaus in einem ruhigen Viertel. Lilian brauchte nur zehn Minuten für den Weg und halb so lange, um einen Parkplatz zu finden. Sie zerrte die beiden Koffer vom Rücksitz. Das Packen hatte mehrere Stunden gedauert. Es war schon sehr spät. Das Haus hatte keinen Pförtner, nur eine erleuchtete Sprechanlage. Während Lilian sich noch bemühte, das komplizierte System zu entziffern, kam ein älteres Paar nach Hause und ließ sie hinein. Sie nahm das Gepäck auf und wankte in die
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