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Ich Will Ihren Mann

Ich Will Ihren Mann

Titel: Ich Will Ihren Mann
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habe die Absicht, ihren Mann zu heiraten. Es mußte sich um einen Witz handeln. Irgend jemand, vielleicht sogar David selbst, hatte das Mädchen dazu angestiftet, an ihrem Hochzeitstag diesen Gag loszulassen.
    Lilian entspannte sich, ihr Mund formte sich zu einem verständnisvollen Grinsen, und sie kam sich ein bißchen einfältig vor, weil der Groschen erst jetzt gefallen war. »Das ist kein Scherz«, sagte das Mädchen, als habe es Lilians Gedanken erraten. »Ich meine es völlig ernst.« Lilians Grinsen wurde breiter, natürlicher. Wer sie auch sein mochte, diese Kleine machte ihre Sache ausgezeichnet. Vielleicht war sie sogar eine Berufsschauspielerin, die man eigens für diesen Auftritt engagiert hatte. Oder sie war eine von Davids Klientinnen. Der Gedanke verursachte Lilian ein leichtes Unbehagen, da er ihr eine Bemerkung in Erinnerung rief, die sie vor langer Zeit von ihrer Mutter gehört und die sie David gegenüber wiederholt hatte, damals, bei ihrer ersten, folgenschweren Begegnung. Bei jener Fragestunde hatte sie sich hinter der Rolle der spröden, jungen Fernsehjournalistin verschanzt, und er, einer der erfolgreichsten Scheidungsanwälte der Stadt und in ihren Augen die attraktivste Ausgabe männlicher Rechtsgelehrsamkeit, die ihr je untergekommen war, spielte mit notorischem Charme den Idealtyp eines potentiellen Interviewpartners. So unauffällig wie möglich studierte sie seine ebenmäßigen Züge und seinen durchtrainierten Körper.
    Als sie den schlichten, goldenen Ehering an seiner Hand erblickte, da fiel ihr die sarkastische Bemerkung ein, die ihre Mutter hatte fallenlassen, als ihre Cousine Ruth sich mit dem geschiedenen Anwalt einließ, der Ruth kurz zuvor bei ihrer eigenen Scheidung vertreten hatte. Lilian hatte sich in diesem Moment gewünscht, die beiläufigen Kommentare ihrer Mutter würden nicht gar so oft so überaus scharfsinnig klingen, und dann hatte sie, damals, vor fast sechs Jahren, David die Frage gestellt: »Ist es wahr, daß Scheidungsanwälte, die selbst geschieden sind, häufig mit ihren Mandantinnen anbändeln?«
    »Die Frage kann ich nicht beantworten«, hatte er gesagt, und ein mutwilliges Lächeln hatte um seine Mundwinkel gespielt. »Ich war noch nie geschieden.«
    »Wie lange sind Sie schon verheiratet?« hatte sie weitergebohrt. Sie war sich sehr wohl bewußt gewesen, daß diese Frage für das Interview völlig unerheblich war und auch nirgends in ihren Notizen stand, aber sie hatte sie trotzdem gestellt.
    »Fünfzehn Jahre«, hatte er geantwortet, und sein Gesicht war plötzlich zur ausdruckslosen Maske gefroren. Lilian fuhr fort, Nicole anzulächeln, während sie insgeheim ein Stoßgebet losließ, daß dies keine Klientin sein möge. Allmählich ging ihr der Scherz zu weit, und sie hatte den brennenden Wunsch, die Kleine mit ihren aufreizenden roten Fingernägeln, wer sie auch war, möge ganz einfach verschwinden.
    »Ich dachte, es ist nur fair, Sie zu warnen«, fing Nicole an.
    Doch ehe sie weitersprechen konnte, fiel Lilian ihr brüsk ins Wort: »Das reicht!« Nicht nur das Mädchen, auch sie selbst war verblüfft über die plötzliche Heftigkeit ihres Tons. Ihre Stimme hatte jede Spur der sanften, kehligen Heiserkeit verloren. »Ich meine«, lenkte sie ein, »Ich geb' gern zu, daß ich für 'nen Moment auf der Leitung stand. Also es war ein netter Einfall, wirklich originell, und meineFreunde werden sich halb totlachen, wenn ich's ihnen erzähle. Aber wir sollten es nicht übertreiben ...«
    »Das ist kein Scherz«, wiederholte das Mädchen. Lilian kniff die Lippen zusammen. Als sie dann sprach, war ihre Stimme so leise, daß das Rauschen des Blutes in ihren Ohren sie zu übertönen drohte und Lilian Mühe hatte, ihre eigenen Worte zu hören.
    »Wenn das so ist, dann sollten Sie sich verdammt davor hüten, mir noch mal über den Weg zu laufen.« Lilian richtete sich zu ihrer vollen Größe auf, warf die Schultern stolz zurück, als habe man sie soeben zur Athletin des Jahres gekürt, und starrte auf Nicole hinunter. Ich habe keine Angst vor dir, schrie sie wortlos. Ich fürchte mich weder vor dir noch vor deiner Jugend oder vor deinen Drohungen. Nicole Clark zuckte mit den Achseln und fuhr fort zu lächeln. Aufreizend langsam drehte sie sich um und verschwand in der Menge gutgekleideter Gäste. Wo ist David? fragte Lilian sich beunruhigt und fuhr herum. Plötzlich zitterte sie am ganzen Körper vor Empörung, und während ihre Blicke suchend über die Menge
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