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Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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gewesen.«
    »Du hast richtig entschieden. Aber das nächste Mal gibst du mir gleich Bescheid«, hörte sie sich selber sagen.
    »Das werde ich, wir sehen uns morgen früh. Der gewöhnliche Verwaltungskram wartet auf uns. Ganz was Neues«, lachte er schallend, und sie stimmte mit ein.
    Der Mann im Fernsehen begann nun zu weinen. Die beste Sendezeit dachte sie bei sich, verabschiedete Corsari und setzte sich wieder in ihren Sessel. Die Tasse ließ sie auf dem Tisch stehen, der Kaffee war ohnehin inzwischen kalt. Sie drehte die Lautstärke höher und machte es sich erneut vor dem Bildschirm bequem.
    Dieser Fall würde in wenigen Tagen bereits abgeschlossen sein. Mit einem traurigen und schnellen Ende. Ein sechzehnjähriges Mädchen war im Osten Mailands auf einem stillgelegten Fabrikgelände, unterhalb des Viadukts, das in die Via Rubattino führte, tot aufgefunden worden. In einem Teil der Stadt, wo sich einst eine große Ansammlung an Industrie befunden hatte: der Automobilhersteller Innocenti , riesige Pressen, die De Nora , die Industrieanlagen auf der ganzen Welt versorgte. Inzwischen waren davon nur noch wenige übrig geblieben: der Vertrieb der Konditorei Tre Marie, deren Duft sich in der ganzen Umgebung verbreitete, vor allem in der Weihnachtszeit, sowie der Vertrieb einiger anderer Unternehmen.
    Das Mädchen war vergewaltigt und schließlich mit Stockschlägen zu Tode geprügelt worden. Missbraucht von zwei Männern, die bereits gestanden hatten, und möglicherweise von weiteren Unbekannten, die abends um sieben bereits sternhagelvoll waren. Es hatte einige Zeit gebraucht, bis man das Mädchen identifiziert hatte. Eingeschlagener Schädel, verkratzte Wangen, starke Blutergüsse um die Augen. Die gespreizten Beine waren von Bisswunden übersät, an den Schamhaaren und den Innenseiten der Schenkel klebten Blut und Spermareste. Kein Ausweis. Das Handy ohne Guthaben einige Meter weiter weg von der Leiche. Unter den letzten abgehenden Gesprächen ihr Anruf an die Eltern, die restlichen von ihren Peinigern an ihre fernen Familien.
    Und nun stand ihr Vater hier, mit dumpfem Herzen, und verzieh ihnen. Im Namen von was genau, teilte er niemandem mit, doch er schrie es laut heraus, ins Mikrofon eines jeden beliebigen Journalisten, verkündete es der ganzen Welt, sagte es zu sich selbst und auch zu Hauptkommissarin Maria Dolores Vergani. Die es nicht verstand und erst recht nicht begriff.
    Mailand, die Stadt mit den meisten Vergewaltigungsfällen in Italien. Durchschnittlich dreizehn am Tag. Physischer Missbrauch des intimsten Bereichs von Frauen und Mädchen. Und dieser Mann hier verzieh Vertretern seines eigenen Geschlechts.

14
    Am nächsten Morgen fand Maria Dolores das Präsidium menschenleer vor. Dies konnte nur zwei Dinge bedeuten: Entweder waren alle für einen Einsatz von höchster Wichtigkeitsstufe unterwegs, oder sie hatten sich in ihre Büros zurückgezogen, um Papierkram zu erledigen. Die zweite Vermutung wurde auf der Stelle von Achille Maria Funi bestätigt, der nun schon seit fünf Jahren für die Kommissarin arbeitete.
    Sie begrüßte ihren Assistenten mit einem Lächeln. »Alles in Ordnung?«
    »Ja, danke. Und bei Ihnen?«
    »Geht schon. Ist Corsari im Präsidium?«, fragte sie und öffnete die Tür zu ihrem Büro. »Was soll das denn sein?« Sie zeigte auf einen Berg Papiere, der ihr eindeutig höher als gewöhnlich erschien.
    Funi starrte auf die Unterlagen und suchte nach den passenden Worten: »Ich fürchte, es hat sich allerhand angesammelt … Corsari hat Ihnen einen Teil überlassen«, und bereute augenblicklich seine vorschnelle Antwort.
    »Was meinen Sie mit ›allerhand angesammelt‹?«, entgegnete die Kommissarin in leicht gereiztem Ton.
    »Ich weiß auch nicht, keine Ahnung«, antwortete Funi, dem der Unmut seiner Vorgesetzten nicht entgangen war, und fügte hinzu: »Soll ich mal einen Blick drauf werfen?«
    »Erstklassige Idee!« Dann, als sie bemerkte, dass er seinen Eifer bereits bereute: »Rufen Sie für diese lästige Angelegenheit lieber zwei Sachbearbeiter. Sie müssen sich mit so etwas nicht unnötig rumschlagen.«
    Dankbar griff er nach dem Stoß und trug ihn hinaus.
    »Ich habe doch gesagt, dass wir den Ort komplett auf den Kopf stellen werden.« Vor dem Schreibtisch der Kommissarin stand plötzlich Corsari, und zwei riesige Augen starrten sie an.
    »Und dabei sind wir auf ein Häufchen Knochen gestoßen, die möglicherweise von einem Tier stammen. Noch wissen wir nichts
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