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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte
Autoren: Giorgio Faletti
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jetzt anders.
    Jetzt reichte ihm eine Sonnenbrille. Er fischte seine Ray-Ban aus der Jackentasche und setzte sie auf. Es waren so viele Dinge passiert, alle scheußlich, einige regelrecht grauenerregend. So viele Personen waren gestorben. Jetzt und in der Vergangenheit. Unter ihnen war sein Freund Nicolas Hulot, einer der wenigen Männer in seinem Leben, auf welche dieses Wort uneingeschränkt zutraf.
    Mitten auf der Rue Notari stand Inspektor Morelli, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und wartete auf ihn. Frank ging die wenigen Stufen vor dem Gebäude hinunter und schlenderte langsam auf ihn zu. Dabei nahm er die Sonnenbrille ab, die er sich soeben aufgesetzt hatte. Claude verdiente es, dass man ihm ohne Schutz und Schirm in die Augen sah. Er lächelte ihn an und probierte aus, ob er noch einen unbeschwerten Ton auf Lager hatte, ein wenig verstaubt vielleicht, aber echt.
    »Salut, Claude, was machst du denn hier? Wartest du auf jemanden, der nicht kommt?«
    »Nein, mein Lieber. Ich warte grundsätzlich nur auf Leute, von denen ich weiß, dass sie kommen. In diesem Fall bist du der Glückliche. Du wirst ja wohl nicht geglaubt haben, du könntest dich klamm und heimlich aus dem Staube machen? Du schuldest mir noch etwas.
    Schließlich bist du verantwortlich dafür, dass ich meine Rückreise aus Nizza im Auto eines entfesselten Irren antreten musste.«
    »Xavier, was?«
    »Der Exbeamte Xavier, würde ich sagen, der gerade verzweifelt die Seite mit den Stellenanzeigen studiert, unter besonderer Berücksichtigung der Sparte Gartenbaubetriebe. Du weißt schon, wegen der Rasenmäher …«
    Genau in diesem Moment bog der Polizist Xavier Lacroix am Steuer einer Polizeistreife aus der Rue Suffren Raymond. Er fuhr an ihnen vorbei, lächelte ihnen durch das Fahrerfenster breit zu und hob die Hand zum Gruß. Wenige Meter weiter stoppte er den Wagen, 602

    ließ einen Kollegen einsteigen, der ihn am Straßenrand erwartet hatte, und war bereits wieder fort.
    Morelli versuchte, ihm die ertappte Unschuld vorzugaukeln.
    Frank musste lachen. Er war froh, dass die Stimmung zwischen ihnen auf eine selbstverständliche Weise so vollkommen anders war als das, was er gerade im Büro von Roncaille hinter sich gelassen hatte.
    »Wenn du das nicht schon vorher erledigt hast, ist dies vielleicht der richtige Moment, Lacroix zu feuern. Ich befürchte, durch seine Schuld hast du dich gerade fürchterlich blamiert.«
    »Wer, ich? Wieso? Ach, da braucht’s nur einen gesunden Schuss Unverfrorenheit … Aber du dagegen, was hast du in der näheren Zukunft vor?«
    Frank blieb vage.
    »Mal sehen, vielleicht fahre ich ein bisschen herum …«
    »Allein?«
    »Natürlich! Meinst du, irgendjemand erbarmt sich eines Ex-FBI-Agenten, der durchlöchert ist wie ein Sieb?«
    Morelli bekam seine Revanche. Aus derselben Straße, aus der kurz zuvor Xaviers Auto aufgetaucht war, kam ein Laguna Kombi und hielt neben ihnen an. Am Steuer saß Helena Parker, lächelnd und kaum wiederzuerkennen. Hätte jemand nur eine Woche zuvor ihre Augen fotografiert und das Foto mit ihren Augen jetzt verglichen, hätte er Mühe gehabt zu erkennen, dass es sich um ein und dieselbe Frau handelte. Stuart saß auf dem Rücksitz und beobachtete neugierig den Eingang zur Zentrale der Sûreté Publique.
    Morelli sah Frank ironisch an.
    »Allein, was? Irgendwo auf dieser Welt muss es eine rudimentäre Verwaltungsstelle der Gerechtigkeit geben. Und die erlaubt es dir jetzt, in dieses Auto zu steigen, und Lacroix, seine Stelle zu behalten
    …«
    Er streckte ihm die Hand entgegen und Frank schüttelte sie herzlich. Der Ton hatte sich jetzt verändert. Es war der Ton dessen, der gesehen hat und mit einem Freund spricht, der dasselbe gesehen hat.
    »Nun geh schon, bevor die Frau dort merkt, dass du durchlöchert bist wie ein Sieb, und sich entschließt, allein abzufahren. Hier ist alles vorbei.«
    »Ja, es ist vorbei. Das hier. Sehen wir zu, dass nicht morgen von irgendwoher etwas anderes beginnt.«
    »So läuft es, Frank, in Monte Carlo wie an jedem anderen Ort.
    603

    Hier glänzt es nur ein wenig stärker.«
    Morelli war unentschieden, ob er noch etwas hinzufügen sollte.
    Nicht, weil er unsicher war, sondern aus einer Reserviertheit heraus, die Frank ihm zuzugestehen hatte lernen müssen.
    »Hast du schon entschieden, was du machst, danach?«
    »Arbeitsmäßig meinst du?«
    »Ja.«
    Frank zuckte mit den Achseln, als sei es ihm egal. Morelli wusste, dass dem nicht so war, aber
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