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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten
Autoren: B Lyga
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weglegen und seine Nase selbst zuhalten. Er konnte nicht mit blutigen Handschuhen herumlaufen, und er konnte sie, so, wie sie waren, nicht einfach wegwerfen, deshalb streifte er sie ab und spülte sie im Waschbecken aus. Das rostrote Wasser, das wirbelnd im Abfluss verschwand, war ein hypnotischer Anblick, der Jazz in eine Zeit zurückversetzte, an die er sich kaum erinnerte und die er dennoch nicht vergessen konnte: seine Kindheit. Seine Kindheit und eine andere Gelegenheit, bei der rostrotes Wasser gewirbelt war.
    Billy Dents pädagogische Fähigkeiten erinnerten eher an Techniken der Gehirnwäsche als an Erziehung. Als eine Folge davon war Jazz’ Erinnerung größtenteils bruchstückhaft, so wie jetzt– ein Bild von Blut, das in einen Abfluss lief. Der stechende Geruch davon in seiner Nase. Ein scharfes, beflecktes Messer, das in der Spüle lag. Jazz hatte einen Horror vor Messern, die in Spülen lagen. Er konnte den Anblick nicht ertragen. Wenn er zu Hause ein Messer benutzte, musste er es jedes Mal sofort säubern und in einer Schublade oder im Messerblock unterbringen. Wenn er ein Messer nur in einer Spüle liegen sah, begann er zu zittern und zu beben.
    Gut gemacht, Sohn … ein hübscher, ordentlicher Schnitt. Sauber …
    … genau wie bei einem Hähnchen …
    Er riss sich aus seinen Gedanken, trocknete sich die Hände ab und warf die Handschuhe in einen Behälter für medizinischen Abfall. Dann reichte er Howie Papiertücher, die dieser gegen den vorderen Gaumenbereich drückte– dort verlief ein großes Blutgefäß, das die Nase versorgte, weshalb nichts Nasenbluten schneller stoppte, als wenn man dort Druck ausübte.
    Und wirklich flaute Howies Blutung bald ab und hörte schließlich ganz auf. » Tut mir leid«, sagte Howie kläglich und bückte sich, um die Papiere aufzuheben.
    Jazz nahm sie an seiner Stelle. » Zerbrich dir nicht den Kopf darüber.« Insgeheim war er jedoch besorgt. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen mit Handschuhen und Hauben liefen sie nun Gefahr, das Leichenschauhaus mit Howies DNA zu kontaminieren. » Wirf deine Handschuhe und die Papiertücher in den Abfallbehälter und nimm die Tüte heraus. Wir nehmen alles mit und verbrennen es.«
    Sie zogen frische Handschuhe an und machten sich wieder an die Arbeit. Jazz wischte die Blutspritzer im Kühlraum fort und warf die Tücher zum Rest von Howies Abfall. Es störte ihn, dass er Beweismaterial hinterließ, denn ohne eine Art Bleichmittel würden diese Blutspritzer unter Luminol weiter sichtbar sein. Natürlich war die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass jemand beschloss, den Kühlraum einzusprühen und dann mit UV -Licht auszuleuchten, deshalb würde niemand diese Spuren finden oder verwenden. Dennoch: Billy Dents erstes Gebot lautete: » Du sollst keine Spuren hinterlassen.«
    » Bleib da draußen«, sagte Jazz, als er Howie zum Kühlraum kommen sah. » Ich bringe das hier zu Ende. Ich will nicht, dass du wieder lossprudelst.«
    Er legte den Bericht zurück und warf einen letzten Blick auf die Leiche. Sie war jung gewesen. Hübsch. Sie war, so musste er unwillkürlich denken, die Art Opfer, die Billy bevorzugt hätte. Billy hätte es nicht einmal gestört, wenn sie sich gewehrt hätte. Das machte den Spaß für ihn nur größer.
    Er achtete darauf, dass er die Leiche in dieselbe Position brachte, in der er sie vorgefunden hatte, dann zog er den Reißverschluss zu.
    » Sie wissen nicht, wer sie ist«, sagte Howie von der Tür her, wo er in der Kopie des Berichts blätterte. » Können sie nicht einfach ihre Fingerabdrücke nehmen?« Er hielt inne. » Die verfügbaren, meine ich.«
    » Erst wenn die Leichenstarre nachlässt. Das könnte eine Weile dauern. Vielleicht noch einen ganzen Tag.« Jazz verließ den Kühlraum und schloss die Tür, ohne sie abzusperren, da sie zuvor auch nicht verschlossen gewesen war. Solche Einzelheiten waren wichtig. » Und es dauert eine Weile, bis die Ergebnisse kommen. Aber Fingerabdrücke nutzen einem nur etwas, wenn man sie vergleichen kann. Wenn die Frau nicht im System ist, erhalten sie keinen Treffer.«
    Howie nickte nachdenklich. » Sie wurde nackt gefunden«, sagte er leise. » Glaubst du, der Täter hat… glaubst du, er hat Sachen mit ihr gemacht?«
    Jazz schluckte schwer. Natürlich fragte Howie nach der unbekannten Toten hier, aber irgendwie musste er an Billys Opfer denken. Howie vermied es ziemlich geschickt, Fragen danach zu stellen, was Billy genau mit seinen Opfern getan hatte oder wie es
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