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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten
Autoren: B Lyga
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Vorderseite und an den Körperseiten, die der Haut auf ihrem Unterleib und an der linken Hüfte ein beinahe gesprenkeltes Aussehen verliehen. Jazz schob die Hände im Leichensack unter sie, eine bei den Schultern, die andere nicht weit vom Gesäß. Er hielt einen Moment inne. Es war so merkwürdig. Er berührte den Hintern einer Frau. Es war falsch, auf mehr als eine Weise.
    » Menschen zählen«, flüsterte er für sich. » Menschen zählen. Menschen sind echt. Denk an Bobby Joe Long.«
    Sein persönliches Mantra, das er jeden Morgen flüsterte. Eine Mahnung. Sein Zauberspruch, der einen Schild gegen das Böse in ihm selbst errichtete.
    Es war schwer, sie umzudrehen, da die Leichenstarre immer noch fortschritt. Die Leichenstarre setzt normalerweise etwa zwei Stunden nach dem Tod ein. Sie beginnt im Gesicht und in den Händen– den kleinen Muskeln– und breitet sich im Lauf von etwa zwölf Stunden über den gesamten Körper aus. Wenn ihre großen Muskeln also erst jetzt erstarrten… Jazz rechnete rasch nach und kam zu dem Schluss, dass sie höchstens ein, zwei Stunden, bevor die Polizei eintraf, getötet worden sein konnte. Kurz vor Tagesanbruch also.
    Er drehte sie auf die linke Seite. Ihr Rücken war blass.
    Wäre sie auf dem Feld getötet und dort auf dem Rücken liegen gelassen worden, hätte sich das gesamte Blut in ihrem Körper in Rücken und Gesäß gesammelt; beides wäre purpurn gefärbt und leicht geschwollen. Aber das Blut hatte sich an anderen Stellen im Körper gesammelt. Das hieß, sie war woanders getötet und dann transportiert worden, und ihr Blut war bei jeder Verlagerung im Körper herumgeschwappt wie die Körner in einem Sandkunstwerk.
    Der Mörder hatte sie also getötet… dann transportiert… dann sofort die Polizei angerufen…
    Ja. Definitiv kein Neuling.
    Der Mörder war einer von der üblen Sorte. In höchstem Maß selbstbewusst. Jazz konnte nicht umhin, ihn zu bewundern.
    Menschen zählen. Menschen sind echt. Menschen zählen …
    Die Stelle in dem Feld, wo die Tote abgeladen wurde, war kein Ort, über den man zufällig stolperte, wenn man eine Leiche spazieren trug. Der Mörder musste sie vorher ausgekundschaftet haben. Hatte sie eine bestimmte Bedeutung für ihn? Und warum genau diese Stelle? Eine Leiche zu transportieren war riskant, aber auch notwendig. Du brauchst Abstand zwischen dir und der Polizei, deshalb …
    Halt den Mund, Billy, dachte Jazz wütend.
    » Oh, oh«, machte Howie hinter ihm, Panik in der Stimme. » Jazz?«
    Jazz drehte sich um und sah, dass Howies Gesicht voller Blut war.

4
    Für einen Sekundenbruchteil dachte Jazz, jemand habe Howie angegriffen, aber dann legte Howie den Kopf in den Nacken und sagte: » Oh, nein, so eine Scheiße!«
    Howie bekam zweimal wöchentlich Spritzen zur Erhöhung seines Gerinnungsfaktors, aber er neigte trotzdem noch zu plötzlichem Nasenbluten. Diesmal war es eine wahre Flut, zwei rote Bäche, die aus seiner Nase liefen und sich über Mund und Kinn ergossen. Howie hatte den Bericht in einer Hand und die Kopie davon in der anderen, und er streckte die Arme weit von sich, damit kein Blut auf sie geriet. Jazz stürzte zu ihm und hielt die Hand unter Howies Kinn, um das Blut aufzufangen, bevor es auf den Boden tropfte. Trotzdem landeten ein paar Spritzer auf den kalten Fliesen und bildeten rote Kreise.
    Howies Blut war warm, besonders in der Kälte des Kühlraums. Eine besondere Art Wärme, sagte Billy, und Jazz verzog das Gesicht, ehe er mit der freien Hand Howies Nase zukniff, um den Blutfluss zu stoppen.
    » Donke«, presste Howie hervor.
    » Wie lang ist deine letzte Desmopressin-Spritze her?«
    » Öh… Donnersdog?«
    » Muss an der Kälte hier drin liegen«, sagte Jazz. » Geh in den anderen Raum hinüber. Da waren Papiertücher auf dem Schreibtisch.«
    Langsam und vorsichtig machten sie sich auf den Weg in das Büro, wobei Jazz die ganze Zeit mit einer Hand Howies Nasenlöcher zudrückte und die andere unter sein Kinn hielt, während er gleichzeitig auf seine Füße achtete, um nicht überall Blutspuren zu hinterlassen. Blut war das schlimmste Beweismittel, das man zurücklassen konnte– es ist voll mit DNA , und es ist bei den meisten Oberflächen so gut wie unmöglich, jede Spur davon zu beseitigen.
    Fünf Liter, dachte er wieder. Fünf Liter. Wie leicht, ein paar Tropfen davon aus den Augen zu verlieren, und ein paar Tropfen konnten genügen, um einen zu verraten.
    Sobald sie im Büro waren, ließ Jazz Howie die Papiere
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