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Ich schlage vor, dass wir uns küssen (German Edition)

Ich schlage vor, dass wir uns küssen (German Edition)

Titel: Ich schlage vor, dass wir uns küssen (German Edition)
Autoren: Rayk Wieland
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denkbar, aber er argumentierte, gerade weil diese Idee so phantastisch, so absurd sei, werde
     niemand daran Anstoß nehmen.«

ANHANG

Die Geschichte dieses Buches beruht
    auf einer wahren Begebenheit.
    Die DDR hat es wirklich gegeben.

PERSONEN:
    L IANE : Schatz, Liane. Sängerin. Lebt heute mit Mann und Kind in Shanghai, China. Wir schreiben uns alle
Jubeljahre. Vor einiger Zeit schenkte ich ihr bei einem Wiedersehen den Kinderspielzeugring »Blaue Welle«, den sie in den Jangtse warf. Er ist seitdem nicht wieder aufgetaucht.
    O BERLEUTNANT S CHNATZ : Schnatz, Norbert, Oberleutnant. OM (Operativer
Mitarbeiter) der Unterhauptabteilung I der Hauptunterabteilung MB V des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Keine Ahnung, wo er ist, was er
macht. Der Kontakt, der sehr einseitig war, ist nach 1989 abgerissen.
    WC: »Weltchef« alias IM »Spieler« alias O.T. Sehe ich gelegentlich in Berlin. Er kümmert sich da um ein paar Läden und Clubs. Kann
sich an nichts erinnern. Ist lange her alles, ist alles nicht so wichtig. Stasi? Sicher. Er hatte da seine Leute. Also, er. Logisch. Rein
geschäftsmäßig. Fährt jetzt Bentley. Als Zweitwagen.
    F RAU S CHNEIDER : Schneider, Anika. Projektleiterin in der Bundesstiftung
Durcharbeitung des SED-Regimes. Nach unserer Romanze am Fernsehkamin sah ich sie nicht wieder. Das Symposium fand ohne mich statt. Unter den
Mitarbeitern der Bundesstiftung ist ihr Name nicht mehr aufgeführt.
    K ARL W ERNER : Plath, Karl Werner (1951–2006). Straßendichter in
Berlin. Shakespeare-Übersetzer. Erfolgloser Jung-Neuerer im Schokoladenwerk, gescheiterter Lokalreporter, geschaßter Zeitungs-Korrektor. Wo er nicht
rausflog, ist er nicht gewesen. Zuletzt wohnungslos. Starb im März 2006 auf dem S-Bahnhof Karlshorst unter einer Sitzbank, ignoriert von Passanten,
die ihn für einen schlafenden Penner hielten.
    M OSES : eigentlich: Breuer, Jan. Studierte noch eine Weile Philosophie in diversen
Städten. Schrieb ein kleines Buch mit dem Titel »Die Welt danach«. Gründete eine Werbeagentur und verkaufte sie wieder. Lebt heute in Schottland,
hat ein Handicap von +2 und spielt gern den Old Course in St. Andrews.
    F RAU N OVELLI : Novelli, Tyna. Psychologin, Familientherapeutin. Betreibt in
Berlin-Schöneberg eine Praxis für Reinkarnationstherapie und Phantasiereisen.
    UFO-J ÜRGEN : eigentlich: Böhme, Jürgen. Wurde nach 1989 noch einmal im Frankfurter Bahnhofsviertel
gesichtet. Seitdem verschollen. Möglicherweise von Außerirdischen entführt.
    B ERT : eigentlich: Steffel, Bert. Lebt, heißt es, in Bukarest und Berlin und pendelt durch die Welt als
Reisefotograf.
    D IE G RUPPE 61: Meerschwein Hugo verschied in den achtziger Jahren. Die
Standuhr fiel 2005 um und zersprang in tausend Stücke. Ich, letztes Gründungsmitglied, zähle die Sekunden weiter vorwärts. Demnächst werde ich
auf dem Zeitverlängerungskonto ein Guthaben von 120 Tagen angesammelt haben.

Oberleutnant Schnatz (Hg.)

    »MÖGLICHE EXEKUTION DES KONJUNKTIVS«

    Auszug aus dem
Einleitungsbericht, Beifügung 3
Unterhauptabteilung der Hauptunterabteilung I/XX
Berlin, 10.09.1989
    In der Freizeit beschäftigt sich der W. vorwiegend mit dem Schreiben von Gedichten mit politischem, gesellschaftlichem und sonstigem Inhalt. So schrieb er bereits 1981 ein Gedicht über seinen Beruf, das erhebliche Zweifel an seinem Lebensinhalt erkennen ließ, und schickte dieses an seine Freundin in die BRD. In vielen der Gedichte bringt W. fatalistische Anschauungen und Zweifel am Sinn des Lebens im Sozialismus zum Ausdruck. Ferner wird deutlich, daß W. zu Teilbereichen der Gesellschaft eine negative Grundhaltung hat. So verleumdete er im »Lied eines Hundediebes« öffentlich Stellung und Rolle der führenden Repräsentanten unseres Arbeiter- und Bauernstaates und gab sich selbst als willenloses Werkzeug des Gegners zu erkennen. Inoffiziellen Berichten zufolge nutzt der W. seine Wohnung, um derartige Gedichte zu verfassen und mittels Schreibmaschine zu Papier zu bringen. Die vorliegenden Hinweise stellen in ihrer Gesamtheit operativ bedeutsame Anhaltspunkte gemäß RL 1/81 dar, die die Bearbeitung des W. in OPK rechtfertigt.Im Verlauf der bei dem W. operativ durchgeführten Wohnungsdurchsuchung konnte eine Reihe von Schriften mit verleumderischem und diffamierendem Charakter sichergestellt und kopiert werden, darunter der Inhalt einer Mappe mit feindlichnegativen Gedichten unter dem Titel »Mögliche Exekution des Konjunktivs«. Es
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