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Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Titel: Ich schenk mir taeglich rote Rosen
Autoren: Erma Bombeck
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groß geworden während weltweiter gesellschaftlicher Umbrüche, gefüttert mit einer Kost aus Sex, Gewalt, Realismus und Unabhängigkeit.
    Wer hätte es für möglich gehalten, daß ich mit meinem Sohn, einem Oberschüler, im Kino sitzen könnte und er sich, wenn der Sex auf der Leinwand atembeklemmend wurde, zu mir neigen und sagen würde: »Mom, hol dir draußen noch etwas Popcorn, ja?«
    Das hatte früher ich gesagt, wenn er fragte, welcher von den sieben Zwergen denn nun mit Schneewittchen verheiratet sei.
    Wer hätte es für möglich gehalten, daß einem die Kinder nach 25 Jahren Vitaminen, Spritzen und regelmäßiger ärztlicher Kontrollen vorwerfen würden, man habe sie mit gebleichtem Mehl, Rohrzucker, Butterfett und schädlichen Zusätzen vergiftet? Daß sie im Kreis um uns herumsitzen und in allen Einzelheiten schildern, wie Würstchen hergestellt werden?
    Als ich das Buch diagonal gelesen hatte, gewöhnte ich mir eine ganz neue Art und Weise an. Wann immer mein Sohn mir schockierende Mitteilungen machte, reagierte ich darauf mit
    »Im Ernst?« oder »Haut schon hin«, oder »Mensch, Spitze.«
    Nichts konnte mich mehr erschüttern. Erzählte er mir einen besonders ekelerregenden Film, rief ich aus: »Nix wie hin!«
    Legte er eine Platte mit einer Lautstärke von 97 Dezibel auf, überschrie ich den Lärm:
    »Kannst du das nicht ein bißchen mehr aufdrehen, ich hör’ den Text so gern.«
    Erzählte er mir, er habe heute die Schule geschwänzt, atmete ich tief ein und sagte: »Da bist du sicher nicht der einzige.«
    Schließlich, eines schönen Tages, teilte er mir mit, daß er nicht gedenke, sich einen Sommerjob zu suchen. Er brauche Zeit, sich über seine Gefühle klarzuwerden und herauszufinden, woher er komme. Da verwandelte ich mich vor seinen Augen in einen sogenannten Erziehungsberechtigten.
    »Woher du kommst, weiß ich zwar nicht«, rief ich laut. »Aber wohin du gehst. Nämlich nicht an die gleiche Stelle wie vorigen Sommer – wo du beim ersten Mittagsdämmern aufgestanden bist. Wann immer ich deine Laken ausschüttelte – da warst du! Jedesmal, wenn ich am Fernseher vorbeiging – da warst du! Jedesmal, wenn ich dem Lichtstrahl aus der Kühlschranktür folgte, warst du am anderen Ende. – Damit du klarsiehst, mein lieber Peter Pan –
    du suchst dir dieses Jahr einen Job! Sag es mal ganz langsam vor dich hin, laß es auf der Zunge zergehen, dann gewöhnst du dich leichter daran: Job. J –o – b. Ein altmodischer Ausdruck des Establishments. Er bedeutet, stolz auf sich sein können, etwas schaffen, sich ins Zeug legen, einen Grund haben, morgens aufzustehen und abends müde genug sein, um herrlich zu schlafen.
    Für jemand, der den Materialismus verteufelt, benötigst du eine ganze Menge Materielles.
    Für jemand, der gegen Umweltverschmutzung wettert, wirfst du ganz schön viel Papier auf die Straße. Für jemand, der Pazifist ist, verstehst du es prima, Familienfehden anzuzetteln. Also lupfe morgen mal deinen Hintern, und such dir einen Job!«
    Mein Sohn schwieg eine volle Minute lang. Dann lächelte er und schüttelte den Kopf.
    Schließlich ließ er hören: »Reden kannst du, das muß man dir lassen!«
    »Was soll das nun wieder für eine kesse Bemerkung sein?«
    »Ich meine, bis jetzt hast du mich immer nur angeschaut und stirnrunzelnd geseufzt. Ich hab’ nie gewußt, was genau du dir dabei denkst. Mir war nur mies.«
    »Und jetzt ist dir nicht mehr mies?«
    »Doch, aber jetzt weiß ich, warum. Vorher wußte ich es nie.«
    »Dann hat Jim Preach wohl doch recht.«
    »Ackerst du immer noch in diesen vielen Lebenshilfen herum?«
    »Du brauchst nicht die Nase darüber zu rümpfen. Ich beiß’ mich schon noch durch.«
    »Weißt du, was dich nervt«, sagte mein Sohn. »Daß du dir viel zuviel Mühe gibst. Du willst es immer schaffen. Der alte Quatsch. Als ich jünger war, glaubte ich auch immer, ich müsse es unbedingt schaffen. Muß man gar nicht. Nur nicht anstrengen. Einfach entspannen und ganz langsam kommen lassen. Das Leben nehmen, wie es ist. Das Wichtigste, woran du immer denken mußt: Sei einfach ganz du selber.« Ein paar Stunden später drängte er sich an mir vorbei in die Küche. Er trug die Tennis-Shorts seines Vaters, ein T-Shirt aus dem Fundbüro seiner Schule und hatte den Tennisschläger seines Bruders in der Hand. Er griff nach meinen Autoschlüsseln, die auf dem Küchentisch lagen, schob sie ein und zwinkerte zum Abschied mit einem Auge: »Denk dran, was ich gesagt habe:
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