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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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    Der Beamte hinterm Panzerglas hielt seinen Ausweis prüfend in der Hand, während er zwei, drei Telefongespräche führte. Warum eigentlich?
    «In Ordnung», sagte er schließlich, steckte den Ausweis in die Hängekartei seines Schreibtisches und schob Jossa statt seiner eine taschenbuchgroße Pappe hinaus, orangerot und hochglanzbeschichtet. «Ihre Passierkarte, nicht verlieren, beim Verlassen der Anstalt wieder abgeben, sonst…!» Er lachte.
    Jossa lachte ebenfalls, doch ziemlich gequält, fühlte sich bedrohter als nachts allein im Brammer Stadtpark oben. Und das, da mußte er nun wirklich schmunzeln, in einem Gefängnis, das von sich behauptete, das sicherste Deutschlands zu sein.
    «Wie geht’s denn weiter hier…?» fragte er den Beamten hinterm Panzerglas.
    «Der Anstaltsleiter selber wird Sie zu Ihrer Zelle führen.»
    «Danke, ja…»
    Jossa studierte die Poster und Plakate, die hier fein säuberlich angepinnt waren, dann die Bekanntmachungen für die Justizvollzugsbeamten, wann wer wo gegen wen im Schach gewonnen hatte und die Ergebnisse der letzten Personalratswahlen. Ein Anhängsel des konservativen Deutschen Beamtenbundes meilenweit vor ÖTV und DAG.
    An bevorzugter Stelle natürlich auch die Terroristenfahndung, wobei die Dame mit dem Namen Britta Schmidt ganz besonders dick umrandet war, hatte schließlich hier eines ihrer Delikte begangen. War das die klammheimliche Dankbarkeit der Brammer Bürger, weil Britta sie mit Benno Drobsch und ihrer Robin Hood-Aktion europaweit ins Kino und ins Fernsehen gebracht hatte? Jossa schien es fast so.
    Zu seiner Überraschung war hier an der Pforte des Knasts fast mehr Betrieb als an der Stadionkasse beim letzten Spiel des TSV. Anwälte kamen und gingen, die Verwandten und Bräute der Knackis, Anstaltsbeiräte, Psychologen und x andere Leute.
    Jossa ließ sich auf eine von vielen hundert Hintern blankgesessene Holzbank fallen, sicherlich seit der Eröffnung des damaligen «Männerzuchthauses» durch Reichsjustizminister Karl-Georg v. Klostein hier vorhanden, gähnte anhaltend, starrte trübtassig auf den hygienemäßig einwandfrei gebohnerten kackbraunen Linoleumbelag, studierte die Trittpfade, die allesamt schon den Beton durchschimmern ließen, war ziemlich irritiert, als er plötzlich die schönen Beine einer kräftig aufgemachten Dame durch sein enges Blickfeld huschen sah und mußte, als er deren leicht verrutschten Rock entdeckte, an eine Sache denken, die sich vor Jahren im Berliner Knast ereignet hatte: das Schwängern einer Knackibraut während der amtlich überwachten Sprechstunde. Wie wohl? Wahrscheinlich sie auf seinem Schoß sitzend. Ein schönes Bild, ein schöner Gedanke. Er schalt sich eine alte Sau und fixierte, eine Erektion befürchtend, das ÖTV-Plakat an der Wand hinten: Anschluß halten! Deshalb Einstieg in kürzere Wochenarbeitszeit! Das Ziel: Bezahlte freie Tage für alle! Daneben auch die DAG: Für Sicherheit und Fortschritt in einer menschlichen Arbeitswelt. Schließlich eine Stellenanzeige zum Anwerben neuer Schließer respektive Wärter, heutzutage als Justizvollzugsbedienstete firmierend: Ein sicherer Arbeitsplatz für Sie!
    Er war mitten im Nachdenken über den tieferen Sinn oder Zynismus dieser Botschaft, als zwei Männer vor ihm standen, der eine fein gewandet, im Maßanzug wohl, der andere in Beamten-Uniform, schwarz-grau. Beide, so seine erste Assoziation, wären sie in einem Spielfilm aufgetreten, hätten die Leute schon durchs bloße Erscheinen zum Lachen gebracht.
    «Zweeloo!» stellte sich der erste vor. «Ich bin der Anstaltsleiter hier. Sie hatten ja schon telefonischen Kontakt mit mir.»
    «Ja…» Jossa erhob sich ungeschickt-rekrutenhaft und nickte ergeben, wunderte sich, daß der andere nicht auch noch Verkehr statt Kontakt gesagt hatte.
    Zweeloo, obwohl kaum älter als Anfang, höchstens Ende Vierzig, schien aus seligen Ufa- Zeitenzu stammen: männlich-schön, so eine Edelkreuzung von Weltbankpräsident und Weißem Rössl-Oberkellner, charmant-charmant, dichtes graumeliertes Haar mit Welle, ein Hauch Bluemerle dabei, buschig-schwarz die Augenbrauen, doch scharfe Linien im Gesicht und eine fast Indianernase, nichts im Kopf als Macht, ihre Ausübung und ihren Genuß, mit dem Glauben, daß ohne starke Autorität und Führung in dieser Welt rein gar nichts geht, die doppelten Paragraphen fast sichtbar in den Pupillen; Werner Zweeloo, Volljurist.
    Jossa haßte sich dafür, daß er so schnell
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