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"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

Titel: "Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
Autoren: Susanne Mahlstedt
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meinen, am Boden liegenden, Vati. Durch die nicht aufzuhaltende Läufermasse hatte ich Angst, sie zertreten ihm den Rücken. Dank meines blitzschnell reagierenden Mannes, kamen wir schnell wieder auf die Beine. Er zog uns an den Händen hoch. Wir liefen weiter, natürlich etwas geschockt. Wir kontrollierten, ob jemand verletzt war. Nach 15 Minuten schickte uns Vati fort, wir sollten doch laufen. Wir versicherten uns bei ihm, dass es ihm gut ging und liefen schweren Herzens davon. Es dauerte einbisschen, bis wir in unseren Trott fanden. Mein Mann wollte jetzt natürlich auch nicht mehr sein Ding laufen. Er blieb bei mir. In Masserberg, der Verpflegungsstelle, wo Mutti immer steht, teilte mein Mann ihr den Vorfall mit. Ändern konnte sie nichts, war aber heil froh, als Vati dann bei ihr ankam. Wir drei kamen aber trotzdem glücklich im Zielort Schmiedefeld an. Denn da wartete ja im strömenden Regen unsere Tochter und Mutti mit dem mitgebrachten Lorbeerkranz für Vati. Wir hatten uns die Überraschung ausgedacht. Stolz trug sich Vati in das goldene Buch des Rennsteiglaufs ein. Und wir waren doch auch ein bisschen stolz, waren wir doch bei Vatis Jubiläums- Rennsteiglauf dabei.
    Heute bin ich stolz, welche Läufe ich schon hinter mir habe. Ein Paar habe ich auch noch auf der Wunschliste. Das Laufen hat mir im Leben bis heute viel gegeben. Angefangen von Erhaltung der Gesundheit und Fitness, Selbstvertrauen und Kraft für alltägliche und gesellschaftliche Probleme im Leben und viele gleich gesinnte Bekanntschaften und Freunde. Ich muss sagen, im Sport, gerade beim Laufen, fühle ich mich integriert, alle müssen mit den Füßen die Strecke bewältigen. Mein Nachteil ist eben hier auch, dass ich die schöne Landschaft um mich rum, nicht so richtig sehen kann. Aber was sollen da meine Freundinnen sagen, welche noch weniger als ich sehen wie Michaela Kummer, Regina Vollbrecht und Steffen Klitschka? Durch Stöbern im Internet kam ich zu einem Buch „Laufsport für und mit Sehbehinderten“. Ich kann es nur empfehlen. Es zeigt auf, wie die Schweiz damit umgeht. Ich wünsche allen laufenden Lesern viel Erfolg beim nächsten Wettkampf. Und denkt daran: Wir laufen um zu leben; und leben nicht um zu laufen.

Joanna Zybon
Wie ich zu der Läuferperson wurde…
    Hausaufgabe für Prof. Alexander Weber: Laufen gelernt habe ich mit zwei Jahren, mit 29 Jahren, mit 34 Jahren, mit 35 Jahren, mit 36 Jahren, mit 37 und 38 Jahren.
    Mit zwei Jahren lerne ich viel später laufen als andere Kinder, weil ich wegen geburtsbedingten Hüftschäden lange in einem Spreizkissen liegen muss. Dafür kann ich schon sprechen, bevor ich laufen kann – so die Familienerinnerung, meine eigene setzt erst mit sieben Jahren ein: Ich laufe mit meiner dreijährigen Schwester um die Wette und hol sie nicht ein. Und auch sonst niemanden. Von Anfang an ist das Laufen eine klägliche Angelegenheit. Ich bin ein langsames, ein klobiges Kind. Ich mag Laufen nicht. Da bei fast allen Kinderspielen gerannt wird, spezialisiere ich mich auf jene Spiele, die halbwegs ohne auskommen, zum Beispiel Verstecken. Sowieso bin ich ein Bücherkind. Ballspiele, Schulsport und Kinderreisen sind mir ein Greuel. Warum müssen Kinder dauernd rennen? Die Erwachsenen haben’s gut.
    Als ich mit elf Jahren nach Deutschland komme, wird der Deutsch- Förderunterricht (mit meinem Zutun) auf die Sportstunden gelegt. Hurra, ein halbes Jahr ohne Sport! Dafür lerne ich schnell deutsch und muss nicht mal eine Klassenstufe wiederholen.
    Im Gymnasium wird die Sportphobie immer schlimmer. Am schlimmsten ist das Laufen. Am allerschlimmsten ist das Laufen um den Sportplatz, weil sich in den Fenstern der angrenzenden Schulgebäude das schuleigene Publikum amüsiert – zumeist übermich. Ich versuche, sooft wie möglich meine Tage zu haben. Oder krank zu werden. Wenn das nicht geht: Seitenstiche. Ab und zu nehme ich etwas ab oder viel zu, infolgedessen müssen Jahr für Jahr immer mehr Kilogramm von mir den Sportplatz umrunden.
    Mit 29 Jahren laufe ich zum ersten Mal in meinem Leben freiwillig. Zunächst auf dem Laufband, dann am Flüsschen, mit Frühling und Vögelgezwitscher. Eine Abspeckorgie habe ich hinter mir, mehrere Kleidergrößen, nun will ich nicht alles wieder draufhaben, wie schon so oft. Also jogge ich. Langsam. Denn ich will Fett verbrennen. Zwei bis dreimal pro Woche trabe ich am Flüsschen vor mir her, im Dauerschlappschritt. Um mich von den Fashion-Joggern der Hamburger Laufstege
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