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Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben
Autoren: Victoria Dahl
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feiern – dieselbe, die seit vierzig Jahren von jeder Generation in dieser Stadt gefeiert wurde –, und Ben wollte nicht, dass sie durch den Schneesturm nach Hause fahren mussten.
    Mit einem zögerlichen Lächeln dachte Ben an das Kostümfest zurück, auf dem er mit sechzehn gewesen war. Das letzte, das sie in einer der alten Minen hatten feiern können. Verdammt, das war echt ein Wahnsinnsknaller gewesen, komplett mit Strip-Poker und geschmuggeltem Tequila. Und er war verdammt froh, dass es die letzte Party ihrer Art gewesen war. Als Jugendlicher hatte er die Vorstellung einer Party in einer stillgelegten Silbermine extrem aufregend gefunden, aber heute machte er sich bei dem bloßen Gedanken daran fast in die Hose vor Angst.
    Ben nahm sich vor, in den nächsten vier Tagen irgendwann zu den Minen rauszufahren und die Vorhängeschlösser anden Toren zu überprüfen. Wenn irgendein besoffener Teenie in einen Minenschacht fiel, würde ihn das sein Leben lang verfolgen.
    „Ich geh dann mal in die Mittagspause“, unterbrach Brenda seine Gedanken.
    „Ich begleite dich vor die Tür. Ist Zeit für meine Patrouille.“ Er griff nach seinem Hut und, nach einem Blick aus seinem kleinen Bürofenster, auch nach seiner gefütterten Uniformjacke. Schnee hin oder her, an der Kaltfront kam keiner in Tumble Creek vorbei. „Hast du in letzter Zeit irgendwas wegen der Minen gehört? Ich dachte, ich überprüfe vor Halloween besser noch mal die Tore. Erinnerst du dich noch an unsere letzte große Feier, als wir jung waren?“
    Brenda verzog die Lippen zu einem Lächeln, was ausgesprochen selten vorkam. Ihre hellblauen Augen begannen zu funkeln. „Ich weiß ja nicht, woran du dich erinnerst, aber meine Nacht hat damit geendet, dass mir Jess Germaine auf meine nagelneuen Stiefel gekotzt hat.“
    „Stimmt! Ich musste euch beide heimfahren und danach den Truck von meinem Vater putzen.“
    „Du warst eben immer schon ein Gentleman.“
    Ben öffnete die Eingangstür und bat Brenda zwinkernd hindurch. Lachend ging sie an ihm vorbei, doch als er ihr folgen wollte, prallte er von ihrem Rücken ab.
    „Tut mir leid, ist …“
    „Hi!“, hörte er Molly sagen, die am Fuß der Treppe stand. Ben stupste Brenda an, damit sie aus der Tür und die drei Stufen zum Gehweg hinunterging. Molly grinste unter ihrer rosafarbenen plüschigen Mütze zu ihnen hoch. Ihr Wollmantel war viel zu damenhaft und viel zu weiß, um praktisch zu sein, aber wenigstens wirkte er warm.
    „Hey, Süßer“, sagte sie zu Ben. „Hast du schon gehört? Wir sind das Paar der Woche! Du gehst ganz schön schnell ran,das muss ich schon sagen.“
    Die letzte Stufe wäre Ben fast heruntergefallen. Nur mit Müh und Not erreichte er wohlbehalten den sicheren Fußweg. Der verdammte Beton musste im Sommer Risse bekommen haben.
    „Das ist überhaupt nicht witzig“, bemerkte Brenda spitz. „Chief Lawson hasst Klatsch.“
    „Oh, dann … Oh.“ Molly verzog das Gesicht. „Das hatte ich ja total vergessen! Tut mir leid.“
    Ben schüttelte den Kopf. „Schon okay. Brenda, wir sehen uns dann, wenn ich wieder da bin.“
    Die Sekretärin eilte davon, warf Molly aber noch mehrere böse Blicke zu.
    Mit gerunzelter Stirn sah Molly ihr hinterher. „Brenda? Oh Gott, ist das etwa Brenda White? Sie sieht genauso aus wie ihre … Ach, ist ja auch egal. War sie nicht in deiner Klasse?“
    „Ja.“ Besorgt suchte Ben die Straßen ab nach einem Zeichen von Miles’ altem Pick-up.
    „Ben, es tut mir echt leid. Ich hatte das mit deinem Dad total vergessen. Ich wollte dich nicht in Miles’ Klatschspalte manövrieren.“
    „Ist ja nicht deine Schuld.“ Na toll, jetzt hatte sie schon Mitleid mit ihm! „Wirklich, das ist kein Problem. Ist ja auch schon ewig her.“
    Ihre Miene hellte sich auf, ihre Augen begannen zu funkeln, und wieder einmal war Ben erstaunt, wie sehr sie sich verändert hatte. Sie war nicht mehr unsicher und schüchtern wie früher, sondern strotzte nur so vor Selbstvertrauen.
    Ihr Haar hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten, der sich an ihren langen Hals schmiegte. Die Haut dort sah weich aus … sehr weich.
    „Also“, sagte sie. „Eigentlich bin ich ja nur gekommen, um dich mit der Zeitung aufzuziehen, aber jetzt würde ich dochgerne die Station sehen.“ Sie spähte an ihm vorbei durch die gläserne Doppeltür.
    „Es sieht genauso aus wie vor zehn Jahren.“
    „Ich weiß ja nicht, wie du deine Jugend verbrachst hast, Ben, aber ich für meinen Teil habe noch
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