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Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Titel: Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
Autoren: Stefan Schwarz
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ausgefallenen Fehlfunktion schmücken möchte, warum kann ich dann nicht auf Landminen allergisch reagieren? Ich wäre der Top-Mann in der Bundeswehr. («Hier Vorauskommando Djelallabad. Schwarz hat angefangen zu näseln. Wir brauchen Räumfahrzeuge!»)
    «Und – wann kann man dich wieder richtig küssen?», fragte meine Frau nach dem Arztbesuch. «Wenn die schwarze Erle nicht mehr blüht   …», antwortete ich voll Rätsel, «sing ich dir mein schönstes Liebeslied   …»

Soll ich meine Tochter verschleiern?
    «So geht es nicht weiter», sagte ich zum Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen, «Troll oder Prinzessin – die Tochter muss sich entscheiden.» «Nimm doch bitte die Zeitung runter, wenn du was mit mir bereden willst», mahnte meine Frau, die, seitdem ich ihr diese sensationelle Antifalten-Creme geschenkt habe, ständig mit allen Menschen nur noch von Angesicht zu Angesicht sprechen will, um ihre mimische Überlegenheit auszuspielen. Dabei wusste meine Frau genau, worum es ging. Die Trollprinzessin war bei der unbeaufsichtigten Erstbesteigung der Abzugshaube in unserer Küche mit der Glitzerschärpe an einer Ecke hängengeblieben, abgestürzt und hatte sich am Kinn verfleischwundet. «Das Kind ist mittlerweile an mehreren Stellen als schadhaft zu bezeichnen. All diese Schrammen und Narben gehen auf die unpassende Bekleidung zurück. Ich erinnere an den durch mehrere Äste unvorteilhaft gebremsten Abgang der Trollprinzessin, nachdem sie mit ihren Lackschuhen auf dem Apfelbaum abgerutscht war.» Meine Frau versuchte, verächtlich die Stirn zu runzeln, was aber wegen der sensationellen Creme nicht mehr ging. «Unser Kind will eben Glanz und Abenteuer miteinander vereinbaren», meinte meine Frau schließlich, «Doppelrollen, wie sie einer späteren Ehefrau und Mutter schon vertraut sein sollten.» «Wir werden zum wahhabitischen Islam übertreten müssen, um sie noch verheiraten zu können», entgegnete ich bitter, «nur tief verschleiertwird sie angesichts ihrer vielen Dellen noch als Braut taugen.»
    Jetzt lachte meine Frau, soweit es ihr straffes Gesicht zuließ, und sagte: «Guck dich mal im Kindergarten um, da stehen die Jungs schon Schlange.» Derart neu fokussiert, brachte ich die Trollprinzessin in die Kita, um mir die Herren Anwärter aus der Nähe anzusehen und wo als Erstes der kleine Herr Friedemann angeschossen kam, um meine Tochter zu Boden zu drücken. «Der schon mal nicht», sagte ich am Abend zur Mutter, «das ist so ein Herzlicher! Bei uns ist kurzes Zunicken der Zärtlichkeiten genug. Aber das ist so einer, der dich noch an sich presst, wenn du ihm Hausverbot erteilst.»
    «Und wie findest du Gideon?», fragte meine Frau. «Der sieht doch supersüß aus, und cool ist er obendrein.» «Gideon kann meiner Tochter nicht das Leben bieten, das ich für sie vorgesehen habe», erwiderte ich entsetzt, «Gideon interessiert sich für Lastkraftwagen   …» Ich ekelte mir das Wort heraus: «…   für Brummis. Möchtest du, dass unsere Keimbahn in einer Speditionsfirma ausläuft?»
    «Bliebe noch Alex, der mit den roten Locken», schlug meine Frau vor, und ich versuchte vergeblich, mir vorzustellen, wie ich ein rotlockiges, sommersprossiges Enkelbaby mit zwei sehr weit auseinanderstehenden Vorderzähnen zum Familienfoto auf dem greisen Schoß hielt.
    Da meine Frau wie alle langjährigen Partnerinnen die Kunst des Gedankenlesens ausreichend beherrscht, auch wenn es mit den Jahren bei Männern immer weniger zu lesen gibt, meinte sie: «Vielleicht sollten wir uns bei den Urteilen zur Gattenwahl unserer Tochter so sehr zurückhalten wie meine Familie. Oder haben sie dichjemals spüren lassen, was sie wirklich von dir halten?» «Du hast recht», liebkoste ich meine glatte Frau, «meine aber noch viel mehr.»

Menschen ohne Bodenplatte
    Fisch mit Dill, Fenchelgemüse und Petersilienkartoffeln wirken bei übermäßigem Genuss aufgrund des hohen Estragol-, Apiol- und nicht zuletzt Myristicingehaltes sexuell erregend. Insofern hätte ich eigentlich vorbereitet sein müssen, als Mutter Dinkelkeks nach dem letzten Gast-Mahl an meine Seite rückte. «Soll ich dir mal meinen Balkon zeigen?» Mutter Dinkelkeks sah mich mit leuchtenden Augen an. Ich schaute mich vorsichtig um, ob bei den anderen das Essen in ähnlicher Weise angeschlagen hatte. «Ja, hol sie mal raus!», rief Vater Dinkelkeks begeistert von nebenan. Und während ich noch entsetzt hin und her blickte, lagen die Fotos schon auf dem Tisch.
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