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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Autoren: Jaye Ford
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Daniel.
    Liv verzog bei der absurden Frage das Gesicht. Jason gehörte zu der Kategorie schmächtiger Männer mit feinen Gesichtszügen, die im Alter nur noch Haut und Knochen sind. Er war nur wenig größer als sie, und als Liv das letzte Mal Klamotten gebraucht hatte, als sie bei ihnen gewesen war, hatte sie einfach seine Jeans angezogen. Das aggressivste Verhalten, das sie je bei ihm erlebt hatte, war, als er einmal verärgert einen Raum verlassen hatte. Und sein erster Gedanke war eine Jagd auf ihren Angreifer?
    »Ich habe mir eher Sorgen um Liv gemacht«, antwortete Daniel.
    Irgendwas war da in seinem Ton. Liv konnte nicht sagen, ob es nach Vorwurf oder Verteidigung klang, doch auch Jason musste es aufgefallen sein. »Oh ja, natürlich. Danke, dass Sie sich um sie gekümmert haben.«
    Daniel hob kurz das Kinn und nickte.
    Während Jason ihre Habseligkeiten in den Kofferraum räumte, setzte Liv sich auf den Beifahrersitz. Daniel beugte sich zu ihr hinunter. »Ich hoffe, Sie können ein wenig schlafen.«
    Sie wollte etwas sagen, wusste aber nicht, wo sie anfangen sollte. Sie betrachtete sein Gesicht, die schwarzen Augen, das dunkle Haar, die Bartstoppeln. Er war nicht unbedingt gut aussehend, doch sie fand, dass er ein tolles Gesicht hatte. Vermutlich lag es an dem Adrenalinstoß. Er hatte das beste Gesicht, das ihr seit Langem untergekommen war.
    Jason knallte den Kofferraum zu. Als ob er damit etwas demonstrieren wollte. »Danke.«
    »Ich bin froh, dass Sie noch aufrecht stehen und für sich sprechen können«, sagte Daniel und schloss die Tür.
    Er ging zur Fahrerseite und sprach kurz mit Jason. Sie hörte nicht, was sie sagten, ihre Gesichter waren außer Sichtweite, also sah sie auf Daniels Hände, die er in die Hüften gestemmt hatte. Er trug keinen Ring an seiner rechten Hand, doch das musste nichts heißen. Liv hoffte, dass er eine Frau hatte, die er liebte, und einen Haufen wunderbarer, groß gewachsener Kinder, von denen er sich niemals trennen musste.
    »Tut es sehr weh?«, fragte Jason, als sie losfuhren.
    »Es geht. Die Medikamente werden mir guttun.«
    Sie blieben an der Ampel in der Park Street stehen, Liv sah über die Straße zum Eingang des Bürogebäudes, das sie erst vor ein paar Stunden verlassen hatte. Dann blickte sie nach oben über das Dach zum Parkhaus, das dahinter lag. Helle, gleichmäßig verteilte Punkte leuchteten wie Sterne über dem obersten Geschoss. Die Etage darunter, wo sie überfallen worden war, lag im Dunkeln. Leckte das Schwein sich gerade seine Wunden, oder heckte es neue Gewalttaten aus?
    Jason tätschelte ihr Bein. Sie blickte auf seine langen, schmalen Finger, die auf ihrem zerknitterten Krankenhauskittel lagen, und legte ihre unverletzte Hand auf seine Hand.
    »Ich bin auf Rekordjagd«, sagte sie. »Ich wollte sehen, wie viele traumatische Erfahrungen ich in einem Jahr sammeln kann.« Sie versuchte zu lachen und wandte ihr Gesicht ab, als ihr wieder die Tränen kamen.
    Er hielt ihre Hand fest und fuhr weiter. Er war wie ein Bruder für sie, und er und Kelly waren wie ihre Familie. Vielleicht hatte sie deshalb kein schlechtes Gewissen, wieder einmal ihre Probleme auf sie abzuwälzen.
    Kelly musste den Wagen in der ruhigen Straße gehört haben, denn sie drückte von innen auf den Knopf für das Garagentor. Es rollte hoch, als Jason in die Einfahrt fuhr, und langsam tauchte Kelly auf, zuerst ihr violetter Pyjama, dann ihr dunkles Haar, das in Wellen um ihre Schultern fiel, als sie sich vorbeugte, um in den Wagen zu sehen. Mit tröstenden und aufmunternden Worten half sie Liv aus dem Auto und führte sie ins Haus, doch als das Licht des Flurs auf sie fiel, verschlug es ihr die Sprache. »O Gott«, sagte sie und sah Liv entsetzt an. »Warum hast du diesen Kittel an? Musst du ins Krankenhaus?«
    Liv öffnete den Kittel und zeigte Kelly ihre zerfetzten Kleider.
    »Meine Güte, Liv.« Der Schock und die Zärtlichkeit, die sich im Gesicht ihrer besten Freundin widerspiegelten, trieben Liv die mühsam unterdrückten Tränen in die Augen, und als Kelly den Kittel wieder schloss, ihr das Haar aus dem Gesicht strich und sanft die Armschlinge berührte, begann Liv zu schluchzen.
    »O mein Gott«, sagte Kelly bereits zum vierten Mal an diesem Abend, und Liv gelang es, ein wenig zu lachen. Sie saß mit einer Tasse Tee, zwischen Kelly und Jason eingepfercht, auf dem Sofa im Wohnzimmer, hatte halbherzig an einer Scheibe Toast geknabbert und eine Tablette eingenommen.
    Kelly hatte ihr
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