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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Autoren: Jaye Ford
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gehen.«
    Liv hob erstaunt ihre Augenbrauen. Schon lange hatte sie niemand mehr in Schutz genommen.
    »Ich bringe sie nach Hause«, sagte Thomas.
    »Nein, tust du nicht«, antwortete sie.
    »Verdammt, Livia, musst du so stur sein? Ich lasse dich nicht alleine zurück.«
    Vor einem Jahr hatte er noch kein Problem damit gehabt.
    »Sie ist nicht alleine«, sagte Daniel. »Mein Wagen steht vor der Tür.«
    »Du bist mit diesem Typen hier?«, fragte Thomas ungläubig.
    Auf diese Bemerkung hätte es unzählige Antworten gegeben, doch sie hatte keine Lust mehr zu streiten, wollte sich am liebsten nur noch setzen und den Kopf an die Wand lehnen. Sie wünschte sich, dass jemand sie kurz umarmte, damit sie innerlich wieder zu Kräften kam. Thomas hatte das früher immer gemacht, doch dann hatte er ihr vorgeworfen, dass sie ihn nicht genug brauchte. Bei einer anderen fand er schließlich, was er suchte, und jetzt interessierte es sie nicht mehr, was er dachte. Sie wusste, dass Daniel ihr einen Ausweg anbot. Sie lächelte ihn an. »Danke.«
    »Tu, was du nicht lassen kannst, Livia.« Thomas wandte seine typische Verteidigungsstrategie an – immer, wenn er mit etwas nicht einverstanden war, zog er ihre Entscheidung ins Lächerliche.
    »Das werde ich, warum verbringst du dafür in der Zwischenzeit nicht ein wenig mehr Zeit mit deinem Sohn?« O Cameron. Sie atmete tief ein. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Liv froh, dass sie ihrem Sohn keinen Gutenachtkuss geben musste, sondern ihn angerufen hatte, als sie aus dem Büro gegangen war. Er sollte nicht sehen, was man seiner Mutter angetan hatte. Sie packte Thomas am Unterarm. »Sag ihm nichts. Noch nicht. Ich möchte nicht, dass er sich Sorgen macht.«
    »Ich werde das tun, was ich für richtig halte«, sagte er.

4
    Liv fluchte leise hinter ihm her, als er ging. Ihr Puls raste. Während sich die Aufzugtüren hinter Thomas schlossen, musterte Daniel einen Augenblick lang ihre Schuhe, den Kittel und die Schlinge um ihren Arm.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er und sah ihr in die Augen.
    Sie blickte weg, denn sie wollte nicht, dass er sah, was sich dahinter verbarg. Bitterkeit und Angst, vor allem aber Zorn – neue Gefühle überlagerten alte. »Was für eine Frage! Ich bin wütend und völlig durcheinander, ich bin verletzt. Ich habe keine Ahnung, ob man das ›in Ordnung‹ nennen kann. Aber immerhin kann ich noch aufrecht stehen und für mich sprechen, und das muss für den Moment reichen.«
    Daniel zuckte nicht mit der Wimper. »Verstehe.«
    Sie zupfte befangen an ihrem Kittel, fuhr sich durchs Haar und spürte eine Welle der Erschöpfung hochsteigen. »Oh, verdammt. Ich muss mich setzen.«
    Sie ließ Daniel gewähren, als er ihr den Plastikbeutel aus der Hand nahm, taumelte zum nächsten Stuhl und schloss die Augen. Liv, bloß jetzt keine Krise kriegen. Reiß dich noch ein wenig zusammen!
    Als sie ihre Augen wieder öffnete, stand der Beutel vor ihren Füßen, und Daniel saß neben ihr, als würde er entspannt auf irgendetwas warten. Was machte er eigentlich hier?
    »Tut mir leid, dass Sie in die Sache hineingezogen wurden.«
    Er wandte ihr den Kopf zu und sah sie direkt an. »Ihnen braucht nichts leidzutun.«
    »Die zehn Jahre mit ihm waren Zeitverschwendung, um die tut es mir leid.«
    Daniel lehnte sich auf dem Stuhl zurück, und sie rutschte ein wenig zur Seite, damit er Platz hatte. »Ist er Arzt?«, fragte er.
    »Kaufmännischer Leiter des Krankenhauses. Ich wusste, dass irgendjemand ihm erzählen würde, dass ich hier bin. Es hätte ja auch einen schlechten Eindruck gemacht, wenn seine Frau – bald Exfrau – in der Notaufnahme ist und ihn niemand verständigt. Leider war er noch im Büro.« Doch damit hatte sie gerechnet. Montags arbeitete er gerne länger, daran hatte sich auch in seinem neuen Leben nichts geändert.
    »Ist er oft aggressiv zu Ihnen?«
    Selbstgefällig, arrogant, intolerant schon, aber nie im physischen Sinne. »Nein. So kann man das nicht sagen. Es ist nur …« Dachte Daniel etwa an häusliche Gewalt? »Warum sind Sie eigentlich hier? Sind Sie auch verletzt?«
    Er schwieg einen Augenblick, vielleicht suchte er nach der richtigen Antwort. »Sie haben niemanden verständigt, außerdem steht Ihr Wagen noch immer in dem Parkhaus. Ich dachte, Sie könnten vielleicht jemanden brauchen, der Sie irgendwo hinfährt.«
    Plötzlich wurde sie misstrauisch; nachdenklich betastete sie ihre blutverschmierte Lippe. War er den ganzen Weg zum Krankenhaus gefahren, nur
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