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Ich hatte sie alle

Ich hatte sie alle

Titel: Ich hatte sie alle
Autoren: Katinka Buddenkotte
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nicht wie ich.
     
    Die ganze Nacht zuvor tat ich kein Auge zu. Dann redete ich mir ein, ich sei Günter Wallraff. Als ich mich einigermaßen davon überzeugt hatte, musste ich nur noch meinem Freund einreden, dass ich Günter Wallraff sei. Er war wenig begeistert, schließlich erklärte er sich aber für eine Provisionsbeteiligung von fünfzig Prozent dazu bereit, für die Zeit der Recherchearbeiten Frau Wallraff zu sein.
    Das erste Mal war das schlimmste. Geschlagene fünf Minuten starrte ich die Nachricht an, die auf meinem Bildschirm aufblinkte. Sie lautete: »Hi, ich bin Sabrina.«
    Schließlich überwand ich mich und schrieb zurück: »Hi, hier ist Günter. Was geht ab?«
    Aller Wahrscheinlichkeit nach ging bei Sabrina gerade so viel ab, dass sie mir nicht sofort zurückschreiben konnte. Dafür bekam ich eine Nachricht von Ralf. Ralf war ein alter Bekannter im Call-Center. Leidernicht für mich. Laut seines aussagekräftigen »Klienten-Profils« war er Kfz-Lehrling, gepierct, stand auf Frauen und unterhielt sich mit mir, also der Meike, 19, die gern ins Kino ging. Ralf ließ mich wissen, dass er einen »doofen Scheißtag« gehabt hatte, und das um zwölf Uhr mittags. Ich schrieb ihm in meiner Funktion als Meike zurück: »Ich auch.«
    Ich zögerte etwas, die Nachricht abzuschicken und malte schließlich noch ein paar Smileys dazu, um sie gehaltvoller zu gestalten.
    Dann schrieb mir Sabrina zurück: »Ich glaube, du bist zu alt für mich.«
    Sofort bemerkte ich meinen eklatanten Fehler und schrieb an Sabrina:
    »Hey, ich heiße nur Günter, bin aber erst 19.«
    Ich fand mich ziemlich raffiniert, und den Günter auch.
    Dann war ich eine halbe Stunde fast nur Lars, der sich mit der Conny unterhielt. Conny hatte keinen Bock mehr, sich mit mir per SMS zu unterhalten, und wollte mich endlich sehen. Hektisch blätterte ich im Handbuch, das ein paar Standardantworten für solche Fälle parat hielt, und wählte die ehrlichste aus. Ich schrieb Conny zurück, dass ich »halt total schüchtern« sei, und malte ein paar Smileys dazu. Vierzig Smileys, um genau zu sein.
    Die Conny schlug mir daraufhin ein paar interessante Möglichkeiten der sexuellen Befriedigung durch Nutzung diverser Körperteile vor, ich mailte, ganz schüchtern, einen traurigen Smiley und schrieb dazu, dasstraurige Smileys ja etwa gleichbedeutend mit schwarzen Schimmeln seien. Conny schrieb eine lange Reihe Fragezeichen zurück, dann riet sie mir, meinen Kühlschrank zu entleeren, wenn es schon so arg mit dem Schimmel sei. Ende des Kontakts mit Conny.
    Sabrina allerdings meldete sich wieder. Sie, Sabrina, sei schon 22, also ginge das wahrscheinlich nicht, ich hätte bestimmt Probleme mit älteren Frauen. Ich mailte ihr zurück, dass das Alter doch unwichtig sei und sie ihr ganzes Leben doch noch vor sich hätte. Sabrina meinte, dass ich das schön gesagt hätte. Ich schickte ihr einen philosophischen Smiley, den ich aus den Paragraphenzeichen kreierte. Sie verstand das nicht. Sie wagte zu behaupten, ich würde nur mit ihren Gefühlen spielen. Ich schrieb zurück: »Ich auch.«
    Dann meldete sich Ralf wieder, der es bedauerte, dass mein Tag auch scheiße gewesen sei. Ich schrieb ihm: »Danke Ralf, das habe ich gebraucht. Dein Günni.«
    Ralf und ich führten anschließend eine rege Diskussion darüber, warum sich Meike an ihren Scheißtagen Günni nannte. Schließlich konnten Meike, Günter und ich ihn von der Idee überzeugen, und Ralf beschloss, sich an seinen Scheißtagen Uschi zu nennen. Kurz vor Schichtende versuchte ich diese neue Information in Ralfs Profil mit aufzunehmen, aus Platzmangel konnte ich aber lediglich die Botschaft »Wenn scheiße Uschi« unterbringen. Am Abend hielt ich mich für äußerst durchschnittlich begabt, was heiße Flirts anging.
     
    Bei meiner nächsten Schicht wurde ich etwas gelöster. Die ersten zwei Stunden meldete sich aufgrund eines Computerfehlers niemand bei mir. Ich sah, dass jemand hinter meine Meldung in Ralfs Profil tatsächlich noch ein »Transe?« gequetscht hatte, und freute mich.
    Dann hatte ich zum ersten Mal Sex. Sie hieß Jutta und wollte mit mir in die Wanne. Ich schrieb ihr, getarnt als Udo, zurück, siesollesichschonmalausziehen, ichkäme dann gleich. Jutta missverstand das und schrieb, ich solle wenigstens warten, bis sie in der Wanne läge. Sie wolle auf meinem heißen Ständer reiten. Ich erlaubte es ihr und schrieb noch ein »mmhaooooooooooooooooh« mit sechzehn »o« dazu. Nach zehn Minuten
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