Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich hatte sie alle

Ich hatte sie alle

Titel: Ich hatte sie alle
Autoren: Katinka Buddenkotte
Vom Netzwerk:
bestätigte mir Jutta, dass ich genau wüsste, wie man eine Frau in der Wanne zu nehmen habe.
    Dadurch angespornt lud ich alle meine aktuellen Flirts zu einem heißen Bad ein. Christian zierte sich erst etwas, aber als ich ihm versicherte, er habe das schönste Quietsche-Entchen, machte er sich richtig locker. Katharina, die Hebamme, kam richtig aus sich heraus, und bei Schichtende waren alle sauber und Katharina immer noch feucht.
    Nur Kerstin wollte nicht mit mir baden. Sie wollte mit mir, also dem Kai, 35, der den Sommer und gutes Essen liebt, reden. Über ihren Benny, der ihr Sorgen bereitete. Nachdem ich mich erkundigt hatte, ob Benny vielleicht seinen Vater vermisse oder schulische Probleme habe, erfuhr ich, dass Benny erst vier sei. Aber an der gestörten Vaterbeziehung, da sei vielleicht was dran, immerhin sei Benny schon mit fünf Wochen vom Restdes Wurfes getrennt worden, und Siamkatzen seien ja bekanntlich sehr empfindlich.
    Am Abend schwor ich mir, die Profile meiner Flirtpartner genauer zu lesen und nur einmal wöchentlich mit allen zu baden.
     
    Tags darauf tat ich etwas Unüberlegtes. Ralf gestand mir, dass er nur noch Uschi sein wolle. Ich mailte ihm die Adresse eines befreundeten Schauspielers, der ihm bestimmt mit Pumps Größe 44 aushelfen könne.
    Stolz darauf, einem jungen Mann sein Coming-Out ermöglicht zu haben, schwafelte ich einige Zeit mit Kerstin über Gott und die Welt. Ich ließ mich von der Existenz eines Katzenhimmels überzeugen, gab aber zu bedenken, dass es dort vegetarisch zugehen musste, weil es ja der Gerechtigkeit halber auch einen Thunfisch-, Hammel- und Lammragouthimmel geben müsse.
    Als Kerstin schrieb, ich brächte sie zum Lachen (mit drei Smileys), fiel mir siedend heiß ein, dass Ralf ja jetzt tatsächlich und in echt meinen befreundeten Schauspieler anrufen könnte und ihm sagen würde, er habe die Nummer von Meike. Oder Günter. Mist. Ich schickte eine echte SMS an meinen schauspielernden Freund mit der Botschaft: »Wenn Uschi oder Ralf dich anrufen, ich bin Meike oder Günter, okay?«
    Bevor ich eine Antwort bekam, hatte sich Kerstin zu einem großen Schritt entschlossen. Sie wollte mich kennen lernen. Live und in Farbe. Weil ich so aufgeregt war, schrieb ich ihr zurück, dass ich im Moment keine Zeit für sie hätte. Mein Handy piepste, die SMS kamvon meinem Schauspieler und bestand aus Fragezeichen ohne Smileys. Kerstin war verletzt und weinte. Sie wollte sich umbringen, ein Leben ohne mich mache keinen Sinn. Ein Smiley mit durchgekreuzten Augen am Ende ihrer SMS bestätigte die Ernsthaftigkeit dieser Botschaft. Ralf schrieb mir gleichzeitig, er könne bei der Arbeit keine Pumps anziehen. Ich hämmerte meine Antworten hektisch in die Tastatur ein.
    Ich schrieb »Natürlich kannst du das, Schatz« an Kerstin und ein knappes »Stimmt« an Ralf. Ich atmete tief durch, bis ich bemerkte, dass ich die Antworten vertauscht hatte. Ich beschloss, dass Kerstins Lage ernster war, und jagte folgende Nachricht hinterher: »Stimmt. Ich kann ohne dich auch nicht leben. Aber ich kann dich nicht treffen. Ich bin hässlich.«
    Für Ralf kam jede Hilfe zu spät: »Wenn du das sagst, Günni, dann geh ich jetzt los. Ich ziehe jetzt das Sissi-Kleid an. Melde mich nach der Schicht noch mal.«
    Kerstin schrieb zurück: »Das ist doch kein Hindernis, Schatz. Ich bin auch nicht so schön. Wir können ja erst mal telefonieren.«
    Völlig verzweifelt schrieb ich Kerstin zurück: »Es geht nicht. Ich … ich … stottere.«
    Das hatte gesessen. Kerstin antwortete nicht mehr. Ich versuchte, die Nummer von Ralfs Arbeitgeber herauszufinden, um ihm mitzuteilen, dass Ralf eine Wette verloren habe und deswegen im Abendkleid aufkreuzen würde. Ich erreichte den Meister tatsächlich, der ein echter Sportsfreund zu sein schien und nur meinte: »Na, die Figur dafür hat der Ralfie wenigstens.«
    Meine netten Kolleginnen im Call-Center sahen mich schon ganz merkwürdig an. Ich sah Kerstins neue Nachricht aufblinken. Es waren fünf neue Nachrichten, um genau zu sein. Sie schrieb: »Kai, mein Schatz, es gibt doch für alles eine Lösung. Wenn du mich jetzt anrufst, ist das ein erster Schritt. Ich habe dir auch die Nummern einiger Selbsthilfegruppen für Stotterer herausgesucht. Aber das Wichtigste ist jetzt, dass wir reden.«
    Ich fühlte mich so schlecht. Und ich fühlte Günni, Meike und Kai schlecht. Ich schämte mich für sie alle. Ich war kurz davor, Kerstin zu beichten, dass ich ein Computer war. In
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher