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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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Gemüse wirbelten durcheinander. Die übliche Bande Typen hing auf den Bänken rum. Er lief an einer jungen Frau mit Kinderwagen vorbei, einer anderen, die vor Lidl ihr Kleingeld zählte, einem alten Mann mit Spazierstock und alter Frau, die sich bei ihm einhakte, beide winzig und gebeugt.
    Er wollte immer weiterlaufen, bis er ankam. Und Tom Parker zu Brei schlagen. Tom Parker würde nicht alt werden.
    An der Ampel lehnte sich ein Typ aus seinem Autofenster und pfiff einem Mädchen hinterher. »Schenk mir ein Lächeln, Baby.«
    Das Mädchen zeigte dem Typ den Mittelfinger, sah dann Mikey und winkte. »Hi, Mikey.«
    Er lief auf der Stelle, während sie über die Straße auf ihn zukam. »Hi, Sienna. Ich kann jetzt nicht reden.«
    Sie drückte sich an ihn, gab ihm rasch einen Kuss. »Du bist völlig verschwitzt.«
    »Ich bin gerannt.«
    »Vor mir weggerannt?«
    Er zuckte mit den Schultern, als wäre es zu schwer zu erklären. »Ich muss los.«
    Mit verschränkten Armen und gerunzelter Stirn sah sie ihn an. »Sehen wir uns später?«
    Ihm kam es vor, als ob die Welt größer oder lauter wurde oder so, alle drängten auf ihn ein und wollten was von ihm. Er sah ihr in die Augen und versuchte, das Gefühl zurückzuholen, das er eben noch empfunden hatte, als er sie winken sah; etwas wie Wärme.
    »Komm bei mir auf der Arbeit vorbei«, sagte er. »Macht mir nichts aus.«
    »Es macht dir nichts aus? Na, vielen Dank!« Sie schlang sich die Arme um den eigenen Leib und schaute nicht einmal über die Schulter zurück, während sie wegging.
    Er war nicht gut für sie. Er war sich nicht mal sicher, ob er jemals für irgendwen gut sein würde. Die meiste Zeit konnten ihn alle mal. Mädchen stellten zu viele Fragen und erwarteten andauernd, dass man wusste, wie es ihnen ging, und er lag immer daneben.
    Jetzt hatte er Zeit verloren, und Schwung. Wieder lief er los. Runter von der Hauptstraße, folgte er der Biegung der Lower Road. Haufenweise zockelten Kids langsam in dieselbe Richtung – eine Zusammenrottung, als bahnte sich was an. Karyn sollte dabei sein. Um ihnen auszuweichen, lief er auf der Straße, vorbei am Lehrerparkplatz, am Schultor.
    Als er ein paar Freundinnen von Karyn auf der Brücke sah, die zu viert eng aneinandergedrückt aufs Wasser runterschauten, verlangsamte er das Tempo. Eine von ihnen entdeckte ihn und stieß die anderen an, worauf sich alle umdrehten.
    Eigentlich sollte er stehenbleiben, das wusste er. Er sollte rübergehen und ihnen sagen, wie es Karyn ging, und ihnen ihren Dank ausrichten für die Briefchen und kleinen Geschenke, die sie ihr immer noch schickten. Aber er wusste, was dann kam – sie würden Fragen stellen. Etwa: Wann trifft sie sich mit uns? Und: Warum antwortet sie nicht auf unsere SMS? Oder: Wann ist die Verhandlung? Und: Glaubst du, sie wird je wieder zur Schule kommen? Dann müsste er ihnen sagen, dass er es nicht wusste, dass sich nichts Neues getan hatte, seit sie das letzte Mal gefragt hatten.
    Er rang sich ein Lächeln ab und winkte. »Muss weiter.«
    Autos ausweichend, immer schneller, über die Kreuzung, am Bahnhof vorbei und die Norwich Road rauf. Einen Fuß vor den anderen, wie ein Krieger. Beim Laufen dachte er an Karyn. Er war ihr einziger Bruder, und es war seine Aufgabe, sie zu beschützen. Noch nie zuvor hatte er das so deutlich gespürt, die furchtbare Verantwortung. Er kam sich erwachsen, männlich, entschlossen vor. Er konnte das schaffen, ganz klar. Es war kinderleicht. Er tastete in seiner Tasche nach dem Schraubenschlüssel. Da war er noch, fühlte sich richtig und gut an.
    Jetzt taten seine Beine weh. Er schmeckte Salz auf der Zunge, als würde das Meer auf dieser Seite der Stadt in die Luft eindringen. Hier war es frischer, wilder. Es gab mehr Platz. Da waren der Wratton Drive, der Acacia Walk und Wilbur Place. Selbst die Namen waren anders, die Bäume höher.
    Er verlangsamte seinen Lauf. Hier war der Zufahrtsweg, wie etwas aus einer Architekturzeitschrift. Da war das Eingangstor mit Videoüberwachung. Und dahinter das Haus mit seiner Rasenfläche und den großen Fenstern, seinem strahlenden Glanz, den Vorhängen und dem vielen Platz. Sogar ein Jaguar XJ glänzte in der Einfahrt.
    Mikey setzte über das Tor und ging geradewegs die Kieseinfahrt rauf. Nichts würde so sein wie vorher, nachdem er an diese Tür geklopft hatte. Das wusste er, als hätte er es Schwarz auf Weiß, mit Brief und Siegel vor Augen. Er würde Tom Parker zu Brei schlagen und zusehen, wie er
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