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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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auf der Schwelle verblutete.
    Der Türklopfer war aus Messing, ein Löwe mit dichter Mähne und goldenen Augen. Er ließ ihn dreimal auf das Holz niedersausen, um ihnen klarzumachen, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
    Nichts. Niemand.
    Stattdessen kam jäh Stille auf, als würde alles plötzlich schweigend lauschen und sämtliche Gegenstände in dem vornehmen Haus den Atem anhalten. Er fasste an die Wand, um sich abzustützen, und klopfte wieder.
    Ein Mädchen kam an die Tür. Sie war in Rock und T-Shirt. Bloße Beine, bloße Arme.
    Und sagte: »Ja?«
    Ein Mädchen hatte er nicht erwartet. Ein Mädchen in Karyns Alter. Er konnte sie kaum ansehen.
    »Bist du von der Cateringfirma?«, fragte sie.
    »Was?«
    »Kommst du wegen dem Essen?«
    Vielleicht hatte er sich im Haus geirrt. Er sah nach der Hausnummer an der Tür, aber da war keine. Er schaute in den Flur, als ob ihm das weiterhelfen könnte. Der war riesig, überall Holzdielen und schicke Teppiche. Es gab einen Tisch, eine Bank, einen Schirmständer und eine Ablage für Stiefel und Schuhe.
    Das Mädchen fragte: »Soll ich meine Mum holen?«
    Er sah wieder sie an – den kurzen Rock, den sie anhatte, das Blau und Lila in ihrem T-Shirt, ihr Haar, das sie in einem wippenden Pferdeschwanz trug.
    Er fragte: »Bist du die Schwester von Tom Parker?«
    »Ja.«
    »Ist er hier?«
    Ihre Augen verengten sich. »Nein.«
    Im Haus hörte man einen Hund bellen. Dann wieder nichts. Stille.
    »Wo ist er denn?«
    Sie kam raus, zog die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. »Bist du ein Freund von ihm?«
    »Ja.«
    »Dann weißt du, wo er ist.«
    Er spielte mit dem Schraubenschlüssel in seiner Tasche. »Na ja, ich weiß, dass heute die Kautionsanhörung ist. Hab mich nur gefragt, wann er wohl nach Hause kommt.«
    »Wir wissen es nicht.«
    Sekunden verstrichen, vielleicht Minuten. Jetzt erst fiel ihm eine Narbe auf, die frisch aussah und von ihrem einen Mundwinkel runter zum Kinn lief. Sie bemerkte seinen Blick und erwiderte ihn herausfordernd. Mit Mädchen kannte er sich aus, und ihr war diese Narbe peinlich.
    Er lächelte. »Na, und wie heißt du?«
    Sie wurde rot, wandte den Blick aber nicht ab. »Mein Dad hat eine Nachricht auf Toms Facebookseite gepostet, um seine Freunde auf dem Laufenden zu halten.«
    Mikey zuckte die Schultern. »Ich war seit Tagen nicht mehr online.«
    »Kennst du ihn vom College?«
    »Ja.«
    »Ich hab dich noch nie gesehen.«
    Er dachte an das College im Ort, zu dem er einmal gegangen war, um sich nach Cateringseminaren zu erkundigen, und hielt ihrem Blick stand. »Ich bin so mit Lernen beschäftigt, da bleibt keine Zeit für Kontakte. Ich will meine Prüfungen nicht verhauen.«
    Das schien sie ihm abzunehmen, ihr Gesichtsausdruck wurde nachgiebiger. »Wem sagst du das. Meine sind im Mai, und ich hab noch fast nichts dafür getan.«
    Das war doch noch Ewigkeiten hin, warum machte sie sich jetzt schon Sorgen? Aber als sie darüber redete, änderte sich etwas in ihr. Sie beugte sich ein klein wenig zu ihm vor, als hätte sie sich durchgerungen, ihm zu vertrauen. »Hör mal«, sagte sie, »bei uns ist nachher 'ne Party.«
    Eine Party? Weil ihr Bruder auf Kaution rauskam?
    »Komm vorbei, wenn du willst. Tom kann heute Abend alle seine Freunde gebrauchen.«
    Doch bevor er ihr sagen konnte, was er davon hielt, kam eine Frau um die Hausecke und winkte ihnen energisch zu. »Endlich«, rief sie. »Ich war schon in Sorge.«
    Das Mädchen warf ihm rasch einen entschuldigenden Blick zu. »Sie hält dich für den Caterer.«
    Die Frau kam näher, schwenkte ein Klemmbrett und sah Mikey an. »Sie sind von Amazing Grazing, ja?«
    Das Mädchen seufzte. »Nein, Mum. Ist er nicht.«
    »Oh, wer sind Sie dann? Sind Sie der Mann mit dem Festzelt?«
    Darauf sollte er antworten. Und zwar nein, aber ihm fiel nur ein, dass sie es sofort merken würde, dass sie sich nicht wie ihre Tochter etwas vormachen lassen würde. Sie würde den Hund, Wachschutz, die Polizei rufen.
    »Er ist ein Freund von Tom, Mum.«
    »Ach so. Tja, Tom erwarten wir erst später.«
    »Das hab ich ihm gesagt.«
    Die Frau wandte sich zu ihr um. »Schon in Ordnung, Schätzchen. Warum gehst du nicht weiterlernen?«
    Das Mädchen lächelte Tom rasch zu, ehe sie durch die Tür zurückging und sie hinter sich schloss. Er blieb mit der Mutter zurück.
    »Hoffentlich macht es Ihnen nichts aus«, sagte sie. »Wir haben wirklich alle Hände voll zu tun.«
    Er hasste sie. Dafür, dass sie ihn überhaupt nicht kannte,
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