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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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anzog, den Schraubenschlüssel einsteckte und den Reißverschluss zumachte, war er ausgesprochen gut gelaunt.
    Karyn sah ihn mit glänzenden Augen an. »Schnappst du ihn dir wirklich?«
    »Jap.«
    »Und du wirst ihm wirklich richtig wehtun?«
    »Hab ich das nicht gesagt?«
    Genau da kam Mum rein, Kippe in der Hand, die Augen mit einer Hand abgeschirmt, als würde sie alles blenden.
    Holly hüpfte hinter ihr auf und ab. »Guckt mal!«, rief sie. »Mum ist wach. Sie ist echt runtergekommen.«
    »Melde mich zum Dienst«, sagte Mum.
    Es war, als würde man jemandem zusehen, der von einem Tauchgang hochkam. Sie war gerade dabei, sich ins Gedächtnis zu rufen, wer sie war, dass sie tatsächlich hier wohnte, dass heute die Kautionsanhörung war und dass sich diese Familie jetzt aber wirklich mal zusammenreißen musste.
    Holly räumte einen Platz auf dem Sofa für sie frei, setzte sich dann auf ihren Schoß und rieb die Nase an ihrer. »Muss ich in die Schule? Kann ich heute nicht lieber hier bei dir bleiben?«
    »Klar kannst du.«
    »Nein!«, sagte Mikey. »Karyns Polizistin kommt gleich vorbei, weißt du nicht mehr?«
    Mum runzelte die Stirn. »Ach ja, warum?«
    »Weil das ihr Job ist.«
    »Sie soll nicht mehr kommen«, sagte Karyn. »Sie stellt bescheuerte Fragen.«
    »Na, die kommt trotzdem«, fuhr Mikey sie an. »Holly kann also nicht hier sein, oder? Willst du eine Polizistin sehen lassen, dass sie nicht in der Schule ist?«
    Allmählich schien es seiner Mutter zu dämmern. Sie sah sich im Wohnzimmer um und warf einen Blick in Richtung Küche. Beide Zimmer waren ein einziges Chaos – ein Haufen Müll auf dem Tisch, dreckige Teller und Bratpfannen in der Spüle.
    »Du hast etwa eine Stunde«, erklärte Mikey ihr.
    Sie starrte ihn böse an. »Glaubst du, das weiß ich nicht?«
    Holly stellte den Fernseher wieder auf volle Lautstärke, so dass ihnen von der Musik fast die Ohren abfielen.
    »Mach aus«, brüllte Mikey. Davor würde ihre Mum ins Bett zurückflüchten. Weil Holly nicht auf ihn hörte, zog er den Stecker raus.
    Mum rieb sich immerzu das Gesicht. »Mach mir 'nen Kaffee, Mikey.«
    Mach ihn dir doch selber, dachte er. Aber er stellte trotzdem noch mal den Wasserkocher an und spülte eine Tasse aus.
    »Nach dieser Kippe spül ich«, sagte Mum. Sie paffte noch einmal an ihrer Zigarette, ehe sie ihm einen ihrer Blicke zuwarf, so als könnte sie ihn komplett durchschauen. »Du siehst müde aus.«
    »Weil ich mich ständig um euch alle kümmern muss.«
    »Wo warst du gestern Abend?«
    »Weg.«
    »Warst du mit dieser neuen Freundin von dir zusammen? Sarah, oder wie heißt sie doch gleich nochmal?«
    »Sienna.«
    »Das war die davor.«
    »Nein, das war Shannon.«
    Holly lachte lange und laut. »Du bist so schlimm, Mikey!«
    In seiner Tasche wartete der Schraubenschlüssel. Er gab Mum ihren Kaffee. »Ich muss jetzt los.«
    »Wohin?«
    »Hab was zu erledigen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich will nicht, dass du dir Ärger einhandelst.«
    Sie hatte da so was Cleveres. Man konnte meinen, sie hätte einen Kater und würde nichts mitkriegen, doch das stimmte nicht ganz.
    »Ich mein's ernst«, sagte sie. »Halt dich aus allem raus. Noch mehr Schwierigkeiten können wir nicht brauchen.«
    Aber er sagte nur: »Ich geh dann mal.«
    »Was ist mit Holly? Sie kann nicht allein zur Schule.«
    »Dann musst du sie hinbringen. Dafür sind Eltern doch da, oder nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Weißt du, was dein Problem ist, Mikey?«
    »Nein, Mum, aber bestimmt sagst du es mir gleich.«
    Sie griff nach ihrer Zigarette, klopfte die Asche ab und nahm einen letzten tiefen Zug, wobei sie ihm den Rauch direkt ins Gesicht blies. »Du bist nicht der harte Kerl, für den du dich hältst.«

ZWEI
    D ie Treppe runter, zwei Stufen auf einmal. Vorbei an Graffiti an den Wänden – AIMEE IST EIN FLITTCHEN, LAUREN BLÄST UMSONST, SEXKUMMER? TOBYS NUMMER – und zur Haustür raus auf die Straße. Mikey schwenkte links ab, wich den Einwickelpapieren und Bierdosen aus, die um die Bushaltestelle verstreut lagen, überholte zwei Opas, die mit ihren Einkaufstrolleys den ganzen Bürgersteig blockierten, und rannte los. Weg von der Sozialsiedlung, vorbei an den Trauben von Kids vor Ajay's mit ihrem Frühstück aus Chips und Cola, an dem Metzger und dem Schreibwarenladen, zur Hauptstraße.
    Der Himmel war stumpf und grau. Es roch nach Dieselöl und Fisch. Er lief über den Markt. Gerade wurden die Stände aufgebaut, all die irren Farben vom Obst und
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