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Ich gab mein Herz fuer Afrika

Ich gab mein Herz fuer Afrika

Titel: Ich gab mein Herz fuer Afrika
Autoren: Mark Seal
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Naturforscher, Wildtierexperten und Filmemacher aus aller Welt saßen zu Hunderten draußen auf der herrlichen Wiese, um diese außergewöhnliche Frau zu ehren. Der Trauergottesdienst wurde auf Joans Seegrundstück abgehalten, einem Zauberland voller wilder Tiere und Pflanzen, das direkt aus einem Disney-Film stammen könnte. Ein Freund von Joan sagte, es sei wie » Doctor Dolittle mal tausend«. 5 1200 Flusspferde schwimmen tagsüber dort herum. Nachts mähen sie den Rasen zur Musik der 350 Vogelarten, die es in dieser Gegend gibt. Während des sehr emotionalen Gottesdienstes stellten ihre Freunde und Kollegen immer wieder laut die Frage, warum Joan diesen sinnlosen Tod sterben musste. 6 Wer sollte diese freundliche, liebenswürdige Frau ermorden wollen, die selten die Stimme über ein Flüstern hinaus erhoben und sich jahrzehntelang leidenschaftlich für die Armen und Bedürftigen in Kenia engagiert hatte? Manche waren mit der Polizei einer Meinung, der Mord sei die Folge eines einfachen Einbruchsversuchs gewesen. Aber wenn Diebstahl das Ziel war, fragten wiederum andere, weshalb wurde dann nichts aus ihrem Haus gestohlen? Und warum der Kugelhagel, wo doch allein
schon die Androhung die meisten Menschen in dem häufig von Verbrechen heimgesuchten Naivasha oder im nahe gelegenen Nairobi (derzeit auch »Nairobbery« genannt) dazu gebracht hätte, ihr Geld herauszugeben?
    Viele von Joans Freunden glaubten, die wahrscheinlichste Erklärung sei, dass Joan wegen ihrer Naturschutzaktivitäten um den See herum Opfer eines Auftragsmords wurde – in Kenia lässt sich das leicht für etwa hundert Dollar arrangieren. 7 Die sanftmütige Tierfreundin gehörte mittlerweile zu den wenigen Nonkonformisten in einem bizarren Szenario, das es nur in Afrika geben konnte und das aus ihrem geliebten See ein Kriegsgebiet gemacht hatte. Es ging um einen Konflikt, der sich ausgerechnet an Rosen entzündete. Während der vergangenen zwei Jahrzehnte waren ganze Armeen von Blumenzüchtern an dem idyllischen Naivashasee eingefallen, um dort mit die größten Blumenplantagen der Welt zu errichten. Diese Plantagen überzogen das Seeufer mit gewaltigen Treibhäusern aus Plastik, sie behinderten die natürlichen Wanderbewegungen der Wildtiere und zogen eine Flut Hunderttausender armer Wanderarbeiter an, was wiederum Slums, Schmutz, Kriminalität und, wie manche betonten, eine ökologische Apokalypse bedeutete. Verbrechen waren in dieser Gegend mittlerweile an der Tagesordnung, Mord gehörte zum Alltag, Fische und Wildtiere wurden massenhaft gewildert. Der See, aus dem die Blumenplantagen das Wasser absaugten und in den man Pestizide einleitete, war bald so verunreinigt, dass es hieß, ohne sofortige Maßnahmen werde er innerhalb von fünf Jahren
sterben. Während die anderen lediglich darüber redeten, setzte Joan ihre Worte furchtlos und, wie manche sagten, auf gefährliche Weise in Taten um. Ihre Selbstschutzkampagne, mit der sie ihr Land und den angrenzenden See erhalten wollte, verstimmte die Behörden, gegen die sie sich zur Wehr setzte, und gleichzeitig sogar die verzweifelten afrikanischen Arbeiter, deren Lebensgrundlage sie doch zu retten versuchte. Das alles mag letztlich zu ihrem Tod geführt haben. Nach dem Mord an ihr wurden zwar vier Verdächtige in Gewahrsam genommen, aber man ließ sie alle wieder frei. Es war eine seltsame und brutale Geschichte, bei der am Ende mehr Fragen als Antworten blieben.
     
    »Alle Anwesenden wissen, was ich meine, wenn ich sage, dass Joans Tod nur Teil der dunklen Fluten ist, die dieses Land langsam überschwemmen«, sagte Joans Freund Ian Parker in seiner Trauerrede. 8 »Dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung zusammenbricht, ist die finsterste Folge der Korruption und des Mangels an politischen Prinzipien. Wenn die Gesetzeshüter Bürger nicht mehr schützen oder Kriminelle vor Gericht bringen können und wenn Einzelnen die Mittel verweigert werden, sich zu verteidigen – die meisten Kenianer dürfen keine Waffen besitzen –, dann nehmen die Leute das Gesetz selbst in die Hand. Das ist keine Drohung irgendeines verrückten alten mzungu«, fuhr er fort und benutzte dabei das Swahili-Wort für »Weißer«, »sondern eine Lektion, die uns die Geschichte immer wieder lehrt. Wenn eine wehrlose, bekannte Wohltäterin wie Joan einfach
aufgesucht und ermordet werden kann, spricht die Geschichte erneut zu uns. Gebt Acht! Diese Gesellschaft befindet sich in einem gefährlichen Zustand. Joans Tod gebietet
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