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Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst

Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst

Titel: Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
Autoren: Susan Mallery
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gepackt. Sie überprüfte noch einmal, ob sie nichts vergessen hatte – das war einfacher, als darüber nachzudenken, was sie gerade zu tun im Begriff war. Nämlich an den einzigen Ort zurückzukehren, in den sie nie mehr einen Fuß hatte setzen wollen: die Stadt, in der sie aufgewachsen war.
    Einen Moment lang fragte sie sich, ob sie es wirklich tun musste. Zwei Kindern zu Hilfe zu eilen, die sie noch nie gesehen hatte. Dann schüttelte sie den Gedanken ab. Im Moment gab es außer ihr niemanden. Sie konnte die Mädchen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Sie würde die Sache in die Hand nehmen, das Problem lösen und in ihr Leben zurückkehren. Dort zu bleiben kam nicht infrage.
    Es herrschte nur wenig Verkehr, und sie schaffte es in knapp 20 Minuten zu Tylers Schule. Er unterhielt sich gerade mit seinen Freunden; vermutlich planten sie, gemeinsam irgendetwas zu unternehmen. Als er ihren kleinen Geländewagen sah, winkte er und rannte zu ihr.
    „Jason sagt, er fährt mit seinen Eltern im August nach Disneyland. Er sagt, sie werden dich anrufen und mit dir darüber reden, ob ich mitfahren darf”, erzählte er, während er sich auf den Beifahrersitz setzte.
    „Auch dir einen wunderschönen guten Tag”, begrüßte sie ihn schmunzelnd.
    Er grinste. „Hi, Mom. Wie war dein Tag?”
    „Interessant.”
    „Fein. Können wir jetzt über Disneyland reden?”
    Mein Sohn ist der beste und schönste Teil meines Lebens, dachte sie, als sie in seine dunkelbraunen Augen sah. Er hatte ihr Lächeln, aber alles andere war von seinem Vater. Es war so, als wäre ihre DNA nicht stark genug gewesen, sich gegen seine durchzusetzen.
    Tyler war intelligent, witzig, herzlich und liebenswürdig. Er hatte jede Menge Freunde, ein unkompliziertes Naturell und wollte, wenn er groß war, Architekt werden. Liz wusste, dass alle Leute meinten, die Pubertät wäre bei Jungs die allerschlimmste Zeit. Dass ihr Sohn ihr mit dreizehn oder vierzehn das Leben zur Hölle machen würde. Dieses Problem würde früh genug auftauchen. Derzeit allerdings war Tyler ihr Ein und Alles und der Mittelpunkt ihrer Welt.
    Einer Welt, die gerade gehörig aus den Fugen geraten war.
    „Disneyland hört sich super an”, stimmte sie zu. „Ich werde mit Jasons Mom reden. Wenn sie dich mitnehmen und du mitfahren möchtest, spricht nichts dagegen.”
    Sein Grinsen wurde breiter. Dann warf er einen Blick zurück in den hinteren Teil des Wagens.
    „Moment mal, fahren wir irgendwohin? Machen wir einen Ausflug?”
    Liz reihte sich in den Verkehr Richtung Highway ein. Sie würde die Interstate 80 nach Osten nehmen und bei Fool’s Gold von der Autobahn abfahren.
    „So ungefähr.” Sie umfasste das Lenkrad fester.
    Im Laufe der Jahre hatte sie sich immer bemüht, ihren Sohn nicht anzulügen. Weder über ihre Vergangenheit noch über seinen Vater. Meistens hatte sie ihm einfach erklärt, dass es Fragen gab, die sie nicht beantworten würde. Mit vier oder fünf Jahren hatte Tyler sich leicht ablenken lassen. Mit acht war er entschlossen gewesen, die Wahrheit herauszufinden. Zurzeit stellte er kaum Fragen – vielleicht, weil er wusste, dass aus ihr sowieso nichts herauszukriegen war. Aber Liz war klar, dass ihn das Thema beschäftigte.
    „Ich habe heute eine E-Mail bekommen”, verkündete sie. „Du erinnerst dich, dass ich dir von meinem Bruder erzählt habe?”
    „Mhm. Roy. Wir treffen uns nie mit ihm.”
    „Ich weiß. Er ist viel älter als ich und von zu Hause weggegangen, als ich zwölf war. Eines Morgens bin ich aufgewacht, und er war weg. Ich habe ihn nie wieder gesehen.”
    Sie erinnerte sich noch an das Schluchzen ihrer Mutter, das durch den Alkohol in ihrem Blut noch lauter und heftiger ausgefallen war. Ab diesem Moment hatte ihre Mutter ihr Leben damit verbracht, auf Roys Rückkehr zu warten. Nichts anderes war mehr wichtig gewesen. Vor allem nicht Liz.
    Kurz nach ihrem Highschool-Abschluss hatte Liz die Stadt verlassen. Ein paar Wochen später hatte sie das erste und einzige Mal zu Hause angerufen, um Bescheid zu geben, wo sie war, und zu fragen, wie es ihrer Mutter so ging.
    „Du brauchst dir nicht die Mühe zu machen, noch mal anzurufen”, war die Reaktion ihrer Mutter gewesen. Dann hatte sie einfach aufgelegt.
    „Onkel Roy hat dir also eine E-Mail geschickt?”
    „Das trifft es nicht ganz.” Liz wusste nicht, wie viel sie ihrem Sohn sagen sollte. Die Wahrheit zu sagen war eine Sache, ihm alle Einzelheiten zu erzählen eine andere. „Er
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