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Schweineblut

Schweineblut

Titel: Schweineblut
Autoren: Arnold Küsters
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    Sonor surrend schob sich das Seitenfenster in den Rahmen
zurück. Sie hatte genug gesehen. Entschlossen drückte sie die Zigarettenkippe
in den Aschenbecher. Dann tastete sie mit einer Hand nach dem Messer. Der
schmale Stahl auf dem Beifahrersitz war so kalt, dass sie fröstelte. Zufrieden
legte sie die Hand zurück auf das Lenkrad. Es würde ganz leicht sein.
    »Na, ihr habt doch wohl noch nicht genug, oder?« Hans
Didden wedelte auffordernd mit den restlichen Karten.
    Die Männer an den blank gescheuerten Tischen unterhielten sich
lachend, manche rauchten. Der verwinkelte Schankraum war gut besucht. Es war
laut und warm, Zigarrenqualm stand in der Luft. Ein dünner Kellner räumte
wortlos leere Biergläser auf ein Tablett. Im Hintergrund klapperte der
schwitzende Wirt beim Zapfen mit den Gläsern auf der Tresenplatte.
    »Immer noch nur fünfzig Cent die Karte! Ein halber Euro, eine alte
Mark, und ihr könnt eure Kühltruhe quasi zum Nulltarif füllen. Eure Frauen
werden heute Nacht ausnahmsweise mal nicht mit dem Nudelholz über euch
herfallen, denn ihr kommt mit fetter Beute nach Hause. Sie werden euch auf
Händen ins Bett tragen. Seid ehrlich, das habt ihr lange nicht erlebt, Männer!«
    Statt Karten aus dem Skatblatt zu verkaufen, erntete der Kassierer
der St.-Lambertus-Bruderschaft Gelächter und einige Zwischenrufe über die Höhen
und Tiefen einer Ehe.
    Hans Didden konnte sich die Zurückhaltung nicht erklären. Dabei war
der Hauptpreis an diesem Abend äußerst verlockend: Ein Spanferkel wartete im
Kühlhaus des Wirtes auf den Gewinner.
    Und die Bruderschaft konnte im Moment jeden Cent gebrauchen. Die
Einnahmen aus dem Schützenfest hatten kaum die Ausgaben gedeckt. Einzig die
Mallorca-Fete war halbwegs erfolgreich gewesen.
    Nein, heute Abend war Hans Diddens ganzer Einsatz gefragt, für Glaube, Sitte, Heimat , zum Wohl der Bruderschaft St. Lambertus. Schließlich musste
der im kommenden Jahr anstehende Vogelschuss finanziert werden.
    »Was ist, Hermi? Hat deine Mia keinen Platz mehr im Kühlhaus? Oder
isst du den Panhas und die Leberwurst der Konkurrenz nicht?«
    Noch bevor der Metzgermeister auf den Spott antworten konnte,
meldete sich Kurt Thofondern, der im hinteren Teil des Gastraumes saß, mit
dröhnendem Bass. »Hermi mag den Panhas bestimmt deshalb nicht, weil er weiß,
was da alles drin ist. Komm, Hans, gib mir mal drei Karten.« Der Viehhändler
warf drei Münzen auf den Tisch. Dann winkte er den Kellner herbei. »Und du,
Tünn, bring dem Hans noch ein Bier.«
    »Eine weise Entscheidung.« Hans Didden trat zu Thofondern an den
Tisch und hielt ihm die Karten hin. »Zieh.«
    Der Viehhändler setzte sich in Pose und rückte seine Strickjacke
über seinem karierten Wollhemd zurecht.
    »Karo-König, Herz-As und Kreuz-Sieben. So sehen Siegerkarten aus.«
Thofondern zeigte die gezogenen Karten in die Runde.
    Seine Freunde am Tisch nickten beifällig.
    »Die Panhas-Pakete sind mein. Hm, Panhas mit Schwarzbrot und
Rübenkraut: Es gibt nichts Leckereres auf dieser Erde.«
    »Doch, deine Tochter.«
    Thofonderns selbstgefällige Miene versteinerte. »Lass gefälligst
meine Tochter aus dem Spiel, Frank.«
    Der untersetzte Schaufensterdekorateur hob entschuldigend die Hände.
»War nur ein Scherz, Kurt.«
    Es wurde schlagartig still im Schankraum von » Haus
Berten «.
    Thofondern nickte dem Wirt gönnerhaft zu. »Eine Runde für alle.«
    Hans Didden atmete auf. Das hätte noch gefehlt, ein Streit an diesem
Abend. Dann hätten sie die Verlosung sofort abbrechen können. Was war nur in
den Dekorateur gefahren? Jeder wusste, dass Kurt Thofondern äußerst sensibel
reagierte, wenn es um seine Tochter ging. Seit er Witwer war, klammerte er sich
richtig an seine Barbara.
    »Was ist nun?« Didden wollte die Gunst der Stunde nutzen und auch
die restlichen acht Karten an den Mann bringen.
    Frank Gierth zog seine Geldbörse. »Komm her, Didden. Ich nehm den
Rest.«
    »Macht genau vier Euro, Frank. Dem edlen Unterstützer unserer
Bruderschaft sei gedankt. Viel Glück!«
    Hans Didden brauchte jetzt wirklich eine Auszeit. Er war für die
Finanzen zuständig, penibel und ehrlich, aber er war kein Marktschreier. Der
Kassierer wollte sich gerade ein frisches Pils vom Tablett nehmen, als krachend
die Tür aufflog, hinter der der Flur zu den Toiletten, zur Kegelbahn und zum
Hof von » Haus Berten« abging.
    »Da draußen. Da draußen.« Mehr brachte Wilfried Tüffers in seiner
Aufregung nicht hervor. Der
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