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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende
Autoren: Richard Matheson
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stöhnend die Augen.
    Nach einer Weile hob er die Lider. Langsam glitt er vom Hocker und richtete das Mikroskop wieder auf.
    Der Rest ihres Briefes war nicht gelogen, das wusste er. Ohne die Pille, ohne die Worte wusste er es. Ja, er wusste sogar etwas, das Ruth und ihre Leute offenbar nicht wussten.
    Er blickte lange durch das Okular. Ja, er wusste es! Dass er nun akzeptierte, was er sah, veränderte seine ganze Weltauffassung. Wie dumm, wie beschränkt er sich jetzt vorkam, weil er es nie vorhergesehen hatte! Dabei war ihm gerade dieser eine Satz so oft untergekommen, wenn er etwas über Bakterien nachgelesen hatte. Aber er hatte ihn nie auf den Bazillus bezogen, und, um ehrlich zu sein, er hatte ihn auch nie richtig beachtet, diesen Satz:
    Bakterien können besonders leicht mutieren.

VIERTER TEIL
    Januar 1979

20
    Sie kamen nachts; kamen in ihren dunklen Wagen mit Scheinwerfern, Schusswaffen, Äxten und Piken; kamen mit heulenden Motoren aus der Dunkelheit, und die blendenden Strahlen der Suchscheinwerfer peitschten um die Ecke des Boulevards und griffen nach der Cimarron-Straße.
    Robert Neville saß am Guckloch, als sie kamen. Ein Buch lag auf seinem Schoß. Er hatte gerade gleichmütig hinausgeschaut, als die Scheinwerfer die weißen Gesichter der Vampire erfassten. Die Untoten wirbelten keuchend herum. Ihre dunklen seelenlosen Augen starrten in das grelle Licht.
    Neville sprang vom Guckloch zurück. Sein Herz klopfte heftig von dem plötzlichen Schock. Einen Moment lang blieb er zitternd in dem dunklen Zimmer stehen und konnte sich nicht entscheiden, was er tun sollte. Seine Kehle war wie zugeschnürt, während er dem Motorenlärm lauschte, der selbst durch die Schallisolierung des Hauses zu hören war. Er dachte an die Pistolen in seinem Wäscheschrank, die Maschinenpistole auf der Werkbank, und er dachte auch daran, sein Haus gegen sie zu verteidigen.
    Dann ballte er die Hände so fest, dass die Nägel durch die Haut stießen. Nein, er hatte seine Entscheidung getroffen. Er hatte sich während der vergangenen Monate alles sorgfältig überlegt. Er würde nicht kämpfen.
    Wie mit einem Stein im Magen trat er schwerfällig ans Guckloch zurück und spähte hinaus.
    Die Scheinwerfer beleuchteten eine wilde Schlachtszene, eilige Schritte waren auf der Straße und dem Beton des Bürgersteigs zu hören, dann knallte ein Schuss und hallte hohl wider, und gleich darauf zerrissen weitere Schüsse die Nacht.
    Zwei Vampire stürzten um sich schlagend zu Boden. Vier Männer packten sie an den Armen und rissen sie hoch. Zwei weitere Männer stießen ihnen die glitzernden Piken-spitzen in die Brust. Bei den schrecklichen Schreien zuckte Neville zusammen. Sein Atem ging stoßweise, während er das Massaker beobachtete.
    Die Männer in den dunklen Anzügen gingen ganz offensichtlich nach Plan vor. Etwa sieben Vampire waren zu sehen: sechs Männer und eine Frau. Die schwarz Gekleideten umzingelten die sieben, packten die um sich schlagenden Arme und stießen die rasiermesserscharfen Pikenspitzen tief in ihre Körper. Blut spritzte auf den dunklen Boden. Einer nach dem anderen fanden die Vampire so ihr Ende. Neville zitterte haltlos. Ist das die neue Gesellschaft?, fragte er sich. Er versuchte sich einzureden, dass die Männer sich gezwungen gesehen hatten, das zu tun, aber der Schock brachte schrecklichen Zweifel mit sich. Mussten sie es denn wirklich auf diese Weise tun? War das brutale Gemetzel notwendig? Warum hatten sie die Nacht gewählt, wenn sie die Vampire tagsüber und auf gnädigere Weise zur ewigen Ruhe hätten schicken können?
    Die Nägel bohrten sich noch tiefer in die Handflächen seiner bebenden Fäuste. Die schwarz Gekleideten gefielen ihm nicht und ihre methodische Schlächterei widerte ihn an. Sie wirkten auf ihn eher wie Ungeheuer als wie Menschen, die die Umstände zu etwas zwangen. Er las hämischen Triumph in ihren weißen, harten Gesichtern, auf die die Scheinwerfer fielen. Ja, grausame Gesichter waren es.
    Plötzlich erschrak Neville. Wo war Cortman?
    Sein Blick wanderte suchend über die grässliche Szene auf der Straße. Cortman war nicht zu sehen. Er drückte sich ganz dicht an das Guckloch, um den Blickwinkel zu vergrößern. Er wollte nicht, dass sie Cortman erwischten, das war ihm plötzlich klar geworden. Er wollte nicht, dass Cortman auf diese Weise vernichtet wurde. Ein innerer Schock verhinderte, dass er seine Gefühle analysierte, aber er spürte, dass er mehr für die Vampire empfand als
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