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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld
Autoren: Eva Völler
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Restaurant, es machte richtig Appetit. Durch die geschlossene Tür hörte man eine Frau lachen, untermalt von Kindergesang. Es klang nach einer großen, fröhlichen Familie.
    Lars Liebermann war schon auf der nächsten Treppe. »Im dritten Stock wohnt nur ein alleinstehender älterer Herr. Sehr ruhiger und höflicher Typ. Von dem werden Sie kaum was hören.«
    Dann waren wir endlich oben im vierten Stock. Die eine der beiden Türen führte zum Dachboden mit ein paar Abstellräumen, wie Lars Liebermann mir erklärte, und die andere zu der freien Wohnung. Der Makler schloss die Wohnungstür auf. Der Flur war schmal und fensterlos, aber Lars Liebermann stieß sofort eine weitere Tür auf. »Das Wohnzimmer.«
    Der Raum war relativ groß, wurde aber von einer durchgehenden Dachschräge förmlich erdrückt. An der zum Nachbarhaus ausgerichteten Stirnseite gab es ein Fenster, und gegenüber der Tür ein weiteres, das in der Schräge eingelassen war und eher einer Luke als einem Fenster ähnelte. Die Wände waren mit leicht angeschmuddelter Raufaser tapeziert, und der Bodenbelag bestand aus Linoleum, dessen Farbe irgendwann vor vielen Jahren vermutlich mal blau gewesen war.
    »Die Wände können Sie nach Ihrer Wahl anstreichen«, sagte Lars Liebermann. »Dafür müssen Sie beim Auszug nicht renovieren.« Er ging zurück in den Flur und öffnete die nächste Tür. »Badezimmer. Klein, aber alles vorhanden.«
    In Wahrheit war das Bad so winzig, dass man sich kaum darin umdrehen konnte. Es bot gerade genug Platz für die Benutzung von Dusche, Klo und Waschbecken, vorausgesetzt, man war nicht über eins sechzig groß oder gewöhnte sich beizeiten daran, auf dem Weg von der Dusche zur Tür – es ging um die Ecke unter der Schräge hindurch – ziemlich weit den Kopf einzuziehen.
    »Das ist … sehr platzsparend«, erklärte ich, weil ich das Gefühl hatte, irgendwas Höfliches beisteuern zu müssen. Über die stumpfgelben Fliesen und die verkalkten Armaturen sagte ich lieber nichts.
    »Da muss man mal mit ein bisschen Essigessenz dran, dann blinkt das alles wieder«, sagte Lars Liebermann, der anscheinend Gedanken lesen konnte.
    Der nächste Raum war eine winzige, fensterlose Gruft von höchstens vier Quadratmetern.
    »Ah, die Abstellkammer«, sagte ich.
    »Eigentlich ist es das dritte Zimmer, das ich erwähnte«, meinte Lars Liebermann. »Man kann ohne Weiteres ein Bett reinstellen. Der Vorteil ist, dass man hier im Dunkeln schlafen kann. Viele Leute haben es sehr gern dunkel, wenn sie schlafen. Und hier drin braucht man nicht mal Rollläden.«
    Jetzt, wo er es erwähnte, fiel mir auf, dass ich in der Wohnung sowieso noch keine gesehen hatte, zumindest nicht an den beiden einzigen bisher gesichteten Fenstern.
    Lars Liebermann ging voraus in das richtige zweite Zimmer, das ungefähr halb so groß war wie das Wohnzimmer, aber trotzdem geräumig wirkte, denn hier wurde die Schräge durch eine breite Gaube mit großem Fenster aufgelockert.
    »Schön ruhig«, sagte Lars Liebermann. »Kein Straßenlärm, denn unten ist nur der Garten.«
    »Oh. Kann ich mal sehen?« Ich ging zum Fenster und öffnete es. Das heißt, ich wollte es öffnen, aber bei meinem Versuch, das klemmende Ding aufzuziehen, brach der Hebel ab. Erschrocken starrte ich den Metallgriff in meiner Hand an, dann legte ich ihn schnell aufs Fensterbrett.
    »Keine große Sache«, sagte Lars Liebermann. »Das bringt der Hausmeister in Ordnung.« Er deutete auf die letzte Tür in der Wohnung. »Hier wäre die Küche.«
    Die lag fast komplett unter der Schräge, aber dafür gab es ein recht großes Dachfenster, und in dem einfallenden Sonnenlicht war das altertümliche Interieur gut zu erkennen. Die erwähnte Einbauküche bestach durch unverfälschtes Sechzigerjahre-Design: beige-braune, geriffelte Resopalfronten, zerkratzte Arbeitsflächen und eine vorsintflutliche Dunstabzugshaube. Es sah so ähnlich aus wie bei meinen Großeltern, als ich noch ein Kind gewesen war. Ich dachte an die Designerküche in Klaus’ Villa, und in mir krampfte sich alles zusammen. Aber ich biss die Zähne zusammen. Ich würde der Vergangenheit nicht hinterherheulen! Mit ein bisschen gutem Willen und Fantasie war diese Küche hier nicht wirklich schäbig, sondern … Retro-look.
    »Wo ist die Spülmaschine?«, fragte ich betont sachlich.
    »Nicht vorhanden. Aber dafür gibt es einen Wasch- und Trockenkeller. Das heißt, Sie müssen sich weder eine Waschmaschine noch einen Trockner zulegen.«
    Daran
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