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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld
Autoren: Eva Völler
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zwar im Wege der Zwangsversteigerung für die Grundschuldgläupiker. Darf ich Sie jetzt pitten, die Räumung nicht zu pehindern? Das wäre nämlich Widerstand gegen Vollstreckungspeamte und eine Straftat.«
    Während ich verschreckt zur Seite wich und die Möbelpacker ausschwärmten, erklärte mir der Gerichtsvollzieher mit vielen P die Sachlage. Klaus’ Vorstadtvilla war bis unters Dach mit Hypotheken belastet, und weil er die fälligen Raten nicht mehr gezahlt hatte, war schließlich Antrag auf Zwangsversteigerung gestellt worden. Dass ich davon keine Ahnung gehabt hatte, lag natürlich daran, dass Klaus es mir verheimlicht hatte.
    »Was ist denn mit dem Darlehen, das ich Herrn Pieper gegeben habe?«, erkundigte ich mich mit angstvoll klopfendem Herzen bei dem Gerichtsvollzieher.
    »Wann war das?«
    »Gleich nach meinem Einzug, vor viereinhalb Monaten. Da hatte ich nach dem Verkauf meines Elternhauses und meines Weingeschäfts ziemlich viel Geld auf dem Konto. Klaus brauchte es nur für eine Zwischenfinanzierung. Er wollte mir das Geld eigentlich sofort zurückzahlen, aber dann … dann trennten wir uns und wollten das Darlehen irgendwie mit diesem Haus hier verrechnen.«
    Der Gerichtsvollzieher schüttelte bloß den Kopf.
    Immer noch in der Hoffnung, dass das alles sich ganz schnell aufklären ließ, wählte ich mit zitternden Fingern Klaus’ Handynummer und wartete mit angehaltenem Atem, dass er sich meldete, doch es ging nur die Mailbox dran.
    »Klaus!«, rief ich, als die Automatenstimme mich zum Hinterlassen einer Nachricht aufforderte. »Du musst sofort herkommen! Hier passiert gerade etwas Furchtbares! Sie räumen das Haus leer! Sie sagen, es wäre wegen einer Zwangsversteigerung! Wie kann das sein? Du hast mir doch versprochen, dass …«
    Tuuut. Die Sprechzeit war vorbei. Spontan wollte ich noch einmal anrufen und den Rest erzählen, aber dann ließ ich es sein, denn allmählich dämmerte mir, dass der Grund für all das hier nicht etwa ein Irrtum war, sondern nur meine eigene Dämlichkeit. Mir blieb jedoch keine Zeit, genauer darüber nachzudenken, denn gerade kamen zwei Möbelpacker mit der Le-Corbusier-Lederliege aus dem Wohnzimmer ins Freie gestapft. Zwei andere fingen an, den Dielenschrank leer zu räumen und die Jacken und Mäntel in Umzugskisten zu packen.
    »Das sind meine Sachen!«, rief ich entsetzt. »Sie können doch nicht einfach meine Sachen mitnehmen!«
    Der Gerichtsvollzieher war kein Unmensch. Meinen nachweislich eigenen Besitz durfte ich behalten.
    Alles, was Klaus gehörte, wurde erbarmungslos aus dem Haus und in den Transporter geschleppt. Meine Habseligkeiten durfte ich in Kisten verstauen und sie mithilfe der Möbelpacker in der Garage abstellen, aber das auch nur kulanzhalber und bis zum nächsten Morgen, dann musste alles weg sein.
    Und nicht nur meine Sachen hatten zu verschwinden, sondern auch meine Person. Ich war nämlich weder Mieterin noch Eigentümerin, sondern quasi nicht existent – Klaus hatte bei Gericht ausdrücklich angegeben, das Haus sei unbewohnt.
    »Verstehen Sie?«, fragte der Gerichtsvollzieher mich, nachdem er mir alles erklärt hatte. Dabei sah er mich an, als hätte ich den IQ einer Fußmatte. »Sie könnten theoretisch auch eine x-peliepige Hauspesetzerin sein. Sie ahnen nicht, was wir schon alles hatten! Wenn Sie auf ein Nutzungsrecht pochen und es nicht peweisen können, käme Sie das teuer. Und Sie müssten trotzdem raus. Das muss pedacht werden.«
    Ich wollte nichts pedenken, aber mir blieb keine Wahl, wenn ich nicht auf der Straße wohnen wollte.
*
    Deswegen lag ich nun hier auf Doros Sofa und konnte an nichts anderes denken als an mein verkorkstes Leben. Ich fing an zu heulen, weil alles so schrecklich war. In diesem Moment ging die Schlafzimmertür erneut auf, und diesmal kam Doro heraus. Eigentlich wollte sie nur aufs Klo, aber dann hörte sie mein Schniefen und kam zu mir. Sie setzte sich neben mich auf die Sofakante und streichelte mir übers Haar. »So schlimm?«
    Ich nickte bloß und heulte weiter.
    »Willst du reden?«
    »Nein«, sagte ich dumpf.
    Das war für sie völlig in Ordnung. Sie hörte zu, wenn ich reden wollte, und wenn ich einfach nur flennen wollte, hielt sie meine Hand, bis ich wieder aufhörte. Praktischerweise hat meine Freundin Doro ein riesengroßes Herz, und wenn es sie nicht gäbe, hätte ich die letzten Monate, vor allem aber die letzte Woche, wahrscheinlich in wesentlich schlechterer Verfassung überstanden. Wenn
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