Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
der Schließfächer an. » Falls er hier eins hatte.«
    »Bingo!«, rief Doro. Sie hatte es gefunden.
*
    Ich musste mich an der Wand abstützen, als Doro mir die Goldbarren zeigte.
    »Mein Gott«, sagte sie. »Das muss … Warte mal. Ein Kilo wäre … Und das hier ist …« Sie rechnete fieberhaft und ging sogar mit ihrem Handy online, um den genauen Tagespreis zu ermitteln. Schließlich blickte sie ehrfürchtig auf. »Zweihunderttausend. Mindestens!« Sie ließ ein Jauchzen hören. »Charlotte! Dein Geld ist noch da! Oder jedenfalls das meiste davon!« Sie fischte ein Stück Papier aus dem Fach. »Schau mal, das hat jemand aus einer Zeitung rausgerissen und was draufgekritzelt. Ziemliche Klaue. Was heißt das?«
    »Zeig her.«
    Die handschriftliche Notiz stammte von Klaus, und ich konnte sie problemlos lesen. Es waren nur drei Worte.
    Für meine Enkel.
    »Oh nein!«, sagte Doro langsam, als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Du denkst jetzt nicht das, was ich denke, dass du es denkst! Das kommt überhaupt nicht infrage, klar?!«
    »Es gehört mir nicht«, sagte ich einfach. Klaus’ Notiz stand auf einem Stück Zeitungspapier, das mehr als drei Jahre alt war. Es war eine Geburtsanzeige.
    Doro sah es und schluckte. »Maximilian … Das ist der Kleine, oder? Dann hat Klaus damals, als … Er hat das Gold gleich nach der Geburt des Jungen hier für die Kinder gebunkert.«
    »Und es nie angetastet«, ergänzte ich leise. »Nicht mal, als ihm das Wasser bis zum Hals stand.«
    Dass ich weinte, merkte ich erst, als Doro mich in den Arm nahm.
    »Gott, Charlotte, es tut mir so leid für dich! Das muss schrecklich bitter für dich sein!« Sie machte eine kurze Pause. »Vielleicht könnten wir einen einzigen kleinen Barren …«
    Ich schüttelte den Kopf, denn das war nicht der Grund für meine Tränen; das Geld hatte ich sowieso schon lange abgeschrieben. Es war, weil … weil ich plötzlich etwas von dem Schmerz fühlte, den Klaus damals empfunden haben musste. Vielleicht war es auch mein eigener Schmerz, weil es so wehgetan hatte, ihn zu verlieren. Nur eines wusste ich ganz genau: Er hatte Jennifer und die Kinder geliebt, er hatte nur nie einen Weg gefunden, es ihnen zu zeigen. Bis heute.
*
    Adrian meinte, es sei besser, zu niemandem ein Sterbenswörtchen über das Gold zu sagen.
    »Streng genommen gehört es zum Nachlass. Ein paar Erbsenzähler wären vermutlich sogar der Ansicht, dass es Unterschlagung wäre, es einfach zu behalten. Von daher könnten alle möglichen Leute ihre gierigen Hände auf die Barren legen, wenn sie erst rauskriegen, dass da noch was zu holen ist. Und damit meine ich nur die Leute, die sich für ihre Forderungen schon Gerichtsurteile besorgt haben. Mit anderen Worten, du müsstest dich da sowieso ganz hinten anstellen.«
    »Das ist mir egal«, sagte ich. »Ich habe mir schon genau überlegt, wie ich Jennifer das Erbe der Kinder zukommen lasse, denn ich habe eigentlich überhaupt nichts damit zu tun. Ich gebe ihr einfach den Schlüssel und sage ihr, wo das Schließfach ist.«
    Sie würde dann dort nicht nur das Gold finden, sondern auch den Zeitungsausschnitt mit der Notiz ihres Vaters. Alles Weitere würde sie von allein verstehen.
    Adrian sah mich lange an, nachdem ich ihm das erklärt hatte. Schließlich schüttelte er leicht den Kopf. »Weißt du was? Ich frage mich schon die ganze Zeit, wieso ich so ein verdammtes Glück habe. Wo warst du eigentlich all die Jahre? Manchmal sitze ich da und denke, ich sollte mich kneifen.«
    »Ich mich auch«, stimmte ich zu – wieder mal grammatikalisch absolut daneben, aber wen kümmerte das schon.
    »Übrigens hat das Restaurant noch mal angerufen. Ich glaube, dieser Jonas Voss will dich wirklich gern sprechen.«
    Auch das noch! Doch dann straffte ich mich und wählte die Nummer, die Adrian mir notiert hatte. Nach allem, was ich schon hinter mir hatte, konnte es nicht mehr viel schlimmer kommen.
    Ich hörte mir fassungslos an, was Jonas Voss zu sagen hatte, stellte ab und zu eine aufgeregte Zwischenfrage, und schließlich bedankte ich mich mit zittriger Stimme und legte auf.
    Adrian hatte mich lächelnd beobachtet. »Und?«
    »Ich habe einen Job«, sagte ich ungläubig. »Als Sommelière. Ich kann schon am nächsten Ersten anfangen!«
    »Was hast du denn gedacht, warum er dich sprechen wollte?«, meinte Adrian mit gutmütigem Spott.
    »Keine Ahnung. Jedenfalls nicht deswegen.« Ich konnte es immer noch nicht fassen. Allein mein Anfangsgehalt lag um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher