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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld
Autoren: Eva Völler
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ein Drittel über dem, was ich im Monatsdurchschnitt in meinem Laden erwirtschaftet hatte. Und Jonas Voss hatte mir sogar eine zusätzliche Umsatzbeteiligung in Aussicht gestellt!
    Plötzlich fühlte ich mich, als könnte ich abheben und fliegen, wenn ich es nur wollte.
    »Fertig!«, brüllte es von nebenan.
    Ich zuckte zusammen.
    »Sitzt er auf dem Klo?«, fragte Adrian.
    »Nein, das kam aus dem Wohnzimmer.«
    »Aber er hat eine Windel an, oder?«
    »Ich fürchte nein. Oh Gott, ich glaube, ich habe keine sauberen Waschlappen mehr.«
    Adrian lachte. »Dann sollten wir vielleicht mit ihm runter in den Hof gehen und den Gartenschlauch benutzen.«
*
    Der Rest ist schnell erzählt, eigentlich passierte nichts Besonderes mehr bis zu Jennifers Rückkehr, denn sie kam schneller wieder nach Frankfurt, als ich erwartet hatte. Schon drei Tage nach der Entbindung stieg sie mit ihrem neuen Lebensgefährten Simon und dem Baby (das ebenfalls Simon hieß) in ein Flugzeug und stand ein paar Stunden später bei mir vor der Tür. Jennifer ertrank in Tränen der Wiedersehensfreude, während Adrian, Olga und Simon – der ein wirklich netter Mensch mit untadeligen Manieren war – gemeinsam Reisebettchen, Spielzeugkisten und sonstigen Kram aus der Wohnung schleppten. Die daraufhin plötzlich wieder sehr leer und kahl und renovierungsbedürftig aussah.
    Dann war es an der Zeit, Abschied zu nehmen. Olga küsste mich rechts und links auf die Wangen und meinte, irgendwann müssten wir mal zusammen eine Flasche Wodka leer machen.
    Die Kinder turnten durch die Gegend, sie sprangen begeistert um den Baby-Safe mit dem schlafenden kleinen Simon herum, von dem außer einem weißen Mützchen und einem winzigen Näschen nicht viel aus der Decke hervorschaute, mit der er eingepackt war.
    Nach ihrem Vater hatten die beiden noch nicht gefragt. Ich wusste nicht, ob das ein gutes Zeichen war, hoffte aber, dass um der Kinder willen alles ohne Verletzungen ablief, damit sie nie dasselbe erleben mussten wie ihre Mutter.
    Ich reichte Jennifer den Schlüssel und einen Zettel. »Der Schlüssel gehört zu einem Schließfach deines Vaters. Und auf dem Zettel steht die Adresse von der Bank und die Schließfachnummer. Das ist alles … inoffiziell, also solltest du es für dich behalten.«
    Sie nahm den Schlüssel ein wenig erstaunt, aber kommentarlos entgegen, und ich war froh, ihn endlich los zu sein.
    »Verlier ihn nicht«, sagte ich dennoch vorsorglich. »Und lass Mäxchen nicht damit spielen.«
    Sie räusperte sich ein wenig unbeholfen. »Kinder, sagt Tschüss und Danke zu Charlotte.«
    Das war der Moment, vor dem ich mich gefürchtet hatte. Ich spürte den Riesenkloß in meinem Hals und weinte nur deshalb nicht, weil ich wusste, wie sehr es die Kinder verstört hätte. Und weil Adrian im Hintergrund wartete, ruhig und verlässlich wie immer.
    Paulinchen und Mäxchen standen vor mir und blickten mit großen Augen zu mir auf. Ich ging vor ihnen in die Hocke und streckte die Arme aus. »Kommt her, ihr zwei.« Ich umschlang sie beide gleichzeitig, vergrub meine Nase in den weichen Locken und küsste die runden Bäckchen.
    »Es war eine sehr schöne Zeit mit euch. Ihr seid die besten und liebsten Kinder der Welt.«
    Einmal noch drückte ich sie fest an mich, dann stand ich auf und wich rasch einen Schritt zurück. Adrian war sofort bei mir. Er legte den Arm um mich und gab mir den Halt, den ich brauchte, und als er merkte, dass ich zitterte, hielt er mich noch fester.
    Jennifer schickte die Kinder mit Olga nach unten. Sie selbst blieb im Türrahmen stehen und druckste ein bisschen herum. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll«, begann sie. »Alles, was du für mich getan hast … Ich bräuchte noch deine Kontonummer …«
    »Bitte mach das nicht«, bat ich sie. »Es ist alles gut. Ich habe es gern getan. Du hast so wundervolle Kinder.«
    »Danke für das Foto, das du mir geschickt hast«, sagte sie, und dann fing sie plötzlich an zu weinen. »Wenn du wüsstest, was in London …«
    Ich wusste es ja. Aber ich konnte es nicht sagen.
    »Ist schon gut«, meinte ich nur.
    Sie schüttelte schluchzend den Kopf. »Tut mir leid, das sind die Hormone. Ich bin die ganze Zeit so durcheinander.«
    Wie aus dem Nichts war auf einmal Simon da, er umarmte Jennifer und hielt sie fest. Und da wusste ich, dass er sie wirklich liebte und dass zwei Wochen genug sein konnten. Bei mir hatten sie ja schließlich auch gereicht.
    »Wiedersehen, und vielen Dank für alles«,
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