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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich
Autoren: Penny Hancock
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enthielt es Gifte, die einen lähmen konnten. Das Wasser fühlte sich dickflüssig an und klebte auf meiner Haut. Unter der stinkenden Oberfläche war nichts zu erkennen. Da drin kann man Fotos entwickeln, sagten die Leute. Es war kaum noch Wasser, eher eine Chemiebrühe. Beim Schwimmen spürte ich, wie etwas meine Beine streifte. Die kribblige Berührung einer Plastiktüte, einen Knuff von etwas Großem, Schleimigem. Ich versuchte, gar nicht daran zu denken, was mich noch berühren, was an mir lecken könnte. Oder mich sogar fressen.
    In der Mitte des Flusses fuhr ein Wasserbus vorbei, dessen Fahrgäste fröhlich winkten. Die Anlegestellen an der Isle of Dogs lagen unter einer dicken, grauen Dunstglocke. An den Lastkähnen versuchte ich mich nach oben zu ziehen, wie die Jungs es getan hatten, aber ich rutschte an der Algenschicht am Rand ab. Ich zog mir Splitter in die Hände und brach mir die Nägel ab, als ich mich an der Seitenwand festkrallen wollte.
    »Schwächling!«, rief Mark. »Echt armselig, was, Seb?«
    »Lass sie ihn Ruhe«, sagte Seb, und mir ging das Herz auf. Nahe beim Heck fand ich einen Reifen an der Schiffswand, in den ich den Fuß stemmen konnte, um an Bord zu klettern. Die Jungs hatten aus einem alten Fischernetz eine Tasche gebastelt, sie an ein Seil gebunden und darin Bierdosen und Chipstüten mitgebracht. Die Bierdosen hatten sie im Netz ins kühlende Wasser gehängt. Wir legten uns auf den heißen Holzboden, wo uns von draußen niemand sehen konnte, und ließen von der Sonne unsere nasse Kleidung trocknen. Es machte leise Klopf Klopf Klopf , wenn die Kähne zusammenstießen. Dann fuhr ein Polizeiboot vorbei und schlug solche Wellen, dass die Kähne schwankten, knarrten und erschreckend heftig aneinanderknallten und wir herumgeworfen wurden wie in einem Sturm.
    Als sie wieder still lagen, gab es nichts außer der Sonne, dem brennend heißen Holz und uns. »Mach mal so«, sagte Seb zu mir und formte mit den Lippen ein O.
    Ich tat, was er wollte. Er nahm einen Schluck Bier, beugte sich über mich, presste seine Lippen auf meine und ließ die Flüssigkeit langsam in meinen Mund sickern. Sie schmeckte nach Blech und fühlte sich im Vergleich zu ihm kühl an. Mir wurde komisch, als würden meine Beine in der Sonne schmelzen. Dann wandte sich Seb zu Mark um und tat mit ihm das Gleiche. Danach sollte ich es bei beiden machen. Er wollte sehen, wie sich das anfühlte, sagte er. Ständig war er neugierig darauf, wie sich etwas anfühlen würde. Es war wunderbar, wenn die kalte Flüssigkeit zwischen warmen Lippen herausfloss, und so machten wir weiter und tranken gegenseitig aus unseren Mündern, bis das Bier lauwarm wurde.
    »Berühr meine Zunge mit deiner«, sagte Seb, also tat ich es. Mark sah zu. Seb schlang seine Zunge um meine und küsste mich lang und heftig. Er schmeckte nach Bier und Fluss.
    »Das ist ja eklig«, meinte Mark, und Seb löste sich von mir und küsste stattdessen ihn. Danach hielt Mark die Klappe.
    »Ich tauche jetzt unter den Booten durch«, sagte Seb.
    »Nicht, Seb. Wieso willst du das machen?«
    »Wieso will man irgendwas machen? Ich will sehen, ob ich es kann.«
    »Und wenn dir auf halbem Weg die Luft ausgeht?«
    »Stell dich nicht so an.«
    Mark stand lachend auf und sagte: »Du spinnst«, als Seb ins Wasser sprang und unter den Kähnen verschwand.
    »So ein gehirnamputierter Blödmann«, lästerte Mark, während wir auf der anderen Seite auf Seb warteten. Ich wollte, dass er ruhig war. Ich wollte selbst die Luft anhalten, bis Seb zurück war, um sicher zu sein, dass man das konnte. Um sicher zu sein, dass Seb leben würde.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis er auftauchte und den Kopf schüttelte, um das Wasser aus den Ohren zu bekommen. Dann packte er die Reling und war blitzschnell auf das Boot geklettert.
    »Na los, du bist dran«, sagte Seb, und Mark, der nicht so mutig war, redete sich damit heraus, er müsse nach Hause. Wir sahen ihm nach, als er zum Ufer schwamm. Dann sollte ich mich auf Seb legen.
    »Zieh das Kleid aus«, befahl er. Ich gab ihm eine Ohrfeige.
    »Autsch!« Er drehte den Kopf zur Seite und sagte: »Mach schon.«
    »Nur wenn du deine Unterhose ausziehst.«
    »Abgemacht.«
    Er streifte seine Hose ab, ich schälte mich aus meinem Kleid. Weil ich noch nicht so weit entwickelt war, um einen BH zu tragen, lag ich mit nacktem Oberkörper auf ihm, und wir schienen miteinander zu verschmelzen, unsere Körper fügten sich perfekt aneinander. Wir waren wie Teile eines
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