Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich
Autoren: Penny Hancock
Vom Netzwerk:
bin.
    »Vielleicht ist es ja nicht wichtig, aber ich weiß nur, dass sie mich gebeten hat, für sie zu lügen und zu sagen, ich wäre am Freitag mit ihr im Dampfbad gewesen.«
    »Sie sollten für sie lügen?«
    »Ja.«
    »Also war sie nicht im Dampfbad. Hat sie Ihnen gesagt, wo sie wirklich war?«
    Ich zucke mit den Schultern. Helen wollte nicht, dass ich jemandem von dem Pub erzähle. Also tue ich es nicht.
    »Mein Gott«, sagt Mick. »Das wird ja immer schlimmer.«
    Er sieht mich so niedergeschlagen an, dass ich ihn gern trösten würde. Doch sie brauchen eine Erklärung für Jez’ Verschwinden. Und Helen bietet sich perfekt als Verdächtige an. Nur ich kann ihnen die ersehnte Möglichkeit geben, mit der Sache abzuschließen.
    »Sie hatte sich in den Gedanken verbissen, Jez hätte Barney gegenüber einen unfairen Vorteil bei der neuen Schule, weil er auf der Zwölfsaiter spielen kann.« Langsam erwärme ich mich für meine Aufgabe. »Sie hat immer wieder davon angefangen. Als käme sie nicht davon los. Sie hat gesagt, Jez hätte Barney die Zukunft versaut. Als wollte sie irgendwas rechtfertigen.«
    Ich spüre, wie Maria mich ansieht.
    »Das ist sehr seltsam«, sagt sie. »Helen wusste nichts von der Zwölfsaiter. Das war unser Ass im Ärmel. Für sein Bewerbungsgespräch. Jez musste mir versprechen, dass er davon niemandem etwas sagt.«
    Meine Gedanken überschlagen sich. Ich habe zu viel geredet.
    »Vielleicht hat Barney ihr davon erzählt«, überlegt Mick.
    »Auf keinen Fall.« Maria steht auf, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Er hätte niemandem gesagt, was er vorhat, besonders nicht Barney und Helen.«
    »Na ja, ich fürchte aber, sie hat das gesagt.«
    Sie starrt mich an. »Hat sie Ihnen erzählt, dass er es schon lernt? Wann hat Helen das erwähnt?«
    »Da bin ich mir nicht sicher.«
    »Nein, ernsthaft. Ich muss das wissen.«
    Sprachlos sehe ich sie an, ich versuche, mir etwas einfallen zu lassen, irgendwas. Ich will eine Stimme herbeizaubern, um mich aus dieser Lage zu befreien. Aber ich bekomme kein Wort heraus.
    Dann fährt Maria fort. »Jez wollte sich genau an dem Tag das Album von Tim Buckley von Ihnen leihen, richtig? Nehmen Sie mir die Frage nicht übel, Sonia, aber warum sind Sie heute hergekommen?«
    »Sie macht sich Sorgen um Helen«, sagt Mick.
    »Hören Sie.« Endlich finde ich meine Stimme wieder. »Es tut mir leid. Helen kommt bestimmt zurück. Ich muss jetzt gehen. Ich habe es Mick auch schon angeboten, aber wenn ich helfen kann, sagen Sie Bescheid.«
    Zurück im Flusshaus gehe ich direkt nach oben zu Jez. Setze mich auf sein Bett. Stehe wieder auf und laufe auf und ab. Ich nehme die Zwölfsaiter in die Hand.
    »Du spielst doch, oder?«
    »Ich habe gerade erst angefangen.«
    »Und das war ein Geheimnis? Helen wusste nichts davon?«
    »Ähm, nein. Mum wollte das nicht. Ich habe ihr versprochen, dass ich nichts sage, Sonia. Was ist los? Lassen Sie mich jetzt raus? Ich fühle mich besser. Ich könnte gehen.«
    Ich gehe zu der Bücherwand, klettere auf einen Schemel und sehe durch eines der Oberlichter. Unten ziehen Boote Furchen durch das Wasser. Ein Segelboot aus hellem Holz jagt mit knatterndem Großsegel über den Fluss, und ich sehe Seb, wie er mit einer Hand an der Pinne am Heck steht, perfekt ausbalanciert in dem schwankenden Boot, und sich vorbeugt, um das Vorschot zu richten. Sein rotes T-Shirt und die Rettungsweste in Orange verschmelzen mit dem Segel, das auf einen blutroten Streifen am Himmel über uns zeigt, und ich sehe ihm sprachlos zu. Drei Rotschattierungen vermischen und spiegeln sich im Wasser. Sebs geschickte Hände, der Fluss, der ihn mit aller Macht besiegen will. Aber das kann er nicht, dachte ich, das wird ihm nie gelingen.
    »Sonia?«
    »Du liebst diesen Ausblick doch auch, oder? Du wolltest hierbleiben, als du ihn zum ersten Mal gesehen hast. Sag mir, dass das stimmt.«
    »Nicht weinen, Sonia. Wissen Sie, Sie können die Tür aufmachen und mich gehen lassen, und ich werde niemandem etwas verraten. Ich sage einfach, ich musste mal allein sein. Bitte nicht weinen. Es ist schon gut.«
    Ich will sein Mitleid nicht. So war das nicht vorgesehen, und ich bin wütend auf mich.
    Ich weine nicht um Helen oder aus irgendeinem edlen Grund. Ich weine, weil ich spüre, wie er mir entgleitet. Das Seil rutscht mir durch die Finger, meine Arme werden schwach. Ich halte fest, aber an den falschen Dingen.

K APITEL A CHTUNDDREISSIG
    Mittwoch
    Sonia
    Es klingelt an der Tür. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher