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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich
Autoren: Penny Hancock
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Teenager unsere Musik cool finden. Er spielt zu Hause sogar meine alten Platten! Ich konnte in dem Alter mit der Musik von meinen Eltern nichts anfangen. Wir waren als Generation wohl was Besonderes, wir hatten alles. Sex, Drogen, Rock’n’Roll. Sie sind neidisch. Deshalb machen sie uns nach. Aber sie verstehen es nicht richtig, nicht so wie wir.«
    Tim Buckley. Was hat Jez noch mal über seine Musik gesagt? An dem Tag, an dem er ins Flusshaus gekommen ist? Er hat für mich Gitarre gespielt, während sich der Nachmittag verdunkelte, und den Rotwein getrunken, den ich für Kit aufheben sollte. Musik zu machen sei für ihn das Gleiche gewesen »wie zu reden«.
    »Sie bringen den Leuten bei, wie sie sich mit ihrer Stimme ausdrücken können«, hatte er gesagt. »Aus dem gleichen Grund spiele ich Gitarre.« Das war Jez’ Art, eine Verbindung zu mir aufzubauen, mir zu zeigen, wie überraschend gut wir uns verstanden. Maria schätzt ihn falsch ein. Mütter kennen ihre eigenen Kinder nie. Nur ich kenne den wahren Jez.
    »Vielleicht sollte ich mal mit Maria vorbeikommen«, sagt Mick. »Du würdest das Haus von Sonia und Greg gerne mal sehen, oder, Maria?«
    »Natürlich. Das wäre wunderbar«, sagt sie zu mir, als wäre es meine Idee gewesen. »Helen mag es auch sehr. Sie haben sich in letzter Zeit ja öfter gesehen. Aber gestern Abend nicht, oder?«
    »Das habe ich sie schon gefragt«, sagt Mick.
    »Ich fände es ja verdammt rücksichtslos, dass sie trotz der Sache mit Jez einfach so abhaut«, sagt Maria, »aber wir sind alle halb wahnsinnig vor Sorge. Es ist die Hölle, so gar nichts zu wissen, das können Sie mir glauben, Sonia. Es gibt auch einen Namen für diese … diese Trauer. ›Uneindeutiger Verlust.‹ Man kann ihn nicht verarbeiten. Man weiß nicht, wann es ein Ende hat. Man hofft immer weiter, jeden Morgen denkt man beim Aufwachen, vielleicht ist es vorbei. Vielleicht war es ein Traum. Er ist hier, in seinem Bett. Dann begreift man langsam, die Angst kehrt wieder, diese Furcht in der Magengrube, alles fängt von vorne an.«
    Ich kann nur nicken.
    »Helen hat Ihnen nichts von Jez erzählt, oder? Langsam machen wir uns nämlich wirklich Sorgen, dass sie vielleicht …«
    »Nein, machen wir nicht«, sagt Mick.
    »Aber die SMS … und wo war sie am letzten Freitag? Sie sagt es niemandem. Und seit diesem Tag wird er vermisst!«
    Das ist meine Chance. Ich schlucke.
    »Sie hat mir erzählt, dass ihr Selbstvertrauen in letzter Zeit gelitten hat«, sage ich. »Deshalb hätte sie so viel getrunken. Sie hat geglaubt, sie wäre nicht gut genug.«
    »Genau deswegen ist die Polizei beunruhigt!«, sagt Maria. »Das stimmt, Mick! Sie hat sich wirklich komisch benommen. Sie glaubt, die Leute würden über sie reden, bei der Arbeit würde man an ihr rummäkeln.«
    »Und wir beide waren uns einig, dass man in so einer Situation nach einem Sündenbock sucht«, meint Mick. »Wir wollen wissen, was mit Jez passiert ist. Wenn man sonst nichts hat, klammert man sich an einen Strohhalm. Nichts anderes macht die Polizei. Und du jetzt auch.«
    »Oh!«, ruft Maria. Sie ist sichtlich sprunghaft, ihre Gefühlslage scheint von Minute zu Minute umzuschlagen. »Versuch doch bitte mal, es von meiner Warte aus zu sehen! Glaubst du etwa, ich will meine eigene Schwester verdächtigen? Mich trifft das mehr als jeden anderen. Aber unterm Strich hat Helen immer mit mir konkurriert. Jez hat sich am selben College wie Barney beworben, und sie wusste, dass Jez den Platz bekommt. Sie ist so eifersüchtig und ehrgeizig. Und nicht immer vernünftig, wenn sie trinkt. Ich weiß, wie schwer das für dich ist. Aber du musst den Tatsachen ins Auge sehen, Mick.«
    »Ich weiß und du weißt, dass sie mit Jez’ Verschwinden nichts zu tun hat.«
    »Zwischen uns gab es schon immer Geschwisterrivalitäten«, erklärt mir Maria, als hätte ich das nicht selbst mitbekommen. »Das reicht lange zurück. Dafür müssten Sie den Hintergrund kennen. Da kann man schon auf den Gedanken kommen, ob alles wieder hochgekocht ist, weil Jez hier war. Vielleicht hat die Polizei doch recht. So schrecklich die Vorstellung ist.«
    »Wir haben uns auch nicht gerade einwandfrei benommen.« Mick funkelt sie böse an.
    »Das kann man in einer so schwierigen Situation auch von niemandem verlangen«, verteidigt sich Maria.
    Es ist schon viel Zeit vergangen, ich habe Jez länger allein im Musikzimmer gelassen, als ich wollte. Jetzt muss ich doch zu Ende bringen, weswegen ich hergekommen
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