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Ich arbeite in einem Irrenhaus

Ich arbeite in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite in einem Irrenhaus
Autoren: Martin Wehrle
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Bedeutung der Firma? Große Firmen, die kleine Anzeigen schalten, sind oft vom Geiz zerfressen. Seien Sie sicher, dass eine solche Firma nicht in die Spendierhosen schlüpft, wenn Sie mehr Gehalt wollen oder eine wichtige Investition für die Zukunft ansteht. Dagegen können großformatige Anzeigen unbekannter Firmen auf Hochstapelei und unseriöse Geschäftsmodelle hinweisen – erst recht, wenn hohe Gehälter für wenig Arbeit versprochen werden: »10000 Euro, halbtags, von zu Hause«.
    3. Erscheinungsmedium
    Die Reichweite der Anzeige sagt viel über den Horizont der Firma aus. Eine Firma, die nur im Stadtblättchen inseriert, denkt nicht über die eigene Region hinaus. Das wird beim Geschäftsmodell kaum anders sein. Hier müssen Sie mit starren Strukturen und einer Abwehrhaltung gegenüber neuen Ideen rechnen.
    Wenn eine Ausschreibung nur auf der Firmenhomepage steht, kann ein Unternehmen knapp bei Kasse sein. Oder ein Knauserverein. Oder nur schlampig genug, eine schon längst besetzte Stelle nicht aus dem Angebot genommen zu haben.
    Großformatige Print-Anzeigen in mehreren überregionalen Tageszeitungen, in denen das Unternehmen sich selbst bejubelt, sind oft Teil einer Imagekampagne. Das kann auf Geltungsdrang, auf Gigantomanie und darauf hinweisen, dass die ausgeschriebenen Positionen gar nicht existieren.
    4. Stil und Gestaltung
    Je steifer der Schreibstil, je konservativer das Layout der Anzeige, desto bürokratischer und verbohrter die Firma. Wenn zum Beispiel die »mangelnde Förmlichkeit der firmeninternen Abwicklungen« gepriesen wird, zählt der hölzerne Stil mehr als der von ihm transportierte Inhalt (Lockerheit); dagegen wäre die Formulierung »Wir arbeiten flott und unbürokratisch« glaubwürdiger.
    Achten Sie gezielt auf solche Inkongruenzen, auf Abweichung zwischen Form und Inhalt – sie können auf verschleierten Irrsinn hinweisen.
    5. Headhunter sucht
    Eine Firma, die über Headhunter sucht, hat gute Gründe dafür. Zum Beispiel: Derjenige, dessen Job neu vergeben wird, weiß noch nichts von seinem Unglück. Oder die Mitarbeiter sollen nicht in Unruhe versetzt werden, weil der x-te Vorgesetzte in kurzer Zeit bei ihnen aufschlagen wird. Oder bei Kunden und Geschäftspartnern soll die Illusion von Konstanz aufrechterhalten werden.
    All das lässt ein Klima der Geheimniskrämerei, starres Hierarchiedenken und mangelnde Wertschätzung der Mitarbeiter befürchten – gerade dann, wenn die ausgeschriebene Position keinen seltenen Spezialisten oder hochrangigen Manager erfordert, sondern auch durch ein Eigeninserat zu besetzen gewesen wäre.
    6. Ansprechpartner
    Ist ein Ansprechpartner genannt, mit Mail- und Telefondaten? Werden Sie ausdrücklich eingeladen, sich bei Rückfragen an ihn zu wenden? Falls keine Kontaktperson, ja nicht mal eine Telefonnummer genannt ist, scheint dieses Unternehmen direkte Kommunikation für Zeitverschwendung zu halten – erst recht gegenüber Mitarbeitern, die ihren Arbeitsvertrag schon unterschrieben haben.
    7. Eintrittstermin
    »Zum nächstmöglichen Zeitpunkt« heißt: »Bei uns brennt die Hütte! Seien Sie Feuerwehrmann! Retten Sie, was noch zu retten ist!« Klar, dass Sie sich an solchen Jobs die Finger verbrennen und nicht mit einer geregelten Einarbeitung rechnen können. Außerdem: Warum ist der Job so kurzfristig frei? Heißt der Cheforganisator »Chaos«? Hat der bisherige Stelleninhaber das Handtuch geworfen? Oder wurde er vor die Tür gesetzt?
    Fragen Sie im Vorgestellungsgespräch unbedingt nach, wo der Vorgänger geblieben ist. An dieser Firmenkultur kann etwas faul sein.
    8. Leistungsgerechtes Gehalt
    Das Wort »leistungsgerecht« verwenden Firmen gerne dann, wenn das Gehalt eben nicht gerecht ist, sondern allzu sehr von der Leistung abhängt. Eine solche Formulierung kann der Vorbote eines geringen Grundgehalts, einer Abhängigkeit von Prämie und Provision sein. Solche Firmen rennen blind dem Profit hinterher und führen ihre Mitarbeiter nicht mit reizvollen Tätigkeiten und Zielen (also intrinsisch), sondern nur mit einem gewedelten Geldschein (also extrinsisch). Sind die Arbeit und die Firma an sich denn so reizlos?
    9. Flexibilität
    Der Wunsch nach »hoher Flexibilität« – zumal prominent betont – kann ein Hinweis sein, dass es in einer Firma drunter und drüber geht. Pfeift der scharfe Wind einer Restrukturierung durchs Haus? Stehen Fusionen oder Umzüge an? Wird eine Reisetätigkeit von Ihnen verlangt? Oder ständige Ortswechsel?
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