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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens
Autoren: Sarah Beth Durst
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Eiskanal hätte sich auftun können, und du wärst direkt ins Meer gefahren.«
    »Ich weiß«, wiederholte sie. Was hätte sie denn sonst auch sagen sollen? Sie würde sich nicht herausreden, sich nicht entschuldigen. Ein paar Jahre zuvor hätte sie das vielleicht noch getan, aber sie war kein Kind mehr. Wenn sie erwartete, wie eine professionelle Wissenschaftlerin behandelt zu werden, dann musste sie sich auch wie eine benehmen.
    Er sah sie immer noch finster an.
    Cassie spürte, wie sie rot wurde, doch sie zwang sich, nicht wegzusehen. Sie würde sich um keinen Preis einschüchtern lassen.
    Ihr Vater seufzte. »Bericht«, forderte er.
    »Mit diesem Bären stimmt etwas nicht.« Cassie holte tief Luft, und dann sprudelte es nur so aus ihr heraus. Sie erzählte, wie sie das Tier aufgespürt hatte und wie es in das Eis hineingegangen war. Wie sie die Nische in dem Presseisrücken untersucht und keinerlei Spuren gefunden hatte, die aus ihr herausführten. Wie sie die Umgebung abgesucht hatte, meilenweit über das Packeis gefahren war, ohne auch nur das geringste Anzeichen des Bären zu finden. Damit endete sie und machte sich darauf gefasst, dass Dad ihren Bericht in der Luft zerfetzte.
    Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen wich aller Ärger aus dem Gesicht ihres Vaters. Er legte sein Klemmbrett auf den Tisch und nahm sie fest in die Arme. »Ich hätte dich verlieren können«, sagte er.
    Das war neu. »Dad«, sagte sie und wand sich in seinem Griff. Mit seinem Zorn hatte sie gerechnet. Aber eine Umarmung? In ihrer Familie umarmte man sich nicht. »Dad, bitte! Es geht mir gut. Ich weiß, was ich tue. Du musst dir keine Sorgen machen.«
    Kopfschüttelnd gab ihr Vater sie frei. »Ich hätte wissen müssen, dass dieser Tag einmal kommen würde«, sagte er. »Deine Großmutter hatte recht.«
    Unbeholfen tätschelte sie seine Schulter. »Das nächste Mal nehme ich Verstärkung mit«, versprach sie. »Ich werde den Bären erwischen. Du wirst schon sehen.«
    Doch er schien ihr gar nicht zuzuhören. »Dieses Jahr ist es für eine Bewerbung schon zu spät, aber ich habe ein paar Freunde an der Universität von Alaska, die mir noch einen Gefallen schulden. Du kannst bei einem von ihnen im Labor arbeiten und dich dann nächstes Jahr zum Studium bewerben.«
    Was? Was hatte er da gesagt? Sie waren sich doch einig gewesen, dass sie hierbleiben und Fernkurse belegen würde. Auf gar keinen Fall würde sie die Station verlassen. »Dad … «
    »Du kannst bei deiner Großmutter in Fairbanks wohnen. Sie wird ganz aus dem Häuschen sein vor Freude, dass sie recht behalten hat. Seit du fünf warst, hat sie versucht, mir das einzureden. Aber ich war zu egoistisch und wollte dich hier bei mir behalten. Ich werde Kontakt mit Max aufnehmen, damit er dich hinfliegt.«
    Sie starrte ihn an. »Ich will aber nicht weg«, sagte sie. Sie war gerne hier auf der Station! Ihr Leben war hier. Sie wollte – nein, musste – in der Nähe des Eises sein.
    Ihr Vater betrachtete sie eindringlich, so als sähe er sie zum ersten Mal. »Du gehst«, sagte er dann mit stahlharter Stimme. »Tut mir leid, Cassie, aber es ist nur zu deinem Besten.«
    »Das kannst du nicht einfach so entscheiden.«
    »Wenn deine Mutter hier wäre, würde sie es auch wollen.«
    Cassie fühlte sich, als hätte sie einen Hieb in die Magengrube bekommen. Er wusste ganz genau, wie Cassie zu ihrer Mutter stand, wie sehr sie sich wünschte, sie wäre hier, wie sehr sie sich wünschte, sie hätte sie gekannt. Das als Waffe zu benutzen, um einen Streit zu gewinnen, war ein gemeiner Schlag unter die Gürtellinie. Cassie schüttelte den Kopf so heftig, als wollte sie alles aus ihm herausschleudern, was ihr Vater gesagt hatte. »Ich werde nicht gehen«, wiederholte sie. »Das hier ist mein Zuhause .«
    Ihr Vater – der aus lauter Angst, seine Gefühle zu zeigen, ihre Kindheit der Großmutter und ihr Heranwachsen einem Stapel Biologie-Lehrbücher überlassen hatte – , ihr Vater hatte Tränen in den Augen. »Jetzt nicht mehr«, sagte er sanft. »Das kann es jetzt nicht mehr sein.«

Kapitel Zwei
    Geografische Breite: 70° 49 ' 23 " N
    Geografische Länge: 152° 29 ' 25 " W
    Höhe: 3 m
    CASSIE SAH BLINZELND AUF IHREN wECKER: DREI UHR MORGENS.
    Was machten die da bloß? Es hörte sich an, als würde die ganze Station vor ihrer Tür herumtrampeln. Sie hätte schwören können, sogar das Geräusch eines Flugzeugmotors gehört zu haben. Cassie warf ihre Bettdecke beiseite und fuhr sich mit
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