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Titel: iBoy
Autoren: Kevin Brooks
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in die Crow Town. Zum Compton House.«
    »Weiter fahr ich nicht.«
    »Was ist?«
    »Weiter fahr ich nicht   … macht £ 9,50.«
    »Nein, Sie verstehen nicht   –«
    »Ich fahr nicht in die Crow Town, klar?«
    »Machen Sie sich doch nicht
lächerlich
«, seufzte Gram. »Da ist es absolut
sicher
, verdammt noch mal.«
    »Tja   … mag ja sein. Sie können entweder hier aussteigen |38| oder ich fahr Sie zurück zum Krankenhaus. Wie Sie wollen.«
    »Aber es regnet«, bat Gram. »Und mein Enkel ist gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden   …«
    Der Taxifahrer zuckte die Schultern. »Tut mir leid.«
    Gram seufzte, aber sie wusste, es hatte keinen Zweck, sich mit ihm anzulegen. Sie zahlte, klappte ihren Laptop zu und steckte ihn in ihre Tasche. Wir stiegen aus und machten uns auf den Weg.
     
    Es war nicht weit, aber ich war in den letzten Wochen kaum gelaufen – überhaupt hatte ich in den letzten Wochen nicht viel gemacht   –, darum war ich wirklich müde, als wir das Compton House erreichten.
    »Willst du einen Moment stehen bleiben?«, fragte mich Gram, als wir den Platz vor dem Eingang überquerten. »Du siehst ein bisschen blass aus.«
    »Nein, alles okay, danke«, sagte ich. »Außerdem sind wir ja gleich da.«
    Als wir zum Eingang kamen, schwang die Tür auf und ein paar Jugendliche schlenderten nach draußen. Es waren ungefähr sechs, alle in den üblichen Kapuzenshirts und Trackpants. Einer von ihnen hatte einen braunen Staffordshire-Bullterrier an einer starken Kette bei sich. Die meisten kannte ich – Eugene O’Neil, DeWayne Firman, Yusef Hashim, Carl Patrick. Alles Gang-Kids, Crows, und genau in diesem Moment stießen sie sich gegenseitig an und deuteten lachend und grinsend in meine Richtung.
    »Hey, Harvey«, rief O’Neil. »Was macht der Kopf?«
    Die andern lachten.
    »Yo, schau dir mal die Narbe an, Mann«, sagte jemand.
    |39| »Ja, Kacke, der ist scheiß Harry Potter   …«
    »Ignorier sie einfach«, sagte Gram leise zu mir. »Jetzt komm   …«
    Als wir weiter auf die Tür zugingen, traten die sechs Jungs zur Seite, um uns vorbeizulassen, hörten aber nicht auf, ihre Kommentare abzugeben.
    »Geiler Haarschnitt, Mann.«
    »Leih uns mal dein Handy.« »Ja, hab gehört, du hast jetzt ein iPhone   –«
    »Hat er kaputt gemacht.«
    »Scheiß iKopf, würde ich sagen   …«
    »iHirn   …«
    Wir gingen gerade durch die Tür, da schnippte etwas Heißes gegen meinen Hinterkopf, und als ich mich umdrehte, sah ich einen brennenden Zigarettenstummel auf dem Boden wegrollen. Ich schaute zu den Jungs zurück. Ich wusste nicht, wer die Kippe geschnippt hatte, aber das war auch egal. Ich hatte ja nicht vor, irgendwas dagegen zu tun. Ich sah sie nur einen Moment lang alle an, dann drehte ich mich um und ging weiter hinein in das Hochhaus. Gerade als die Tür hinter mir wieder zuschwang, hörte ich noch ein paar Abschiedsgrüße.
    »Bis später, Arschgesicht.«
    »Ja, bis später, iBoy.«
     
    Ich konnte nicht anders, ich musste ganz einfach vor mich hin lachen, als ich mit Gram zum Fahrstuhl ging.
    »Was ist?«, fragte mich Gram. »Was gibt es so Lustiges?«
    »Nichts   …« Ich sah sie grinsend an. »Also ich find ja   …
iBoy
… weißt du, das klingt doch richtig gut.«
    Gram zuckte die Schultern. »Jedenfalls besser als Arschgesicht.«
     
    |40| Sämtliche Hochhäuser der Crow Town haben dreißig Stockwerke und in jedem Stock gibt es sechs Wohnungen. Macht zusammen 180   Wohnungen pro Block, alles in allem also 1440.   Jedes Stockwerk sieht in allen Gebäuden ungefähr gleich aus. Überall gibt es einen zentralen Flur, von dem zu beiden Seiten die Wohnungen abgehen. Am einen Ende des Flurs ist der Fahrstuhl, auf der anderen Seite das Treppenhaus.
    Der Fahrstuhl im Compton ist gewöhnlich okay.
    Na ja, nicht
okay
– er stinkt, er ist versifft und er fährt auch nur
ganz
langsam   –, aber zumindest funktioniert er fast immer. Das liegt daran, dass die Leute, die so was normalerweise verwüsten, selbst hier wohnen und natürlich keine Lust haben, jeden Tag die Treppen raufzulaufen, also lassen sie den Fahrstuhl in Ruhe. Deshalb funktioniert er die meiste Zeit. Und das Treppenhaus ist damit frei für andere Zwecke – um Drogen zu nehmen, Sex zu haben, Leute zusammenzuschlagen   … was in Treppenhäusern eben so alles passiert.
    Ich war inzwischen so müde, dass ich mich, wenn der Fahrstuhl außer Betrieb gewesen wäre, nur noch hätte auf den Boden legen und warten können, bis er
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