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I love you, honey

I love you, honey

Titel: I love you, honey
Autoren: Mara Martin
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überlasse ihm meine wenigen Habseligkeiten. Auch wird er das Café auflösen. Ich brauche mich um nichts mehr zu kümmern.                    
    Ich mache mit Hachiko einen letzten Spaziergang. Wir halten beim Gemüsestand an und ich verabschiede mich. Der Händler schenkt mir eine Tüte mit Granatäpfeln und wünscht mir ,,Bonne Chance“,,,Viel Glück.“ Auch der alte Petersilienverkäufer winkt mir zu. In allen Geschäften, wo ich erzähle, dass ich wieder nach Deutschland gehe, bekomme ich etwas zum Abschied geschenkt. Bald habe ich eine Tüte voll mit Schokoladenriegeln, kleinen Kuchen und Fladenbrot. Ich bin überwältigt von so viel Herzlichkeit und werde ganz sentimental. Auf dem Rückweg gehen Hachiko und ich noch bei den Wächtern vorbei und auch sie wünschen mir alles Gute.
    Als wir uns dem Haus nähern, erwarten uns Strolchi und Happy. Sie hocken auf der Mauer und beobachten die Straße. Ich schließe die Tür auf und sie  springen sofort in den Garten. Hier habe ich so viele Stunden verbracht, Schöne aber auch Traurige. Ich nehme innerlich Abschied und lasse meinen Blick schweifen: Der Rosenstrauch und der Margeritenbusch stehen gerade in voller Blüte, die Palmen haben neue Blätter bekommen und die Kakteen sind gewachsen. Ich betrachte die Blumen, die Kamal gepflanzt hat. Ich erinnere mich an den Nachmittag an meinem Geburtstag, als er im Garten gearbeitet hat und unser Zusammensein so harmonisch war. Der Himmel ist wolkenlos und strahlend blau und es ist sehr warm. Jetzt fliegt ein Storch vorbei, landet auf der Mauer und stakst hin und her. Über mir zieht gerade eine Formation Zugvögel laut kreischend gen Norden. Happy und Strolchi jagen umher und versuchen, sich gegenseitig einzuholen. Ich mag dieses Stück Natur um mich herum und werde es in Deutschland vermissen. Man kann eben nicht alles haben! Ein letztes Mal sprenge ich den Garten und nehme die trockene Wäsche von der Leine.
    Plötzlich merke ich, wie mir die Tränen kommen. Ich gehe zur Veranda und setze mich auf die Stufen. Auf einmal kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, das alles hier zu verlassen. Ich weine und weine und kann gar nicht mehr aufhören. Ich trauere um meine verlorene Liebe und meine geplatzten Träume. All´ die ungeweinten Tränen der vergangenen Jahre kommen jetzt zum Ausbruch. Ich wollte immer stark für Kamal und ihm eine Stütze sein, aber es hat nichts genutzt. Ich habe das Gefühl, versagt zu haben. Hachiko kommt zu mir und ich kraule sein Fell. ,, Morgen machen wir eine lange Reise,“ sage ich zu ihm, ,,aber wir werden das schon schaffen.“ Er blickt mich eindringlich an, als ob er mich verstehen würde. Ach, könnte ich doch noch einmal von vorne anfangen! Aber was würde ich dann anders machen? Langsam beruhige ich mich etwas, aber fühle mich eigenartig leer. Ich gehe mit Hachiko in die Wohnung. Dann ziehe ich mich um, schminke mich und warte auf Kamal. Er hat angekündigt, dass er heute etwas früher kommt. Ich hoffe, die Nacht wird nicht allzu lang, so dass ich morgen früh die Reise ausgeruht antreten kann.
    Ich weiß nicht, wie ich die Wartezeit überbrücken soll. Ich bin unruhig und angespannt. Zum Glück kommt Kamal wenig später. Er ist heute gut gekleidet. In der dunkelbraunen Wildlederjacke passend zu einem khakifarbenen Oberhemd und einer dunklen Stoffhose sieht er sehr adrett aus. Aber er riecht wieder nach Alkohol und seine Augen sind rotgeädert. Er ist in Begleitung von zwei stark alkoholisierten Männern in den Dreißigern, die ich noch nie vorher gesehen habe. Sie setzen sich unaufgefordert an den Tisch und holen vier Weinflaschen aus einer Plastiktüte. Meine Hoffnung auf eine ruhige Nacht ist zerstört. Kamal geht in die Küche und bringt drei Gläser mit. ,,Sit with me“, fordert Kamal mich auf und ich rücke einen Stuhl an seine Seite. Heute ist mir auch nach Rotweintrinken zumute und wir trinken, wie immer, aus einem Glas. Ich merke, wie ich melancholisch werde. Das ist also mein letzter Abend in Marokko! Ich glaube, Kamal hat seine Freunde mitgebracht, weil er das Alleinsein mit mir vermeiden möchte. Es überfordert ihn. Mit keinem Wort erwähnen wir meine Abreise.
    Es ist eine laue , windstille Spätsommernacht. Die Sterne funkeln am Himmel und der Vollmond taucht den Garten in fahles Licht. Von überall ist das Zirpen der Zikaden zu hören. Kamal hat das Radio angestellt und es spielt englische Popmusik. Er führt eine rege Unterhaltung mit seinen Freunden.
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