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Hybrid

Titel: Hybrid
Autoren: Andreas Wilhelm
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die entsetzten Teenager bis zur Hüfte im Wasser. Es war der Tsunami-Effekt en miniature . Den Jungs machte es nicht viel aus, sie grölten und begannen, mit Wasser um sich zu spritzen, sie waren scharf darauf, eine Miss Wet-T-Shirt zu küren, und kurze Zeit später waren die Mädchen so verärgert, dass sie erst zurückschlugen und schließlich mitlachten.
    Tom überlegte, ob vielleicht ein aufreizendes Foto dabei herausspringen könnte. Er beugte sich über den Tisch, zog seine Umhängetasche herüber, öffnete sie und entnahm ihr seine Spiegelreflexkamera. Mit einem halb nackten Teenagerbusen ließ sich auch ein todlangweiliger Lückenfüller-Bericht verkaufen. Mit einer passenden Headline wie »Geiles Strandwetter« oder »Praller Sommer« oder was auch immer sich die Leute in der Schlussredaktion dazu einfallen lassen mochten. Andererseits war vermutlich keines der Mädchen da unten über sechzehn, und dann würde es ohnehin nur wieder Ärger geben.
    Noch immer kreischten die Jugendlichen. Tom verzog den Mund. So urkomisch war das Geplansche nun auch wieder nicht.
    Aber ihr Kreischen hatte einen anderen Klang bekommen. Die Schreie waren viel lauter, schriller …
    Es waren Entsetzensschreie!
    Tom stand ruckartig auf. Etwas war passiert.
    Er hob die Kamera ans Auge und zoomte heran. Zwei Mädchen standen herum und brüllten, einer der Jungen schwamm und versuchte, ein anderes der Mädchen zu erreichen, das offenbar Schwierigkeiten hatte.
    Tom warf sich die Nikon um den Hals, drängte sich an den anderen Tischen vorbei und lief zur Terrasse. Am Strand stolperte er weiter zum Flussufer. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass jemand aus dem Rettungshäuschen der DLRG gerannt kam. Ein sportlicher Typ, mit verdammt großen Schritten. Er überholte Tom scheinbar mühelos, warf sich ins Wasser und pflügte los.
    Tom erreichte das Ufer, lief gerade so weit, dass seine Schuhe nicht im Schlick versanken, blieb stehen, stützte sich auf die Oberschenkel und japste nach Luft. Keine hundert Meter gelaufen und schon am Ende seiner Kraft. Aber es war auch Sandboden. Schließlich richtete Tom sich auf und beobachtete durch den Zoom seiner Kamera, was geschah. Das Mädchen schlug mit aufgerissenen Augen um sich, als der Typ sie erreichte. Er ergriff sie an den Schultern, redete auf sie ein, aber sie nahm kaum Notiz von ihm. Schließlich umfasste er sie, zog sie nach hinten und schleppte sie aus dem Wasser. Noch immer hieb sie um sich, wandte sich in seinem Griff und trat um sich. Als sie dem Ufer näher gekommen waren und ihre Füße den Boden berührten, rappelte sie sich energisch auf, schüttelte alle helfenden Hände ab, rannte los, brach aber nach wenigen Schritten zitternd zusammen, fiel auf die Knie, würgte und erbrach sich in den Sand.
    Die Freunde und Schaulustigen sammelten sich um das Mädchen. Es gab kein Herankommen. Aber Tom bemerkte, dass der Rettungsschwimmer, der wusste, dass seine Kollegen bereits mit einem Sanitätskoffer aus dem Häuschen herbeiliefen, zurück zum Wasser eilte. Hatte sie dort etwas verloren?
    Kaum einer beachtete, wie sich der Schwimmer noch eine Zeit lang draußen im Wasser aufhielt, hin und her schwamm und offenbar einen Bereich gewissenhaft absuchte. Einige Male tauchte er unter, bis er schließlich etwas festhielt und sich damit auf den Rückweg machte. Tom schoss zwei Bilder für den Fall, dass man den Augenblick der Entdeckung später verwenden konnte. Auf jeden Fall sah es so dramatischer aus, als wenn man ihn später an Land sehen würde, mit dem verlorenen BH oder dem Ed-Hardy-Portemonnaie der Kleinen in den Händen.
    Aber es war keines von beidem. Tom sah einen weißen Turnschuh aufblitzen, als der Rettungsschwimmer an ihm vorbeiging.
    »Hey, warten Sie mal«, rief er dem Mann zu.
    »Ich habe jetzt keine Zeit, tut mir leid.«
    Tom lief ihm hinterher. »Ich bin Journalist. Können Sie mir sagen, was da gerade los war? Und was haben Sie gefunden?«
    Der Mann blieb stehen und drehte sich ihm halb zu. Was er bei sich trug, verbarg er hinter seinem Körper. »Sie wollen es nicht sehen. Ich muss die Behörden informieren.«
    »Die Behörden?« Tom hob die Kamera an. Konnte wohl doch noch spannend werden. »Los, zeigen Sie schon.«
    »Dem Mädchen ist übrigens nichts passiert. Sie hat nur einen Schock.«
    Tom winkte ab. »Hab ich gesehen. Das Mädchen ist mir egal. Nun machen Sie nicht so ein Geheimnis daraus. Oder wollen Sie morgen nicht in der Zeitung stehen?«
    »Haben Sie schon was
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