Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hybrid

Titel: Hybrid
Autoren: Andreas Wilhelm
Vom Netzwerk:
Wirklich.«
    »Was gab’s denn so Eiliges?«, fragte Tom. Er wusste noch nicht, ob am Ende dieses Gespräches Geld oder Ärger für ihn herausspringen würde, daher war noch Zurückhaltung angebracht. Nur die Formalitäten wollte er gerne überspringen.
    »Ich will dich gar nicht lange aufhalten, hast ja bestimmt viel zu tun«, sagte Gregory. »Ich weiß doch selbst noch, wie das war. Von einem Termin zum nächsten, nicht?«
    »Hm, ja genau.«
    »Also, es geht natürlich um die Geschichte aus dem Beachclub.« Gregory beugte sich vor. »Ich habe ja so meine eigene Vermutung, aber ich wollte gerne wissen, wie du das siehst. Was denkst du: Wird das eine größere Story?«
    Auf diese Frage war Tom nicht gefasst. Bei aller jovialen Attitüde, die Gregory zur Schau stellte, waren sie keineswegs alte Freunde, die sich gegenseitig beraten würden. Wenn der Chefredakteur der Ansicht war, ein Externer hätte eine heiße Geschichte am Wickel, würde er einen Teufel tun, es ihm auf die Nase zu binden. Schließlich ging es um die Honorare für Text und Bilder. Was also bezweckte Gregory?
    »Schwer zu sagen«, antwortete Tom. »Vielleicht ein Gewaltverbrechen, aber vielleicht auch bloß ein Unfall …«
    »Hast du noch mehr Fotos?«
    »Klar. Aber mehr als zwei zur Auswahl braucht ihr ja nicht.«
    Gregory nickte. »Jetzt noch nicht, nein. Aber ich sage dir was.« Er machte eine verschwörerische Geste, als wolle er Tom heranwinken. »Ich will, dass du an der Sache dranbleibst! In zwei Wochen beginnt die MedExpo. Während der ganzen Messe werden die Zeitungen voll sein mit Ankündigungen, Anzeigen und Artikel zum Thema Gesundheit, es wird internationale medizinische Fachtagungen in den Hotels geben, Experten-Interviews, Talkshows, der ganze Budenzauber. Bis dahin wollen wir uns ein bisschen munitionieren. Du weißt schon, die Privatisierung der Krankenhäuser noch mal thematisieren, Skandale im Pflegesektor, und eine Story mit abgerissenen Füßen, die die Elbe runtertreiben und den Touristen auf die Strandlaken gespült werden, wäre wirklich passend.« Er legte seine Hände zusammen. »Leider ist dein Bericht dafür noch ein bisschen dünn.«
    Tom lächelte künstlich. »Und soll ich mir jetzt noch ein paar mehr Extremitäten aus dem Arsch ziehen oder was?«
    Der Chefredakteur schüttelte den Kopf. »Tom, Tom, nein, natürlich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass man da ein bisschen mehr Fleisch dran bekommt.« Er grinste. »Oha, böses Wortspiel, was? Wie auch immer, also ich will, dass du die Sache im Auge behältst. Wo kam der Fuß her, wo ist er jetzt, wem hat er mal gehört, und warum ist er ab? Na, du weißt schon. Ich will sehen, ob wir da noch einen Hebel ansetzen können. Okay?«
    Tom winkte ab. »Also wirklich, mein Kalender ist dicht, weißt du. Ich kann jetzt nicht irgendeiner Idee hinterherlaufen, wenn ich meinen Schnitt machen will.« Er machte eine Pause. »Wäre natürlich was anderes, wenn es eine Auftragsarbeit werden soll …«
    »Weißt du was?«, warf Gregory ein. »Warum nicht? Wir machen einen Auftrag draus. Achthundert für den Artikel, fünftausend Zeichen. Mit Zitaten aus offiziellen Quellen, Wasserschutzpolizei, Kripo oder so was, bis nächste Woche Dienstag.«
    »Eins fünf.«
    »Tausend.«
    »Tausend und zweihundert pro Foto.«
    Gregory schwieg einen Moment. »Einverstanden«, sagte er dann und reichte seine Hand über den Schreibtisch. »Und das, was du bisher abgegeben hast, das ist natürlich inklusive. Das nehme ich jetzt schon mal rein.«
    Als Tom das Gebäude verließ, grinste er breit. Er wollte der Geschichte sowieso noch mal nachgehen, und ein anderes Thema hatte er ohnehin gerade nicht in Aussicht. Gregory hatte sich jetzt zwar das heutige Material kostenlos ergaunert, aber der Rest des Honorars war in Ordnung. Vor allem, weil Tom nicht vorhatte, sich übermäßig anzustrengen. Jedenfalls nicht mehr heute.

Kapitel 2
Tagebuch von Marie Thomas – Brasilien, 12. Mai
    I ch verbrachte den Rest des heutigen Vormittags mit Tätigkeiten, die wie ein Nebel an mir vorbeizogen. Ich erinnere mich daran, dass ich, nachdem ich aus dem Fluss gekommen und wieder zurück im Camp war, eine Rastlosigkeit spürte und mich sofort um viele Dinge kümmerte, kleine, nutzlose Dinge. Vermutlich war es eine natürliche Reaktion, um mich abzulenken, um die Bilder in meinem Kopf auszublenden und das Gefühl des intensiven Ekels loszuwerden, das mich befallen hatte.
    Erst eine gute Weile nach dem Mittagessen, von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher