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Hybrid

Titel: Hybrid
Autoren: Andreas Wilhelm
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verloren und so viel brennbare Dämpfe in dem Raum erzeugt hatte, dass seine Zündschnur aus Papier sie in Brand gesetzt hätten. Aber immer noch blieb es ruhig.
    Tom stand vor dem Tunneleingang, in dem gerade die letzten Gefangenen verschwanden, und sah zurück. Nichts passierte. Sein Plan war gescheitert. Wenn er doch nur die Tür nicht verriegelt hätte! Dann hätte er direkt neben dem Generator ein Lagerfeuer entzünden können. Mit noch mehr Papier. Noch mehr Reinigungsmittel. Er hätte noch mehr Schaden …
    Er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu führen, als ein so ohrenbetäubender Knall durch das Kellergewölbe hallte, dass die Wände zu beben schienen. Zeitgleich explodierte ein Feuerball in den Gängen, und nur einen Herzschlag später wälzte er sich durch die Tür und ergoss sich hellgelb und von schwarzen Wolken umgeben in das Kellergewölbe.
    Tom wich erschrocken zurück, als ihm die Hitze auch schon entgegenschlug. Er warf sich auf den Boden und robbte, so gut es sein rechter Arm zuließ, zum Tunnel. Er konnte sehen, wie sein Schatten in das zuvor schwarze Loch des Tunnels geworfen wurde, als alles hinter ihm gleißend aufleuchtete. Verzweifelt stolperte er in das Loch. Es wurde immer wärmer, er konnte kaum atmen, und kurz darauf zog ein beißender, alles verdunkelnder Qualm an ihm vorbei und in den Gang. Tom hielt instinktiv den Atem an, aber sein Herz raste, Panik brandete in ihm auf. Es war eng, es war dunkel, er hatte keine Kraft mehr, hinter ihm brannte das Feuer, er war umgeben von giftigem Rauch. Seine Lungen brannten, sein Herz drohte ihm aus der Brust zu springen. Schließlich musste er nach Luft schnappen.
    Und wenig später brach er zusammen.

Kapitel 15
Brasilianischer Urwald, 3. August
    T om schlug die Augen auf und sah in das grausam entstellte Gesicht eines Kindes, das sich über ihn beugte.
    Der Journalist rührte sich nicht, während er versuchte einzuordnen, was er sah. Das Kind verzog den Mund zu einer Fratze und sagte irgendetwas Unverständliches. Es schien aufgeregt zu sein, aber nicht bösartig. Es rief etwas über seine Schulter und sah ihn dann wieder mit seinem schiefen Mund und den funkelnden Augen an. Möglich, überlegte Tom, dass es eine Art Lächeln war, das durch die verformten Gesichtszüge verzerrt wurde. Das Kind betrachtete ihn aufmerksam, legte sogar eine Hand auf die Tücher, die über Toms Brust lagen, und schien sich zu freuen.
    Tom ließ seinen Blick wandern. Über ihm befand sich die hölzerne Decke eines kleinen Raums. Nach allen Seiten wies er ebenfalls nur hölzerne Wände auf, die aus dünnen Stämmen zusammengesetzt waren. Er lag also in einer Hütte. Nun nahm er auch die Geräusche des Regenwalds wahr und wusste, dass er sich noch immer in Brasilien befand.
    »Tom!«
    Das Kind vor Toms Liege trat beiseite, und neben ihm erschien Juli. Sie strahlte, beugte sich vor und küsste Tom. »Da bist du ja wieder«, sagte sie. »Ich habe dich vermisst.« Dann deutete sie hinter sich, zum Eingang der Hütte, durch den immer mehr Menschen kamen und sich in den kleinen Raum drängten. »Wir alle haben dich vermisst!«
    »Was …«, brachte Tom hervor.
    »Du hast zwei Tage geschlafen«, erklärte Juli. »Du hast Glück gehabt. Als sie dich fanden, zogen schon Rauchschwaden durch den Tunnel. Etwas länger und du hättest dir eine so schwere Vergiftung zugezogen, dass dich auch die Medizin der Dorfschamanin nicht mehr hätte retten können.«
    »Wo sind wir hier?«
    »Die Indios haben uns in ihr Dorf mitgenommen und uns gepflegt. Dein Arm macht auch schon Fortschritte.«
    Tom erinnerte sich, dass er angeschossen worden war – und an die unsäglichen Schmerzen. Er zog versuchsweise die linke Schulter hoch. Er spürte einen Verband und ein unangenehmes Ziehen, aber es war kein Vergleich zu vorher.
    »Was ist mit Marie?«, fragte er. »Ist sie auch hier? Wie geht es ihr?«
    »Sie ist noch schwach«, sagte Juli, »aber abgesehen davon: Frag sie doch selbst!« Und mit diesen Worten trat Marie hinter Juli hervor. Sie glich ihrer Schwester tatsächlich auf erstaunliche Weise, wenngleich sie etwas ausgemergelt und blasser war.
    »Hallo Tom«, sagte sie und lächelte. »Wie fühlt man sich als wiederauferstandener Held?«
    »Ich weiß nicht«, gab Tom zurück und versuchte sich ebenfalls an einem Lächeln, das ihm mit seinem verletzten Kiefer noch immer nicht leichtfiel. »Sonderlich heldenhaft komme ich mir eigentlich nicht vor.«
    »Nun, an den Gedanken wirst du dich
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