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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen
Autoren: Tom Epperson
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Digitaluhr im Armaturenbrett. Es war Mitternacht.

Mittwoch
    T oddo Palmentola glaubte, in einem verrückten Albtraum gefangen zu sein, in dem Kühe die Hauptrolle spielten, doch dann merkte er, dass er gar nicht schlief. Sechs oder sieben Vierbeiner standen um seinen Wagen herum. So nah war er in seinem Leben noch keiner Kuh gekommen. Eine war gerade mal einen Meter entfernt. Sie gab eine Art Rülpsen von sich und schwenkte den Kopf so abrupt in seine Richtung, als ob sie ihn durchs Autofenster stecken und ihn beißen wollte. Vor lauter Panik nahm er die Pistole vom Beifahrersitz und fuchtelte mit dem Schalldämpfer vor ihren Augen herum.
    «Mach, dass du wegkommst!»
    Sie trottete mit baumelndem Schwanz davon. Grün-braune Scheiße kleckerte aus ihrem Arsch. Der Ford Taurus stand neben einem Baum, gut fünf Meter von einem Lehmweg entfernt. Wohin er auch sah, war er von hügeligen Weiden umgeben, auf denen hier und da Bäume standen. Die Sonne war gerade aufgegangen. Die Kühe grasten auf der feucht glänzenden Wiese und warfen lange Schatten.
    Die Wasserflasche war leer, trotzdem schraubte er den Deckel ab und versuchte zu trinken, ein oder zwei Tropfen waren noch drin. Er warf die Flasche nach einer Kuh, die zu nah herangekommen war. Sie prallte an ihrer Flanke ab, aber die Kuh schien das gar nicht zu merken.
    In einiger Entfernung sah er einen roten Pick-up. Er verschwand hinter einem Hügel, tauchte dann wieder auf und kam langsam näher. Spritzend fuhr er durch eine Pfütze, die noch vom Regen der letzten Nacht stammte. Dann hielt er an. Die Kühe liefen mit geblähten Nüstern auf ihn zu. Er sah einen Mann mit Baseballmütze am Steuer sitzen. Der schaute zu Toddo hinüber, dann stieg er aus. Die Wagentür fiel ins Schloss. Ein kräftiger Kerl mit Flanellhemd und Arbeitsschuhen kam auf Toddo zu. Als er Toddos geschwollenen Kopf erkennen konnte, reagierte er sichtbar schockiert auf all die blutigen Schrammen.
    «Um Himmels willen, was haben Sie denn gemacht?»
    Toddo krächzte mit verbrühten Lippen: «Unfall. Wasserkocher hochgegangen.»
    «Großer Gott. Und was machen Sie dann hier draußen?»
    «Ich habe mich verfahren. Ich wollte ins Krankenhaus. Haben Sie Wasser dabei? Ich sterbe vor Durst. So eine Scheiße.»
    «Ich habe Wasser im Wagen. Einen Moment.» Er blickte an Toddo vorbei und sah die Pistole. Dann sah er Toddo an. «Ich hole Wasser. Bin sofort wieder da.»
    Er ging zu seinem Wagen. Warf einen Blick über seine Schulter. Toddo gefiel weder der Blick noch die Art, wie er lief. Er nahm die Pistole und schoss ihm zweimal in den Rücken. Der Mann ging neben dem Pick-up zu Boden. Blieb eine Weile liegen, dann stand er schwankend wieder auf und torkelte weiter; Toddo gab mehrere Schüsse ab. Als der Mann die Mütze verlor, sah man seinen stoppeligen Bürstenhaarschnitt; eine Kugel traf seinen Schuh, dann verschwand er hinter dem Wagen.
    «Scheiße!», sagte Toddo.
    Schnell zog er das leere Magazin aus der Pistole und schob ein neues hinein. Er sah, wie die Fahrertür des Wagens geöffnet wurde, aber der Mann blieb in Deckung. Knurrend und röchelnd hievte sich Toddo aus dem Taurus und stapfte durch das Gras. Trat in einen matschigen Kuhfladen. Die Kühe waren weitergezogen und beobachteten ihn aus sicherer Entfernung. Er fixierte den Pick-up und hielt die Pistole im Anschlag, aber der Mann ließ sich noch immer nicht blicken. Er sah im Seitenfenster das Spiegelbild eines puterroten Monsters, das mit gezückter Waffe näher kam. Durchs Fenster konnte er sehen, dass der Mann bäuchlings auf der Sitzbank lag und eine Pistole aus dem Handschuhfach zog. Eine Art Cowboypistole mit langem Lauf. Toddo schoss durch das Fenster, doch im selben Moment zersplitterte die Scheibe mit einem furchtbaren Knall. Ein Stück Blei durchschlug sein Schlüsselbein; Blut spritzte aus den Muskeln und dem Fett zwischen Hals und Schulter. Er taumelte zurück und sackte zu Boden. Fluchend und röchelnd richtete er die Pistole auf das Fenster und wartete darauf, dass der Mann zum Vorschein kam. Nachdem er eine volle Minute gewartet hatte, rappelte er sich auf. Er umkreiste den Wagen im großen Bogen. Die Fahrertür war offen. Zwei Arbeitsschuhe hingen heraus, aus einem tropfte Blut.
    Der Mann hielt den Revolver noch immer in der Hand. Ein Auge war halb geöffnet, das hinterhältige Blinzeln des Todes. Toddo beugte sich vor und schoss ihm zur Sicherheit in den Kopf. Die Leiche ließ einen langgezogenen, geräuschvollen Furz
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