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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen
Autoren: Tom Epperson
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denn?»
    Sie antwortete nicht. Schüttelte nur den Kopf und öffnete die Handtasche. Nahm eine Packung Kleenex heraus und wischte sich mit einem Tuch Nase und Augen ab.
    «Gina?», fragte Gray. «Mit dir alles in Ordnung?»
    «Gar nichts ist in Ordnung. Mit dir auch nicht und mit Luke auch nicht. Mit keinem von uns.»
    «Wovon redest du?», fragte Gray.
    «Doch, Mom, es ist alles in Ordnung. Sie haben uns nicht gekriegt.»
    «Gestern Abend haben sie uns nicht gekriegt. Aber vielleicht kriegen sie uns heute. Und wenn nicht heute, dann kriegen sie uns morgen. Sie hören nicht auf. Niemals!»
    «Deshalb brauchen wir Hilfe», sagte Gray. «Das FBI . Oder jemand anderen. Wir müssen ihnen erzählen, was passiert ist. Das mit dem Marshall und deinem Mann und –»
    «Gray, du kapierst das nicht. Wir können überhaupt nichts beweisen. Na gut, Joey ist ein blöder Idiot, aber Pat ist echt gerissen. Sein ganzes langes Gangsterleben hat er keine einzige Nacht im Knast gesessen, das will schon was heißen. Er passt auf und verwischt seine Spuren. Bis jetzt hat ihn noch niemand zu fassen gekriegt.»
    Gray verstand, was sie sagte. Er dachte nach.
    «Ich weiß, dass ihr das nicht wollt», sagte er, «aber wahrscheinlich solltest du mit Luke zurück in das Schutzprogramm.»
    «Dann sind wir wieder genau da, wo wir schon vor zwei Wochen waren. Wohnen in so ’nem Kuhdorf, wo wir keinen kennen. Warten darauf, dass irgend so ’n Arschloch mit ’ner Pistole auftaucht.»
    «Gray beschützt uns», sagte Luke.
    «Und wer beschützt Gray? Es ist nicht fair, dass er ständig sein Leben für uns aufs Spiel setzen muss.»
    «Pass auf», sagte Gray. «Ich liebe dich. Und ich liebe Luke. Ich tue, was ich kann, damit ihr beide in Sicherheit seid.»
    Aus irgendeinem Grund fing Gina jetzt erst recht zu weinen an. Sie verbrauchte noch einige Kleenex. Gray und Luke ließen sie weinen. Schließlich hörten sie einen zittrigen Seufzer.
    «So kann man doch nicht leben. Wie ein verdammtes Tier, das von allen gejagt wird.»
    Dann schwiegen die drei. Der Suburban der Lingos durchquerte die Ebenen von Texas.
     
    «Seit diesem Scheißkrieg gegen die Drogen ist der Laden hier auch nicht mehr wie früher», sagte Lippy D’Alessio. «Lauter schwarze Junkies und bescheuerte potrauchende Hinterwäldler. Wir richtigen Knackis sind hier so was wie die Letzten der Mohiganer.»
    Der Name Lippy hatte schon seinen Grund. Seine Lippen waren dauernd in Bewegung. Quatschten immer wieder denselben Scheiß. Den Spruch mit den Letzten Mohiganern hatte Joey bestimmt schon fünfzigmal gehört.
    «Letzte der Mohiganer», wiederholte Lippy.
    Sie saßen auf der Tribüne am Softballplatz. Die Sonne schien, und Joey genoss die Wärme. Dabei gingen ihm Gina und Luke nicht aus dem Kopf.
    «Ja», sagte Lippy, «es ist einfach nicht mehr wie früher.»
    «Du meinst, als du noch für Capone gearbeitet hast?»
    Lippy lachte. «Ich bin alt, Joey, aber
so
alt auch wieder nicht.»
    Lippy las gern die Kundenmagazine von Supermärkten, und jetzt hielt er so ein Magazin in seinen zitternden, mit Altersflecken übersäten Händen. Durch dicke Brillengläser mit schwarzen Rahmen versuchte er, die Überschrift zu entziffern.
    «
Frau bringt bei McDonald’s auf der Toilette Kind zur Welt. Versucht, das Baby im Klo hinunterzuspülen.
Was für ’n Scheiß ist das denn, hm? Was soll aus diesem Land nur werden?»
    «Keine Ahnung, Lippy.»
    «Ich sag dir was. Ein Land, das einen Schwatten zum Präsidenten wählt, das geht vor die Hunde.»
    «Das kann man wohl sagen.»
    Blöde Fotze. Sie war schuld daran, dass er Jahr für Jahr hier festsaß und Lippy D’Alessio zuhören musste.
    «Der liebt die Enten aber heiß und innig, oder?»
    Lippy sah hinüber zum Sportplatz. Jamie fütterte seine fünf Enten mit Brot.
    «Echt, so ein Schwachkopf.»
    «He, wieso denn Schwachkopf? Ich weiß noch, ich war mal für zehn Jahre in Terre Haute. Da hatte jeder so ein blödes Streifenhörnchen. Die cleversten kleinen Mistviecher, die man sich vorstellen kann. Viele Typen haben die gefüttert. Die waren so wie Haustiere, Joey, verstehste?»
    Joey schnaubte. «Haustiere. Keine Ahnung, wozu die gut sind.»
    Er stand auf, verließ die Tribüne und ging zu Jamie. Es gab nichts zu bereden, er wollte nur etwas Abwechslung.
    Er kam an Glaspers vorbei. Der tippte mit den Fingern auf dem Display seines Smartphones herum.
    «Hallo, Glaspers. Was muss ich blechen, um auch so ’n Ding zu kriegen?»
    «’ne Menge,
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