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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen
Autoren: Tom Epperson
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Geschäfte in der Stadt. Dann kamen sie am Kirmesplatz und der Rollschuhbahn vorbei, die nicht mehr genutzt wurde. Wo jetzt ein kleiner Gebrauchtwagenplatz mit roten, weißen und blauen Wimpeln war, stand früher der Verleih für landwirtschaftliche Ausrüstung, den die Garber-Brüder betrieben hatten.
    Sie fuhren gut sechs Kilometer auf dem Highway, dann sagte Gray: «Wir sind gleich da.» Er bog in eine kleine Straße mit großen Löchern im Asphalt. Sie kamen an Zäunen und an Feldern vorbei, an ein paar Kühen und Pferden und Bäumen, einem Haus hier und einer Scheune da.
    Gina beobachtete Gray, um zu sehen, wie er das alles verkraftete. Sie wusste, diese Heimkehr bedeutete ihm sehr viel. Er wirkte müde und war unrasiert, aber abgesehen von den Bartstoppeln sah er aus wie immer.
    Er schaute sie an und lächelte, und sie lächelte zurück. In ihr keimte so etwas wie Glück, seitdem er gesagt hatte, dass er sie liebte.
    «Wann bist du das letzte Mal hier gewesen?», fragte sie.
    « 1996 , als mein Bruder beerdigt wurde.»
    «Leben deine Schwestern noch hier?»
    «Nein. Sie sind schon vor langer Zeit fortgezogen. Wir sind da.»
    Er bog nach rechts in einen unebenen Feldweg ein, der auf ein Haus zuführte. Davor stand ein Schild mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN . Das Haus war unbewohnt. Keine Vorhänge an den Fenstern, eine der Scheiben war zerbrochen. Die Farbe bröckelte ab. Zwei Krähen saßen auf dem Dach der eingebrochenen Veranda. Mit ihren leuchtenden dunklen Augen sahen sie zu, wie sie aus dem Wagen stiegen.
    «Gehört das Haus noch deiner Familie?», fragte Gina.
    «Nein, es gehört der Bank.»
    Gray ging um den Geländewagen herum und öffnete die hintere Tür. Nahm die Schaufel heraus, die die Lingos gekauft hatten, um Steve zu begraben. Gina und Luke sahen sich an.
    «Was hast du vor?», fragte Luke.
    «Ich muss hier noch etwas erledigen», sagte Gray und wandte sich an Gina: «Hol deine Handtasche.»
    «Warum?»
    «Hol sie einfach. Okay?»
    Gina zuckte mit den Schultern, noch immer verwundert. Ging zurück zum Suburban und holte ihre Handtasche. Dann folgten sie und Luke Gray, der mit der Schaufel über der Schulter um das Haus herumging.
    Sie kamen an der eingefallenen Scheune vorbei, in der Gray und Mason mit Maiskolben aufeinander losgegangen waren, während in den Sonnenstrahlen, die durch die Latten fielen, der Staub tanzte.
    Die Krähen folgten ihnen und krächzten schrill. Als wollten sie sie im Auge behalten.
    Sie kamen an ein eingezäuntes Feld. Getreide und braune Gräser wuchsen dort und schwankten leicht im Wind. Sie gingen am Feld vorbei auf einem Weg mit tiefen Furchen, der kaum den Namen verdiente.
    «Mom», sagte Luke nach einer Weile, «ich habe Durst.»
    Sie öffnete die Handtasche und nahm eine Wasserflasche heraus. Luke trank, dann trank auch sie. Sie wollte sie gerade auch Gray anbieten, als sie sah, dass er stehen geblieben war und eine große Pappel betrachtete, die direkt am Zaun stand.
    «Ist das die Stelle, wo sie ihn begraben haben?», fragte sie.
    Gray nickte.
    Luke starrte sie an. «Wo sie
wen
begraben haben?»
    «Als ich noch ein Kind war», sagte Gray, «haben mein Vater und meine Onkel jemanden umgebracht. Sie haben ihn ermordet. Und hier haben sie ihn begraben.»
    Luke hatte schon eine Menge gesehen und ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.
    «Warum haben sie ihn umgebracht?»
    «Weil er versucht hat, mir zu helfen. Er war bei der Marine. Ein Seemann», und er griff in die Tasche. «Hier ist seine Hundemarke.»
    Er gab sie Luke. Der las den Namen, der darauf eingraviert war.
    «Er hat denselben Namen wie du.»
    Gray nickte.
    «Wart ihr miteinander verwandt?»
    «Nein, er war ein Fremder.»
    Luke sah zur Schaufel.
    «Und jetzt willst du ihn ausgraben?»
    «Nein.» Er nahm die Hundemarke wieder zurück. «Ich will ihm das hier zurückgeben. Als Versuch – na ja –, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.» Es wäre zu pathetisch gewesen, das auszusprechen, was er dachte:
Um seinen Knochen einen Namen zu geben.
    Gina und Luke gingen ein paar Schritte zurück, in den Schatten des Baums. Gray fing an zu graben.
    Die Sonne hatte den Scheitelpunkt bereits überschritten. Sie schien auf ihn hinab, es war ein warmer Novembertag, und er kam bald ins Schwitzen.
    Gina saß mit Luke im Arm da. Seine Augen fielen zu, dann schlief er ein. Wenn Gray zu ihnen hinübersah, schaute auch Gina ihn an. Sie lächelte, und Gray war sehr glücklich, dass sie bei ihm war.
    Es war ganz
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