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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst
Autoren: Annette Bell
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konnte natürlich sein, daß Anja sich alleine auf den Weg zu diesem
Rendezvous machte, falls es sich überhaupt um ein solches handelte und nicht
nur um eine einfache Unterredung. Andererseits bestand die Möglichkeit, daß
Oliver seine Schritte in unser trautes Haus lenkte.
    Ich hatte mich schon an vieles
gewöhnt, nur nicht an die Ungewißheit, in der man als Hund ständig schwebt,
wenn man mit Menschen zusammenlebt. Immer dieses Rätselraten, ob dies oder das
passiert, ob sie sich so oder so entscheiden. Manchmal geht das dem
ausgeglichensten Hund an die Nerven. Ich hätte die Krümel meines letzten
Hundekuchens dafür gegeben, wenn Oliver sich hätte entschließen können, in
meinem Beisein mit Anja zu reden. Anja wollte ihn einiges fragen, und ich
wollte auch einiges erfahren. Schließlich war noch längst nicht alles geklärt,
und die Möglichkeit, mein gestriges Versäumnis gutzumachen, erregte mich und
hätte mich fast davon abgehalten, Anja die zweite Lektion in Hundebetreuung zu
erteilen. Aber das mußte zuerst erledigt werden. Und da sie keine Anstalten
machte, das Haus zu verlassen, nahm ich dies als günstiges Vorzeichen. Erstens
dafür, daß Oliver sehr wahrscheinlich doch herkommen wollte, und zweitens, daß
ich Gelegenheit haben würde, die Couch zu erobern.
    Anja ahnte nichts von meinen
Absichten. Sie stellte vergnügt das Radio an, pfiff und sang zu der Musik, die
es verströmte, und räumte mit geschickten Händen unser Zimmerchen auf. Jetzt
brauchte ich nur noch auf den Moment zu warten, da Anja die wunderschöne,
tiefe, gemütlich aussehende Couch vom Bettzeug befreit und hergerichtet haben
würde, dann war meine Stunde gekommen.
    Eine Couch ist nicht nur eine Couch.
Eine Couch ist vielmehr ein Platz, den sich fast alle Hunde der Welt erkämpfen
müssen, der Wunschtraum nicht nur jedes Dackelhundes. Wir, die wir die
Gemütlichkeit über alles lieben, sehen in diesem Möbelstück den Inbegriff des
Erstrebenswerten, für dessen Eroberung uns keine Anstrengung zu groß ist. Zwar
hatte ich noch nicht einmal gefrühstückt, aber der gerettete Hundekuchen tat’s
im Augenblick auch, er sollte vorläufig als Stärkung genügen.
    Wie ein Habicht aus sicherem Horst,
so beäugte ich Anja von meinem Korb aus. Ich sah das Kissen in der großen Truhe
verschwinden, dann das Laken, die Decke, das Deckbett und schließlich den
Deckel wieder zuklappen. So, jetzt noch ein bißchen Geduld, sobald die
Tagesdecke schön glattgestrichen war, ging’s los. Wie absichtslos trottete ich
durchs Zimmer, ließ mich friedfertig vor dem Ziel meiner Wünsche nieder und
spielerisch meinen Ball vor Anjas Füße rollen.
    »Kleines Spielchen gefällig?«
fragten meine zu ihr erhobenen Augen.
    Sie konnte nicht widerstehen, griff
sich den Ball, spuckte ein paar unsichtbare Spritzer darauf und rollte ihn
gegen die Tür.
    »Faß ihn!« Wie der Blitz war ich
hinterher, schnappte ihn geschickt auf und stand sogleich wieder augenrollend,
den Ball aber diesmal fest im Maul haltend, vor Anja.
    »Gibst du ihn her?« neckte sie mich.
Aber sobald sie danach langte, wich ich geschickt aus, rannte um den Tisch,
unter den Stühlen her, vor die Couch. Anja, vergnügt lachend, immer
hinterdrein, bis es schließlich so aussah, als gäbe es für mich keinen Ausweg
mehr. Da endlich war der Moment gekommen, den ich so schlau eingeleitet zu
haben glaubte. Ich sprang auf die Couch. Mit einem Satz war ich oben und genoß
für Sekunden das herrliche Gefühl, Sieger zu sein. Aber ich hatte die Rechnung
ohne Anja gemacht.
    »Machst du dich wohl da weg, ’runter
mit dir«, wetterte sie gespielt ärgerlich. Es nützte nichts, daß ich mich
ergeben auf den Rücken rollte, daß ich den Ball freiwillig hergab, daß ich
meine Spezialmiene für besonders traurige Fälle aufzog. Anja blieb hart. Ich
mußte das geliebte, schon fast eroberte Feld räumen. Meine Verzweiflung aber,
die Augen und Schwanz zeigten, war nicht echt, ich hielt mich lediglich an die
Spielregeln. So schnell war ich nicht zu entmutigen. Aber es gebührte nun
einmal dem Sieger, daß sich der Unterlegene, in diesem Falle ich, zerknirscht
zeigte. Ganz tief drinnen aber wußte ich: Gewonnen hat erst, wer am Schluß auf
der Couch sitzt. Im besten Falle wir beide gemeinsam, Anja und ich. Dies war
der erste
    Versuch, und wenn Anja noch nie
einen Dackel ihr eigen genannt hatte, konnte sie unmöglich wissen, was ihr noch
bevorstand.
     
    Schon
wieder klingelte es, aber diesmal an der Tür. Das konnte
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