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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst
Autoren: Annette Bell
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des Hauses
oder dessen Wächterin. Beide Möglichkeiten sind für unerwünschte Hunde gleich
ungünstig, und man sollte sie frühzeitig berücksichtigen.
    Aber Anja regelte das anders, ganz
anders.
    »Wo kommt er denn überhaupt so
plötzlich her, der Hund?«
    Anja überging diese indiskrete
Frage.
    »Nun sind Sie mal nicht so, Frau
Emmerich. Ich mag ¡a auch Ihre Katzen, und außerdem verreisen wir beide,
Schuftel und ich, wahrscheinlich bald für längere Zeit. Dann haben Sie
reichlich Gelegenheit, sich zu überlegen, ob Sie dieses liebe Kerlchen weiter
unter ihrem Dach dulden wollen oder nicht. Aber wie ich Sie kenne... Ach,
übrigens wie geht es Kiki? Ist ihre Pfote wieder heil?«
    Zuerst brummelte Frau Emmerich noch
irgend etwas unwillig in ihren sparsam sprießenden Bart, dann aber gab sie doch
Auskunft über Kikis Befinden, über die Diagnose des Arztes, über Kikis Aussicht
auf baldige Genesung und nicht zuletzt über den Stand ihrer seelischen
Verfassung.
    Ich setzte die Miene eines
gesitteten, überaus braven Hundetiers auf, und als mich endlich ein ungewollter
Blick aus Frau Emmerichs Augen traf, konnte sie sich kaum ein Lächeln
verkneifen.
    »Nettes Kerlchen eigentlich. Aber
daß er mir nicht auf meine Katzen losgeht, dann war er die längste Zeit hier.«
    Typischer Fall von rauhem Kern und
weicher Seele, stellte ich fest. Mit so einer Frau ließ sich meist recht gut
auskommen. Um ihre Katzen brauchte sie keine Angst zu haben. Was dumme
Sprichwörter auch immer sagen mögen, ich habe nichts gegen Katzen. Es gibt
genug Hunde, die mit ihnen in stiller Eintracht Zusammenleben, warum nicht ich?
Wenn es nicht ausgesprochene hinterhältige Schleicher waren, stand einer
Verlängerung meiner Aufenthaltsgenehmigung nichts mehr im Wege.
    Die letzten beiden Treppen rannten
wir im Galopp, denn ein ungeduldiges Telefon rief nach Anja. Während sie sich
atemlos meldete, suchte ich eifrig nach dem Hundekuchen, den ich gestern abend
unter meinem Kissen versteckt und bis jetzt aufgespart hatte.
    So ein Telefongespräch ist eine komische
Sache für jemand, der nur immer einen reden hört. Fragen werden beantwortet,
von denen man keine Ahnung hat, es wird über Scherze gelacht, die man nicht
mitkriegt, und stumm genickt zu Erklärungen, deren Sinn einem verborgen bleibt.
Ich habe sogar schon Leute vor diesem kleinen Kästchen mit der stets
verwickelten Schnur dienern sehen, eifrig, als stände der so Geehrte leibhaftig
vor ihnen. Das tat Anja zwar nicht gerade, aber ansonsten verlief dieses
Telefongespräch wie folgt:
    »Ach Oliver, du bist es... Nein, wir
waren eben unten, ich hörte das Klingeln auf der Treppe... Wer? Mein neuer
Freund und ich... Ja... Doch, wirklich... Ja, natürlich war ich da... Was soll
er gesagt haben, er hat mir natürlich geglaubt, warum sollte er auch nicht?...
Der Hund war ’ne Wucht. Du hättest sehen sollen, was er Debray alles vorgeführt
hat, einfach toll, sag’ ich dir. Ist mir einfach rätselhaft, wie so ein prima
Kerl von Hund in dieses Asyl kommen konnte. Ich mag ihn, ich bin überzeugt, wir
werden uns schnell aneinander gewöhnen... Ha ha ha, das glaube ich, und dann
mit mir an der Leine Spazierengehen. Das könnte dir so passen... Ja, auch das,
alles in Ordnung... Natürlich hat er mir’s erklärt, soweit er’s konnte
jedenfalls. Gewarnt hat er mich sogar, aber... Ach Unsinn, ich freue mich
richtig darauf. Ist mal was anderes, und außerdem ist dieser Auftrag die Chance, die Durststrecke zu überstehen... Ich weiß,
ja, ich weiß, daß du das nicht verstehst... Ja, ich hätte noch ein paar Fragen.
Weißt du, ich wollte mich nicht gar so dämlich anstellen bei Debray, aber mir
ist noch manches unklar... Ja, gut, du bist ein Prachtkerl... Ha ha, nein, dank
deiner angeborenen Freundlichkeit... Gut, bis gleich. Tschüß!«
    Das war’s. Ich will gerne zugeben,
daß mir der Sinn dieses Gespräches einigermaßen verschwommen war, aber ich
glaubte doch herausgehört zu haben, daß Anja sich einen Freund angelacht hatte,
von dem sie begeistert war. Von mir war auch die Rede gewesen und
merkwürdigerweise davon, daß sie Durst hatte. Daß sie sich mit diesem Oliver
verabredet hatte, war mir ebenfalls klar. Ein gutes Ergebnis, denke ich, wenn
man nichts als Gesprächsfetzen zu hören bekommt.
    Oliver — Oliver, das mußte der
Kompagnon von Debray sein. Der Mann, der Anja zu Debray geschickt hatte, durch
den sie den Tip und später den Auftrag bekommen hatte. Ob ich ihn wohl sehen
würde? Es
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