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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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der Beobachtungsscheibe zu bleiben. Dort war es kühler. Außer Geuther und Laura musste noch ein junger Polizeibeamter schwitzen, der neben der Tür Wache hielt.
    «Sie werden sich vor Ihren Kameraden rechtfertigen müssen, wenn Sie hier herauskommen. Wird sicher nicht leicht werden. Aber davon abgesehen, ich hatte da noch ein sehr interessantes Gespräch mit einer alten Dame. Kennen Sie zufällig eine Anna Neugebauer? Sie war mit einem Freund Ihres Großvaters verheiratet. Tragisch, dass beide tot sind, nicht wahr?» Laura sagte all das in einem leichten Plauderton, während der Schweiß in Bächen über ihren Rücken lief und sie befürchtete, demnächst in einer Pfütze zu sitzen. Michael Geuther aber schien abgeschaltet zu haben, saß unbeweglich vor ihr, Unterarme und Hände flach auf dem Tisch. Sein versteinertes Gesicht erinnerte Laura wieder an Putin.
    «Machen Sie Karate?», fragte sie.
    Keine Antwort.
    «Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, Anna Neugebauer … ja, sie hat mir eine interessante Geschichte von einem gewissen Dobler erzählt, und das traf sich ganz gut, denn ich ermittle zufällig in diesem Fall. Ich meine, es ist doch ungewöhnlich, dass ein uralter Mann vergiftet wird, der nicht einmal etwas zu vererben hat. Wer sollte denn ein Interesse daran haben?»
    Geuther schloss kurz die Augen und wischte sich mit einer Hand den Schweiß vom Gesicht.
    «Es ist wirklich sehr warm, nicht wahr? Diese Klimakatastrophe macht uns schon jetzt zu schaffen, obwohl sie eigentlich noch gar nicht richtig da ist. Hoffentlich wird hier bald eine Klimaanlage eingebaut. Das ist ja nicht zum Aushalten!»
    Nein, sie erzielte auch mit ihrer vermeintlichen Harmlosigkeit keine sichtbare Wirkung. Eigentlich müsste er mir allmählich an die Gurgel gehen, dachte Laura. Er hat verdammt viel Selbstbeherrschung.
    «Also, die alte Dame erzählte mir Folgendes: Aber vermutlich kennen Sie diese Geschichte …»
    Es klopfte, und Kommissar Baumann trat in den Raum, er schnappte hörbar nach Luft und winkte Laura zu sich heran.
    «Die Handyprofile sind da. Schau sie dir an!», flüsterte Baumann und drückte Laura einen Stapel Blätter in die Hand. «Er war bei Anna Neugebauer und bei Dobler. Alles belegt.»
    «Wann war er in Doblers Gegend?»
    «Am Tag des Mordes und mehrmals in den Tagen zuvor. Wahrscheinlich hat er ausgekundschaftet, wann der Essensdienst kommt.»
    «Danke.»
    Laura kehrte an den Tisch zurück, tupfte sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß von Stirn und Hals, setzte sich endlich und breitete die Blätter mit Auszügen aus dem Stadtplan von München vor sich aus. Geuthers Wege waren rot eingezeichnet.
    «Es gibt interessante neue Methoden in der Forensik», sagte sie. «Sie erfinden jeden Tag was Neues, wir Kriminalbeamten kommen gar nicht mehr mit. Eigentlich müssten wir ständig auf Fortbildung, bloß, wer fängt dann die Verbrecher?» Plötzlich wurde ihr bewusst, dass ihre Verhörmethode eine Art Folter darstellte und die naive Harmlosigkeit, die sie vorspiegelte, Ausdruck ihres Hasses war. Sie hasste diesen bewegungslosen Mann, der keinerlei Blickkontakt mit ihr aufnahm.
    Die schlimmsten Verbrecher sind diejenigen, die im Auftrag einer Ideologie morden, dachte sie. Sie sind überzeugt, dass sie im Recht sind. Sie können Tausende umbringen und denken immer noch, dass sie im Recht sind. Wie harmlos sind dagegen gewöhnliche Mörder. Sie handeln im Affekt, und hinterher bereuen sie es meistens.
    «Ja, so eine neue Methode habe ich hier gerade vorliegen. Es geht um das Verfolgen von Spuren, die Handys hinterlassen. Schon unheimlich, nicht wahr? Wir alle hinterlassen heute Spuren, die man selbst nach Wochen und Monaten nachvollziehen kann. Und natürlich haben auch Sie solche Spuren hinterlassen, Herr Geuther.»
    Sein rechtes Augenlid zuckte, sonst zeigte er noch immer keine Reaktion.
    «Wie mir mein Kollege soeben mitteilte, zeigen diese Spuren deutlich, dass Sie sich sowohl bei Anna Neugebauer als auch bei diesem Dobler aufgehalten haben. Wahrscheinlich hat die alte Dame Ihnen erzählt, dass der Dobler Ihren Großvater an die Amis verraten hat. Und Verrat wird ja in Ihren Kreisen schwer bestraft, nicht wahr? Das verjährt nie. Egal, ob es schon sechzig Jahre her ist oder nur eine Woche.»
    Nichts.
    «Nun, Sie müssen sich zu meinen Überlegungen nicht äußern. Sie müssen auch keine Fragen beantworten. Wir nehmen nur noch eine DNA-Probe von Ihnen, dann reicht das Belastungsmaterial ganz locker für
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