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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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frühstücken und Kaffee trinken. Dabei kann ich am besten nachdenken. Zu Hause verlasse ich mein Büro, geh in meine Lieblingsbar, esse ein Brioche, trinke Espresso, und mein Kopf wird klar.»
    «Also los, wir gehen ins Johanniscafé. Da ist um diese Zeit noch nichts los. Außerdem habe ich dort vor ein paar Tagen mit Ralf gegessen.»
     
    An diesem Tag war es zu heiß, um draußen zu sitzen. Selbst die Sonnenschirme brachten kaum Erleichterung. Drinnen, im Johanniscafé, war es dämmrig und roch nach kaltem Zigarettenrauch. Aber es schien ein paar Grad kühler zu sein, denn die Wirtin hatte große Ventilatoren aufgestellt. Sie bestellten Butterbrezen und Milchkaffee. Guerrini schaute sich erstaunt um.
    «Ein seltsames Lokal», sagte er und betrachtete die verblichene Landschaftstapete, die einen Wald mit sprudelndem Bach vortäuschte.
    «Hier ist seit den 50er Jahren nicht mehr renoviert worden, und genau deshalb lieben die Menschen in Haidhausen diese Kneipe. Wenn du hier sitzt, bleibt die Zeit stehen. Es riecht wie früher, es sieht aus wie früher, und selbst die Preise sind beinahe wie früher. Es ist eine Institution. Wenn es dieses Café irgendwann nicht mehr gibt, werden viele Menschen traurig sein.»
    «Du auch?»
    «Ich auch.»
    Er lächelte. «Es ist ähnlich wie Serafinas Osteria, nicht wahr?»
    Laura nickte. «Aber lass uns nachdenken. Vom Fall Dobler habe ich dir schon erzählt. Da gibt es also einen alten Herrn, der sich des Mordes bezichtigt, die Tochter einer Jüdin, die von Dobler an die Nazis verraten wurde und die genau zur Zeit des Mordes zum ersten Mal München besucht, um ihren ehemaligen Rettern zu danken. Ich habe sie verdächtigt und verdächtige sie noch immer. Aber inzwischen ist mir ein neuer Gedanke gekommen. Die Tat war sehr durchdacht, und es wurden keinerlei Spuren hinterlassen. Außerdem habe ich erst kürzlich herausgefunden, dass der Anführer der ‹Schwabinger Stürmer› der Enkel eines Nazis aus der mittleren Hierarchie war, der ebenfalls von Dobler verraten wurde. Aber an die Amerikaner.»
    Guerrini rührte nachdenklich in seinem Milchkaffee und dankte mit einem Nicken für die Butterbrezen.
    «Kann dieser Enkel wissen, dass sein Großvater von Dobler verraten wurde?»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Amerikaner Denunzianten öffentlich gemacht haben.»
    «Nein, das denke ich auch nicht. Sie wollten ja möglichst viele Informationen. Wer also konnte davon gewusst haben?»
    «Höchstens ein paar Leute in dieser Wohnbaugenossenschaft. Anna Neugebauer wusste es. Von ihr hab ich die Information.»
    «Kennt diese Anna Neu …, ich kann diesen Namen nicht aussprechen. Kennt Anna den Enkel?»
    «Ich weiß es nicht, ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen, sie hasst Nazis.»
    «Aber sie war mit einem verheiratet.»
    «Den hat sie hintergangen, indem sie eine Jüdin und ihre Tochter versteckte. Er hat nie davon erfahren.»
    «Ist sie nach dem Krieg bei diesem Mann geblieben?»
    «Ja, aber er ist vor zwanzig Jahren gestorben.»
    «Eines natürlichen Todes?»
    «Keine Ahnung.»
    «Wäre interessant zu wissen.»
    Laura schwieg und zupfte Salzkristalle von ihrer Breze.
    «Vielleicht solltest du noch einmal mit der alten Dame reden.»
    «Das ist nicht so einfach. Wenn sie nicht reden will, wirft sie mit Vasen.»
    «Wie alt ist sie?»
    «Ungefähr neunzig.»
    «Dann musst du dich beeilen, Laura.» Guerrini grinste und biss mit Genuss in seine Butterbreze. «Vor allem bei dieser Hitze!», fügte er mit vollem Mund hinzu.
    Laura zog ihr Handy aus der Tasche und rief Anna Neugebauers Nachbarin an. Aber Marion Stadler war offenbar nicht zu Hause, also hinterließ Laura ihre Mobilnummer und bat um schnellen Rückruf.
    «Ich würde diesen Neonazi nicht befragen, ehe du was gegen ihn in der Hand hast», murmelte Guerrini. «Aber ich bin hier nur im Urlaub, es ist dein Fall, Commissaria.»
    «Danke! Aber du hast den höheren Dienstgrad und bist drei Jahre älter.»
    Guerrini lachte. «Fahr schon zu deinem Neonazi. Ich halte ab sofort den Mund.»
    Peter Baumann rief an und berichtete, dass die Handyprofile am späten Nachmittag verfügbar seien.
    «Wie geht es diesem Penner?»
    «Sag nicht immer Penner!»
    «Was soll ich dann sagen? Tippelbruder, Bürger in sozialen Schwierigkeiten, Clochard …»
    «Sag einfach Ralf. Er hat nämlich einen Namen.»
    «Also, wie geht es Ralf?»
    «Schlecht.»
    «Bist du im Krankenhaus?»
    «Nein, auf dem Weg zu einer Befragung.»
    «Und zu wem, wenn
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