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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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schreit, und dann … als Askild mit dem Fuß an den gefrorenen Erdballen stößt, erwacht sie und setzt sich im Bett auf.
    Uhrenvergleich. Askild läuft in der Dunkelheit.
    Noch bevor die Sonne aufgegangen ist, haben die Deutschen ihn eingeholt. Er sitzt auf einem Baum im Wald. Die Bluthunde hetzen durch den frühen Morgen und stellen ihn am Fuß des Baumes. Großvater ist blau vor Kälte, als die Deutschen mit ihren Gewehrläufen auf ihn zielen und ihm befehlen herunterzukommen. Er wird nicht erschossen. Ein paar Monate später wird er nach Buchenwald gebracht.

Das Mittagessen
    W ir wollen furchtbar gern wissen, wie er überlebt hat, am liebsten ganz genau. Wir wollen wissen, wie er es geschafft hat, damit ich, der Jüngste, und meine Schwester Stinne, die Älteste, zur Welt kommen konnten, aber Großvater klappt zu wie eine Auster und trinkt noch einen Schnaps. Was die Deutschen mit ihm gemacht haben, will er nicht erzählen.
    »Pest und Cholera«, sagt er nur.
    Eben hat er unten auf der Straße ein Verkehrsschild gesehen, das ihn an einen Deutschen mit einem Gewehr erinnert. Großmutter schüttelt nur nachsichtig den Kopf und redet über etwas anderes. Großvater geht mit einem Stock, er ist ziemlich dick geworden. Nicht wie damals, als er über Neuengamme von den weißen Bussen des Roten Kreuzes aus Buchenwald nach Hause gebracht wurde und nur noch ein Strich in der Landschaft war. Ich stelle mir meinen Großvater als einen dünnen Strich mit einem großen Kopf vor, wie er auf dem Rücksitz des Busses sitzt.
    »Opa, was ist noch passiert?« fragt Stinne.
    Er will lieber davon erzählen, wie er als Kind immer am Hafen von Bergen stand, um seinen Vater zu begrüßen, wenn die Katarina nach Monaten auf See am Kai festmachte. Jedesmal mischten sich Schrecken und Freude in diese Wiedersehen, denn nach der abendlichen Begrüßungsmahlzeit las seine Mutter aus dem schwarzen Buch vor, in dem sie alle Streiche Askilds in zierlicher Schrift festgehalten hatte. Dann holte sein Vater den Gürtel aus dem Schrank, und Askild bezog seine seit mehreren Monaten aufgesparten Prügel.
    »Damals war die Welt wirklich«, sagt Großvater.
    Wir können ihm keine weiteren Einzelheiten entlocken und rennen mit unserer Kusine Signe auf die Straße. Wir dürfen nicht von der Trutsche entdeckt werden. Eigentlich heißt die Trutsche Anne Katrine und ist unsere dicke Tante. Glücklicherweise ist sie in den Keller gegangen, weil sie glaubt, daß wir irgendwann auch dort runterkämen, aber wir laufen aus der Waschküchentür und entdecken zu unserer großen Freude, daß Schnee gefallen ist. Erst bewerfen wir uns mit Schneebällen, dann spielen wir »Deutscher Schäferhund«. Stinne will Großvater sein, Signe das Rote Kreuz, und ich soll den Schäferhund spielen, obwohl ich das nicht sonderlich mag. Der Schäferhund hat auf allen vieren zu laufen und zu versuchen, in Großvaters Beine zu beißen, und im Schneematsch ist das nicht sehr lustig. »Du mußt aber auch bellen!« ruft Signe, während ich um Stinnes Hacken krieche. Signe kennt sich mit Hunden aus, weil Onkel Harry, Tante Anne und sie einen schwarzen Labrador haben. »Bell jetzt richtig!« schreit sie, und ich belle und springe im Schnee hinter Stinnes Schuhen her. Sie kreischt, als ich ihr Bein zu fassen bekomme und sie in den Schnee reiße. »Friß Rattengift«, stöhnt Stinne und versucht, mir Schnee in den Mund zu stopfen, während ich den Versuch mache, ihr den Daumen umzudrehen. »Au«, faucht sie. Signe ist auf Askilds Seite und macht für ihn Schneebälle, was eigentlich nicht erlaubt ist.
    »So«, sagt Stinne auf einmal, »jetzt ist der Deutsche Schäferhund tot.«
    »Nein«, protestiere ich und spucke mit den Worten Schnee aus, »noch nicht!« Signe behauptet, wenn der Schäferhund einmal tot ist, dann ist er tot, und nun wäre sie dran, Askild zu retten. Eigentlich spielt man erst noch Foltern, aber dazu haben die Mädchen heute keine Lust, Signe zieht Stinne in den Raum hinter der Garage und schließt die Tür mit einem kleinen Lächeln.
    »Hau ab, geh wieder rein!« ruft Stinne durch die geschlossene Tür. »Du kannst ja mit der Trutsche spielen«, fügt Signe hinzu.
    Im Wohnzimmer streiten sich Vater und Großvater. Es geht darum, daß Askild irgendwann Vaters Münzsammlung mit wertvollen Silberstücken gestohlen hat, von denen einige aus dem siebzehnten Jahrhundert stammten. Viele der Münzen hatte Vater von amerikanischen Seeleuten bekommen, die am Kai von Bergen
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